25.04.2016
Stephan Rabe

Einige gravierende Veränderungen erwartet die Immobilienwirtschaft noch in dieser Legislaturperiode!

Deutschland und Europa in der aktuellen Legislaturperiode

Deutschlands Immobilienwirtschaft sieht sich momentan mit enormen Herausforderungen konfrontiert

Die angespannten Ballungszentren platzen aus allen Nähten, der Bedarf an neuen Wohn- und Wirtschaftsimmobilien nimmt stetig zu. Insbesondere der Zuzug von Flüchtlingen aus den Krisenregionen führt zu einer weiteren Verschärfung dieser Situation. Auf der anderen Seite will die Immobilienwirtschaft als Partner der Energiewende ihre Vorreiterstellung im Klimaschutz ausbauen und muss deshalb sowohl im Bestand als auch im Neubau die Ökobilanz weiter verbessern. Hierzu bedarf es geeigneter regulatorischer Rahmenbedingungen.

Doch die vorhandenen Regelungen sind mitunter entweder praxisfern oder veraltet und nicht mehr zeitgemäß. Zudem plant die Regierung, bestehende Auflagen und Gesetze weiter zu verschärfen und so das Umfeld weiter zu verschlechtern.

Zu letzterem Punkt zählt vor allem die gesetzliche Grundlage für den dringend benötigten Mietwohnungsbau. Während das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen auf eine Initiative des Bundesbauministeriums über Möglichkeiten zur schnellen Bereitstellung von neuem Wohnraum sowie der Senkung der Baukosten diskutiert, veröffentlicht das Bundesjustizministerium den Entwurf für das Zweite Mietrechtsnovellierungspaket. Insbesondere der Vorschlag zur Erweiterung des Betrachtungszeitraums für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete von aktuell vier auf nunmehr acht Jahre ist ein gefährlicher Eingriff in die deutsche Wohnungswirtschaft. Diese künstliche Herabsenkung des Mietspiegels würde dazu führen, dass bestehende Wohnimmobilien, die unter die Mietpreisbremse fallen, neu bewertet und entsprechend an Wert verlieren könnten. Diese „Nachjustierung“ könnte bestehende Finanzierungen gefährden, neue Investitionen unterbinden und weitere politische Zielsetzungen wie die Energiewende vollständig konterkarieren. Die Attraktivität deutscher Wohnimmobilien würde erheblich sinken, dringend benötigte Inverstoren werden verschreckt. Doch gerade in der jetzigen Zeit und dem aktuellen Umfeld wird privatwirtschaftliches Engagement so dringend benötigt wie selten zuvor.

Für die bezahlbare Stadtentwicklung arbeitet das Bundesbauministerium aktuell daran, den neuen Baugebietstypen „Urbanes Gebiet“ in die Baunutzungsverordnung aufzunehmen –  ein Instrument, das der ZIA bereits seit langer Zeit fordert, da dieses eine dichtere Bebauung in innerstädtischen Lagen und eine flexiblere Nutzungsmischung ermöglicht. Offen ist bislang aber, wie das „Urbane Gebiet“ mit den veralteten Auflagen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der TA Lärm vereinbart werden kann. Die Immissions-Auflagen basieren auch heute noch auf der Charta von Athen. Damals gab es sie noch, die laute Industrie in den Innenstädten. Doch heute, rund 80 Jahre später, ist es Zeit, mit dieser Altlast zu brechen und mehr Flexibilität für eine moderne Stadtentwicklung zu ermöglichen.

Indes diskutiert das Bundeswirtschaftsministerium über eine weitere Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV) bereits für 2017. Erst zum 1. Januar 2016 gab es eine Novellierung der Energieeinsparauflagen für neu zu errichtende Immobilien, wodurch sich die Herstellungskosten im Wohnsegment um etwa sieben Prozent erhöht haben. Die dadurch erzielte Senkung des CO2-Ausstoßes von schätzungsweise 0,02 Prozent steht dazu in keinem Verhältnis. Der neue Entwurf wurde in der aktuellen Fassung bereits von der Sonderbauministerkonferenz abgelehnt. Kritikpunkte waren u.a. die fehlende Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen und die mangelnde Technologieoffenheit. Für die Immobilienwirtschaft bleibt nun zu hoffen, dass der übereilte Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums noch einmal umfassend überarbeitet wird.

Dennoch bleibt Klimaschutz eines der wichtigsten Ziele der Branche. Passend dazu erarbeitet das Bundesbauministerium aktuell den Klimaschutzplan 2050, an dessen Erstellungsprozess sich auch der ZIA beteiligt. Doch der aktuelle Maßnahmenplan enthält ebenfalls Vorschläge, die der Vereinbarkeit von Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit im Wege stünden. So würden etwa die formulierten Zwangssanierungsmaßnahmen „durch die Hintertür“ die Bewirtschaftungskosten für Immobilien erheblich erhöhen. Das schadet sowohl professionellen als auch privaten Investoren. Die Auswirkung auf unsere Wirtschaft wäre enorm, denn etwa jede zweite Wohnung in Deutschland ist vermietet. Doch die Energiewende lässt sich aus Sicht des ZIA auch mit wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen vorantreiben, weshalb der ZIA den Förderkreis Energie gegründet hat. Ziel der Arbeit wird es sein, im Dialog mit der Immobilienwirtschaft einen eigenen Maßnahmenkatalog zu entwickeln. Es ist an der Zeit, der Bundesregierung eigene fundierte Vorschläge zur Erreichung der klimaschutzpolitischen Ziele zu unterbreiten.

Der Autor
Dr. Stephan Rabe
Rechtsanwalt und Geschäftsführer
ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.