Die Autorin
Jana MrowetzGeschäftsführerin, Urban Cell GmbH
Die Herausforderungen unserer Zeit verlangen nach einem Perspektivwechsel: weg von reiner Produktion von Quadratmetern, hin zu einem systemischen Verständnis von Bauprozessen, urbanen Räumen und Lebensqualität. Es geht darum, mit intelligenten Systemen echten Fortschritt zu gestalten – und das bedeutet, Wirkung neu zu definieren.
Serielles und modulares Bauen sind leistungsstarke Werkzeuge. Doch der Fokus sollte nicht auf dem Werkzeug selbst liegen, sondern auf dem, was wir damit ermöglichen wollen: urbane Lebensräume, die mehr sind als Quadratmeter. Die sich an modernen Lebensentwürfen orientieren, Mobilität integrieren, soziale Interaktion fördern und wirtschaftlich tragfähig sind. Dafür sind adaptive Systeme nötig – in der Bauweise ebenso wie in der architektonischen Gestaltung.
Was wir brauchen, ist kein Plattenbau 2.0, sondern zukunftsfähige, skalierbare und gleichzeitig adaptierbare architektonische Lösungen, die ästhetische Qualität, Nachhaltigkeit und Nutzerorientierung zusammenbringen. Das gelingt durch intelligente Konzepte wie zum Beispiel kleinere private Wohnflächen in Kombination mit Gemeinschaftsflächen. Damit wird nachbarschaftliches Miteinander gefördert und es entsteht Flächeneffizienz ohne Einbußen bei der Lebensqualität.
Doch dieses Potenzial entfaltet sich nur, wenn wir das Silodenken hinter uns lassen. Der Engpass liegt unter anderem in einer fragmentierten Wertschöpfungskette und einer Denke, die sich an isolierten Teilbranchen statt an ganzheitlichen Lösungen orientiert. Industrielles Bauen verlangt nach vernetzten Denk- und Handlungsweisen, die Planung, Architektur, Produktion und Betrieb in einem adaptiven System zusammenführen.
In einer Zeit, in der ‚De-Globalisierung‘ zum neuen Buzzword geworden ist, müssen wir internationale Lieferketten neu bewerten und globale Abhängigkeiten durch regionale Resilienz ersetzen. Gerade Europa bietet als gemeinsamer Wirtschaftsraum enorme Chancen: zur Entwicklung leistungsfähiger, vertrauensbasierter Lieferketten, die planbar, belastbar und geopolitisch tragfähig sind. Es geht um wirtschaftliche Partnerschaften, nicht allein um Effizienz. Vertrauen wird zur neuen Währung des Erfolgs.
Dazu braucht es kompatible, herstellerunabhängige Systeme – Systeme, die Skalierung ermöglichen, ohne sich in Abhängigkeiten zu verfangen. Wenn wir die industrielle Logik des Bauens nutzen wollen, müssen wir Standards schaffen, die Kooperation ermöglichen statt behindern. Dann wird aus modularem Bauen mehr als ein Werkzeug – dann wird es zu einem Hebel für Transformation.
Am Ende geht es nicht darum, wie viele Gebäude wir errichten, sondern welche Art von Lebensräumen wir damit erschaffen. Lebensräume, die nicht nur ökonomisch und ökologisch, sondern auch sozial resilient sind. Das ist der rote Faden, der das „Bauen, bauen, bauen“ in die Zukunft führt – nicht als Selbstzweck, sondern mit Fokus auf Wirkung, Qualität und Menschlichkeit.