Der Autor
Benjamin OecklGeschäftsführer, BelForm GmbH & Co. KG
Nach mehreren herausfordernden Jahren zeigen sich zunehmend Anzeichen einer Stabilisierung des Immobilienmarktes. Der Deutsche Hypo Immobilienindex signalisiert eine Aufwärtsbewegung über alle Assetklassen hinweg: Das Hotelklima verbesserte sich im Mai dieses Jahres um 3,1 Prozent, das Handelsklima um 4,6 Prozent, das Logistikklima um 2,7 Prozent, und Wohnimmobilien behaupteten sich auf einem stabilen Hoch von +0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat. Zwar bleibt das Marktumfeld aufgrund geopolitischer Unsicherheiten weiter volatil und die Marktteilnehmer handeln entsprechend vorsichtig. Doch die Inflation scheint weitgehend unter Kontrolle. Zudem könnte die jüngste Senkung des Leitzinses dazu beitragen, dass die Markterholung an Dynamik gewinnt.
Büroflächen: periphere Lagen vom Leerstand bedroht
Beim stark volatilen Büromarkt lohnt sich trotz aktuellem Plus von 9,8 Prozent allerdings der Blick auf die Details. Wachstum konzentriert sich derzeit nahezu ausschließlich auf Citylagen mit guter Infrastruktur und hochwertigen Flächen. Periphere Standorte stagnieren hingegen und finden im Zuge von Home-Office- und hybriden Arbeitsmodellen nach dem Auszug bisheriger Mieter oft keine Abnehmer mehr. Entsprechend hoch ist das Vermietungsrisiko. Die Drittverwendungsfähigkeit solcher Büroimmobilien ist begrenzt und stark von Lage, Anbindung an den ÖPNV und Qualität abhängig. Entsprechend ist das Leerstandsvolumen, so der jüngste Report von bnpparibas, am Ende des ersten Quartals 2025 gegenüber dem Vorjahr um 24 Prozent angestiegen: 8,0 Millionen Quadratmeter Büroflächen stehen derzeit leer.
Konversionen als Schlüssel zur nachhaltigen Flächennutzung
Während durch die wandelnden Strukturen in der Arbeits- und Wohnwelt auf der einen Seite Leerstand entsteht, steigt allerdings andererseits der Bedarf an flexibel nutzbarem Wohnraum. Vor diesem Hintergrund gewinnen Konversionsprojekte zunehmend an Bedeutung, da sie verlassene Büroobjekte einer sinnvollen Nachnutzung zuführen. Besonders der Micro-Living-Sektor rückt verstärkt in den Blickpunkt der Investoren und Projektentwickler. Diese Assetklasse spiegelt nicht nur die aktuellen Wohn- und Arbeitstrends wider, sie hat sich mit Auslastungsraten von 95 bis 98 Prozent in der Krise auch als resilient und zukunftsfähig erwiesen. Sowohl gewerbliche als auch wohnwirtschaftlich ausgerichtete Lösungen für verschiedene Zielgruppen – z. B. Studenten, Business-Nutzer, Reisende oder auch Senioren – haben sich bewährt. Zudem überzeugt die Drittverwendungsfähigkeit der verschiedenen Lösungen, die das Vermietungsrisiko deutlich minimiert. Dies betrifft auch – und insbesondere – weniger gefragte Standorte, wie eine Studie der bulwiengesa AG belegt: Demnach bieten B-Städte noch funktionierende Standorte für gewerbliche Nutzung, während in C-Städten Micro-Living-Konzepte oft besser abschneiden.
Konversionsanalyse: Entscheidungsgrundlage für nachhaltige Umnutzung
Ob eine Konversion rentabel ist und welche Lösung sich für ein bestimmtes Objekt optimal eignet, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter Objektqualität, Standort, rechtlichen Rahmenbedingungen. Angesichts eines negativen Marktmomentums, insbesondere bei Bestandsimmobilien, erfordert dies zunächst eine fundierte Bewertung, da viele Investoren weiterhin mit unrealistischen Werten kalkulieren. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, haben Prof. Dr. Thomas Beyerle von der Fakultät BWL / Bau und Immobilien an der Hochschule Biberach und BelForm die „Konversionsanalyse“ entwickelt – ein Tool, das objektive Entscheidungsgrundlagen schafft und Investoren gezielte Handlungsempfehlungen liefert.
Effiziente Bewertung und gezielte Handlungsempfehlungen
Die Konversionsanalyse bietet eine systematische Bewertung von Bestandsimmobilien hinsichtlich ihrer Transformationsfähigkeit. Basierend auf einem 15-minütigen Fragebogen liefert das Tool fundierte Handlungsempfehlungen und zeigt Nutzungspotenziale auf. Da bei der Transformation von Büro- zu Wohnimmobilien nicht nur die bautechnische Machbarkeit, sondern besonders die Genehmigungspraxis der Städte entscheidend ist, betrachtet die Analyse 29 Einzelfaktoren. Neben der Standortprägung werden auch bauliche Strukturen, Technologie und ESG-Kriterien sowie KPI-Definitionen berücksichtigt und Einzelfaktoren wie Heizsystem, Dämmung und Glasfaser-Infrastruktur in die Auswertung der Zukunftsmodelle integriert. Im Fokus steht dabei die Eignung der Immobilien für verschiedene Wohnkonzepte wie Micro-Living, Service Apartments, seniorengerechtes Wohnen und studentisches Wohnen. Alle Einzelwerte werden in ein normiertes, praxiserprobtes Bewertungsmodell überführt, das auf Realwerten erfolgreicher Umnutzungsprojekte basiert. Dabei werden die Immobilien in Kategorien eingeteilt: hoher Konversionserfolg, guter Konversionserfolg mit Optimierungspotenzial und geringe Umnutzungsmöglichkeit. Eine hohe Score-Leistung der Immobilie signalisiert: „Diese Immobilie ist bereit für den Markt.“
Nutzungsszenarien nennen potenzielle Entwicklungsrichtungen
Dabei nennen die Nutzungsszenarien gezielt potenzielle Entwicklungsrichtungen – mit Marktbezug und wirtschaftlicher Anschlussfähigkeit, z. B.:
Szenario 1: Micro-Living / Serviced Apartments
Szenario 2: Seniorengerechtes Wohnen
Szenario 3: Studierendenwohnen oder Co-Living
Ergibt die Analyse, dass die Voraussetzung für eine erfolgreiche Umnutzung gegeben sind, gilt es, das Projekt mit Präzision weiterzuentwickeln:
Nutzungskonzept konkretisieren: Zielgruppen definieren, Nutzungsart festlegen, Grundrissvarianten testen
Von der Analyse zum Erfolg: Berlinovo an der Rhinstraße
Eine derart genaue Analyse bildete auch die Grundlage für das Anfang 2024 eröffnete Projekt Berlinovo an der Rhinstraße in Berlin-Lichtenberg, ein von der landeseigenen Berlinovo GmbH entwickeltes Studentenwohnheim für 800 Studierende. Der Wunsch: „Studentisches Wohnen auf hohem Niveau zu günstigen Mieten.“ Um die kompakten Apartments mit urbanem Lebens- und Gemeinschaftsgefühl aufzuwerten, holte sich Berlinovo mit BelForm einen erfahrenen Partner für die Schaffung von Community-Flächen mit Wow-Effekt ins Boot. Die Vision: Ein Begegnungsort für Studierende und Nachbarn – ein Ort, an dem nicht nur gut gewohnt, sondern ausgezeichnet gelebt wird. BelForm übernahm dabei die Konzeption und Umsetzung von 1.200 Quadratmetern instagrammable Gemeinschaftsflächen, die ihren Nutzern ein inspirierendes Umfeld für das Erleben einer lebendigen Community bieten. Mit Learning Lounges, Chill-out Areas, Gemeinschaftsküchen und Außenbereichen schafft das Projekt ein hohes Maß an Lebensqualität. Ein bedeutender Schritt dabei: Statt ursprünglich geplanter Gemeinschaftsflächen auf den Stockwerken wurde zusätzlicher Wohnraum geschaffen, während im Parterre die großzügig dimensionierte Berlinovo Welcome Lounge als zentraler Treffpunkt entstand.
Als führende Experten für zeitgemäßes Wohnen auf Zeit brachte BelForm sein Know-how ein, um das studentische Wohnen in der Rhinstraße trotz begrenzter Budgets zu einem Highlight auf dem Berliner Immobilienmarkt zu machen. Ein besonderer Erfolg: die Auszeichnung mit dem German Design Award 2025 in der Kategorie „Urban Space and Infrastructure“ – eine Bestätigung für innovative Gestaltung und nachhaltige Wohnkonzepte.