Der Autor
Stephan SegbersVertriebsvorstand, RheinEnergie AG
Die Immobilienwirtschaft erlebt gerade einen paradigmatischen Wandel: Während traditionelle Büroimmobilien unter Druck stehen, boomen Rechenzentren als neue Königsklasse der Gewerbeimmobilien. Doch es braucht passende Rahmenbedingungen und Energiekonzepte, damit die Investitionen ihr Potenzial auch ausschöpfen können.
Ein Markt im Höhenrausch
Die Zahlen beeindrucken selbst erfahrene Immobilieninvestoren: Rechenzentren verbrauchen bereits heute 18 Terawattstunden pro Jahr, was etwa vier Prozent des hierzulande verbrauchten Stroms entspricht. Und die Tendenz ist stark steigend: Bis 2030 prognostiziert der IT-Branchenverband Bitkom eine Verdopplung auf 30 Terawattstunden, was einem Anteil von 6,5 Prozent entspräche. Ein Grund: Künstliche Intelligenz verbraucht pro Suchanfrage deutlich mehr Energie als herkömmliche Anwendungen.
Microsoft plant allein seine Rechenzentren-Kapazität in Europa in den nächsten zwei Jahren um 40% zu steigern. Diese Investitionen ziehen weitere Projektentwickler an – ein selbstverstärkender Effekt, der neue Chancen für die Immobilienwirtschaft schafft.
Standortfaktoren neu denken
Traditionell konzentrierten sich Rechenzentren auf Metropolregionen wie Frankfurt, Berlin oder München. Doch KI-Rechenzentren durchbrechen dieses Muster: Sie benötigen vor allem Rechenleistung – geringe Latenzzeiten bzw. eine sehr schnelle Datenanbindung sind weniger bedeutend. Das eröffnet der Rechenzentrumsbranche neue Standortoptionen in ländlichen Gebieten mit günstigeren Grundstückspreisen. Wichtig ist jedoch, bei der Kalkulation die Energieversorgung von Beginn an mitzudenken.
Flaschenhals: Der Netzanschluss
"Die Zeit, die vergeht, ehe man Strom erhält, ist ein wesentlicher Faktor für die Betreiber von Rechenzentren", so unsere Erfahrung bei RheinEnergie. Ein typisches Rechenzentrum benötigt 40 bis 80 Megawatt Anschlussleistung – das entspricht einer Kleinstadt.
In einer Idealwelt sind Netzanschlüsse in wenigen Wochen möglich. Doch die Praxis sieht anders aus: Planungsrecht muss geschaffen, Leitungstrassen gebaut und aufwendige Genehmigungsverfahren durchlaufen werden. Bei Standorten im Außenbereich oder in Schutzgebieten können bis zu 15 Jahre vergehen. Für Investoren bedeutet das: jahrelange Leerstandskosten bei laufenden Finanzierungen.
Lösung: Dezentrale Energieversorgung
Hier zeigt sich, warum eine enge Partnerschaft mit dem richtigen Energieversorger erfolgsentscheidend ist. Als RheinEnergie bieten wir Projektentwicklern und Investoren maßgeschneiderte Übergangslösungen: Brennstoffzellen oder BHKW-Lösungen direkt am Standort erzeugen den benötigten Strom, während der finale Netzanschluss vorbereitet wird. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Wahl des Standorts ist wesentlich flexibler und das Data Center ist schneller einsatzbereit.
Frankfurt macht es vor
Der Frankfurter Markt zeigt, was möglich ist: Trotz bereits hoher Konzentration mit über 60 Großrechenzentren sind nach einer Übersicht von JLL im Großraum Frankfurt am Main weitere rund 25 Rechenzentren in Planung.
Auch in Berlin ist die Nachfrage so stark gestiegen, dass eigens ein neues Antragsverfahren für Großverbraucher eingerichtet wurde. Die Botschaft für Investoren: Der Markt ist real, aber nur mit dem richtigen Partner erfolgreich zu erschließen.
Abwärme als Chance für die Wärmewende
Nach dem aktuellen Energieeffizienzgesetz (EnEfG), das seit November 2023 gilt, müssen neue Rechenzentren, die ab Juli 2026 in Betrieb gehen, nachweisen, dass mindestens 10 Prozent ihrer Abwärme genutzt werden. Dieser Anteil soll auf 20 Prozent ab 2028 steigen. Die Abwärme bietet damit eine große Chance für die Dekarbonisierung der Wärme.
Partnerschaft von Anfang an
Erfolgreiche Rechenzentrumsimmobilien entstehen nicht am Reißbrett, sondern in enger Zusammenarbeit zwischen Projektentwicklern, Investoren und Energieversorgern. Wir bei RheinEnergie unterstützen bereits bei der Standortauswahl, entwickeln passende Energiekonzepte und sorgen für die reibungslose Umsetzung.
Fazit für Investoren
Rechenzentren bieten der Immobilienwirtschaft außergewöhnliche Renditechancen in einem wachstumsstarken Markt. Doch ohne durchdachte Energiekonzepte ist die Umsetzbarkeit in Gefahr. Die Devise lautet: Frühzeitig den richtigen Energiepartner einbinden und innovative Lösungen nutzen.
Die digitale Transformation ist mehr als ein Trend – sie ist die Realität. Investoren, die jetzt handeln und auf bewährte Partnerschaften setzen, profitieren von einem der wenigen Sektoren mit attraktiven Wachstumschancen.