Stuttgart im Wandel: Der Gewerbeimmobilienmarkt zwischen Automobiltradition und Zukunftsherausforderungen

Von der Old zur New Economy: Stuttgarts Gewerbeimmobilienmarkt am Wendepunkt

Keine Frage, Stuttgart steht vor einer entscheidenden Bewährungsprobe: Denn der Gewerbeimmobilienmarkt der Region, der traditionell eng verwoben mit der Automobilbranche ist, erlebt aktuell einen gewaltigen Umbruch.

Alexander Veiel 22. Mai 2025
Stuttgart
Quelle: ChatGPT

Jahrzehntelang hat die Automobilindustrie rund um Mercedes-Benz und Porsche für Wohlstand gesorgt und zuverlässig Flächen gefüllt. Doch das sichere Geschäftsmodell Verbrennerfahrzeug bröckelt zusehends – getrieben vom strukturellen Wandel hin zur Elektromobilität, starken Kosten- und Wettbewerbsdruck sowie von Lieferkettenproblemen und Handelskonflikten. Dadurch geraten zwangsläufig auch klassische Gewerbeimmobilien ins Wanken.

 

Steigende Mieten am Büromarkt

Gleichzeitig liegt gerade in dieser Herausforderung auch eine große Chance: Denn die eigentliche Stärke Stuttgarts liegt in der Innovationskraft, die diese Stadt schon oft genug bewiesen hat. Während viele Automobilzulieferer derzeit mit sinkenden Auftragszahlen kämpfen, zeigt der Stuttgarter Büromarkt seit einigen Jahren eine überraschend positive Dynamik. Vor allem hochwertige Büroflächen in attraktiven Innenstadtlagen verzeichnen steigende Mieten. Ursächlich dafür ist die Nachfrage aus den Branchen IT, Forschung, Beratung und digitale Dienstleistungen – auch bekannt als Unternehmen der „New Economy“. Die wachsende Zahl überregionaler Firmen, die aus anderen Hochpreisstandorten kommen, heizt den Wettbewerb um hochwertige Flächen an – während die „Old Economy“-Unternehmen traditionell nicht dazu bereit waren, diese Preise für Verwaltungsflächen zu zahlen. In den vergangenen Jahrzehnten gab es zudem kaum Zuzug alternativer Branchen, was das Mietniveau zusätzlich gebremst hatte. 

Der Wandel ist jedoch noch tiefgreifender. Die Arbeitsplätze, die bislang in der aufwendigen Produktion von Verbrennerfahrzeugen entstanden sind, müssen schrittweise ersetzt werden, insbesondere im Bereich Digitalisierung und nachhaltige Technologien. Neue Arbeitsplätze entstehen vor allem durch die Entwicklung innovativer Technik, die ohne fossile Brennstoffe auskommt. Dieser Wandel betrifft nicht nur, aber besonders die Automobilindustrie. Zahlreiche mittelständische Zulieferbetriebe, die die Region einst so erfolgreich gemacht haben, suchen nun nach Wegen, ihre Abhängigkeit vom klassischen Verbrenner zu überwinden und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Forschung und Innovation, für die die Automobilbranche einst bekannt war, eröffnen also auch jetzt wieder enorme Chancen.

 

Stuttgart muss seine Wandlungsfähigkeit beweisen 

Allerdings: Was im Stadtzentrum funktioniert, ist keine Garantie für die Randlagen. Die zahlreichen Gewerbegebiete in der Peripherie sind weiterhin von Unternehmen abhängig, die ihren Ursprung in der klassischen Industrie haben. Dort wird die Luft zunehmend dünn, wenn es nicht gelingt, neue Nutzer anzuziehen und alternative Geschäftsmodelle zu etablieren. 

Die Resilienz des Stuttgarter Immobilienmarktes hängt deshalb ganz entscheidend davon ab, ob es gelingt, den Strukturwandel aktiv zu gestalten. Die Immobilienbranche ist hierbei ebenso gefragt wie die Politik: Beide müssen Bedingungen schaffen, die neue Industrien und zukunftsfähige Technologien nach Stuttgart ziehen und damit langfristig stabile Nachfrage erzeugen. Es muss sich jetzt zeigen, dass Stuttgart nicht nur ein Standort des Automobils war und ist, sondern ein Ort der Innovation und Wandlungsfähigkeit bleibt.

Der Autor
Alexander Veiel
Managing Director, CBRE GmbH

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Montag, 14. Juli - Dienstag, 15. Juli 2025
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