Der Autor
Dipl.-Ing. Philipp MüllerWicona
Das zur Hydro Gruppe gehörende Aluminiumsystemhaus Wicona nutzt diese Potenziale bereits heute mit Fenster- und Fassadensystemen aus bis zu 100 % recyceltem End-of-Life-Aluminium. So wird echte Kreislaufwirtschaft zur gebauten Realität.
Wichtiger Hebel für mehr Nachhaltigkeit
Laut Europäischem Komitee für Normung „Nachhaltiges Bauen“ (CEN/TC 350) fließen 50 % der aus der Erde gewonnenen Rohstoffe in Gebäude, die wiederum fast 40 % der globalen Treibhausgase verursachen. Etwa 25 % der rund 86 Millionen Tonnen Aluminiums, die weltweit jährlich verbraucht werden (Basis: 2021), entfällt auf den Bausektor. So spielt das Recycling eine zentrale Rolle, denn: Aluminium ist eines der wenigen Materialien, das seine Eigenschaften und die Qualität nach der Wiederaufbereitung komplett beibehält. Ein Vorteil ist zudem, dass beim Recycling von Aluminium nur etwa 5 % der Energie im Vergleich zu Primäraluminium aufgewendet werden muss.
Pre- vs. Post-Consumer-Schrott
Entscheidend für die CO₂-Bilanz ist die Art des Recyclingmaterials. Pre-Consumer-Schrott – also Aluminium-Prozessschrott – entsteht bei der Produktion. Die zweite und bzgl. der CO2-Bilanz weitaus interessantere Variante: Post-Consumer-Schrott oder auch End-of-Life-Aluminium. So wird Material bezeichnet, das bereits seinen gesamten Lebenszyklus in einem Produkt – zum Beispiel Fenster oder Fassaden – durchlaufen hat. Die Hydro Gruppe mit ihrer Marke Wicona hat einen Sortier- und Aufschlüsselungsprozess entwickelt, der es ermöglicht, End-of-Life-Aluminium so aufzubereiten, dass es wieder zu neuen Aluminiumprofilen verarbeitet werden kann.
Innovativer Recyclingprozess
Die Menge an End-of-Life-Aluminium ist heute noch deutlich geringer als die von Primäraluminium und Pre-Consumer-Material – die Nachhaltigkeitsentwicklung im Bausektor sorgt jedoch für deutliche Steigerungsraten. Um die zunehmenden Aluminium-Mengen auch in Zukunft in hochwertiger Qualität recyceln zu können, ist eine sortenreine Sammlung und Aufbereitung erforderlich. Denn: End-of-Life-Aluminium wurde in der Regel eloxiert bzw. lackiert und die Profile können zudem auch weitere Komponenten wie eine thermische Trennung enthalten. Für das Recycling sind daher in der Hydro Gruppe spezielle Technologien entwickelt worden, mit denen End-of-Life-Aluminium nach definierten Prozessschritten aufbereitet und wieder zu neuwertigen Profilen verarbeitet werden kann. Der gesamte Ablauf ist DNV-GL-zertifiziert – so lassen sich alle Schrotte exakt rückverfolgen und den letztendlich produzierten Neuprofilen zuordnen. Dies bestätigt Wicona durch entsprechende Werkszeugnisse.
Transparenz durch Zertifizierung
Fenster, Türen und Fassaden von Wicona sind seit 2017 Cradle-to-Cradle-zertifiziert. Für alle konkret ausgeführten Konstruktionen bietet das Unternehmen projektbezogene Umweltproduktdeklarationen (EPDs) – als Grundlage für belastbare Ökobilanzen auf Gebäudeebene. Die Daten zu Standardprodukten sind zudem in den gängigen EPD-Datenbanken hinterlegt. Ergänzend zur externen Überwachung des Recyclingprozesses setzt Wicona auf die Zertifizierung durch die Aluminium Stewardship Initiative (ASI).
Echte Kreislaufwirtschaft nur mit End-of-Life-Aluminium
Im Rahmen der Strategie „Driving Decarbonisation“ will Wicona die CO₂-Bilanz im Bausektor weiter spürbar verbessern – mit einem geschlossenen Kreislauf: Rückbau, Transport, Wiederaufbereitung und Produktion können aus einer Hand erfolgen. Mit Hydro CIRCAL 75R bietet das Unternehmen standardmäßig eine Legierung mit mindestens 75 % End-of-Life-Anteil. Darüber hinaus ist mit Hydro CIRCAL 100R eine Aluminiumlegierung aus 100 % recyceltem End-of-Life-Aluminium erhältlich – diese verfügt mit weniger als 0,5 kg CO2 pro kg Aluminium über den im weltweiten Vergleich geringsten CO2-Fußabdruck.
Schon heute Realität: die kreislauffähige Fassade
Der Einsatz von End-of-Life-Materialien sollte bei Fenstern, Türen und Fassaden schnellstmöglich Standard werden. Schon heute ermöglichen es Wicona und Partner, Aluminiumkonstruktionen und ihre Komponenten ganz im Sinne einer echten Kreislaufwirtschaft vollständig rückzuführen. Projektbezogene EPDs liefern den CO₂-Fußabdruck – verlässlich und planbar.