Der Autor
Maximilian ThollTholl-Gruppe
Immobilieninvestoren brauchen und suchen neue Produkte und natürlicherweise fällt der Blick hierbei auch auf den Bestand.
Denn viele Immobilien, so der Blick von außen, könnten mit wenig Aufwand schnell fit für die Zukunft gemacht werden.
Ganz so einfach ist es leider nicht – nicht umsonst liegt die Sanierungsquote mit 1 % p.a. weit unter der Zielmarke von 3 %.
Im Gegenteil, die Herausforderungen die „Stranded Assets“ wieder fit zu bekommen sind gewaltig. Und es gibt eine Menge: 42 Prozent aller bestehenden Immobilien zwischen 1949 und 1978 errichtet und drohen zu stranden. Pro Jahr werden 12.600 Gebäude und damit 0,1 % des Bestandes abgerissen, oft, weil sie den heutigen Anforderungen nicht mehr genügen.
Darum gilt: Bestandshalter müssen ihre Portfolios einer Bestandsaufnahme unterziehen, um frühzeitigen Handlungsbedarf zu identifizieren und Investoren sollten die Chance dieser Entwicklung nutzen um eigene Strategien zu entwickeln um gestrandete Immobilien marktfähig zu machen.
Kostensteigerungen sind häufiger als gedacht
Beim Bauen im Bestand gibt es in der Praxis allerdings oft zwei Probleme, die man sonst eher vom Neubau kennt: Kostenüberschreitungen und Zeitverzögerungen. Die erhofften Kostenvorteile beim Bauen im Bestand im Vergleich zum Neubau werden in der Realität tatsächlich oft durch unerwartete Kostensteigerungen spürbar geschmälert..,
Für die viel zu häufigen Kostenüberschreitungen gibt es drei Hauptursachen.
Erstens: Die Qualität der Bausubstanz wird häufig überschätzt – und man muss buchstäblich blind Einschätzungen abgeben, denn bei älteren Gebäuden fehlt es oft an validen Daten oder sogar Bauplänen. Trotzdem müssen die erforderlichen Maßnahmen genau kalkuliert werden. Da hilft nur Erfahrung und eine gründliche Analyse der Substanz.
Zweitens: Die Komplexität des Bauens im Bestand wird oftmals unterschätzt und wesentliche Kostenpositionen übersehen. Bei einer Umnutzung von Gewerbe- zu Wohnflächen beispielsweise steigt der Aufwand erheblich durch die erforderliche neue Verrohrung. Das kann schnell zu Kosten im mittleren sechsstelligen Euro-Bereich führen. Zu oft werden Erfahrungswerte von Neubauprojekten als Schablone für das Bauen im Bestand angesetzt. Zu oft werden Best-Cases für das Bauen im Bestand angenommen. Es sollte lieber konservativ und mit einem ausreichenden Kostenpuffer kalkuliert werden.
Drittens: Ausschreibungen sind zu unflexibel gehalten. Damit wird dem Bauunternehmen die Möglichkeit genommen, gegebenenfalls andere Lösungen einzubringen, die bei gleicher Qualität die Bauzeit verringern oder weniger Kosten verursachen. Gerade der Innenausbau zeichnete sich zuletzt in vielen Fällen als Kostentreiber aus, weil die Materialpreise hier doppelt so schnell wie im Rohbau stiegen und Ausschreibungen keine günstigen Alternativen vorsahen.
Und: Potenziell noch teurer kann es werden, wenn Bauunternehmen im Ausbau auf zu viele Subunternehmer setzen. Die Höhe der zusätzlichen Kosten hängt dabei natürlich auch vom Projekt und der Sparte ab – als Indikator für den Effekt kann aber der direkte Anteil der Materialkosten am Bruttoproduktionswert dienen: Er liegt im Bauhauptgewerbe durchschnittlich bei etwa 25 Prozent. Wenn Nachunternehmer wiederum selbst Material einsetzen, das sie in Rechnung stellen, steigt der Materialkostenanteil oft auf den doppelten Wert – im Branchenschnitt auf etwa 40 Prozent. Hinzu kommt die Gefahr zusätzlicher Nachträge: Unerwarteten Mehraufwand oder veränderte Rahmenbedingungen, die es am Bau bekanntlich immer wieder gibt, münzen externe Unternehmen eher in ihrer Abrechnung um, als eigenes, motiviertes Personal. Auch der qualitative Anspruch vom eigenen Personal an die eigenen Arbeit ist nach unserer Beobachtung oft größer – man ist einfach „näher dran“ am Auftraggeber und fühlt sich dem Projekt mehr verpflichtet.
Alles aus einer Hand
Angesichts dieser Herausforderungen wird es immer wichtiger, dass Bauunternehmen Lösungen entwickeln, um diese Zeit- und Kostenüberschreitungen einzudämmen. Ein Ansatz ist das Design-and-Build-Konzept, das die Planung und bauliche Umsetzung nicht trennt, sondern verzahnt. Ergänzen lässt sich dieser Ansatz um eine Consulting Dienstleistung, die dem Gebäudebetrieb vor- und nachgelagert ist und etwa bei der Beschaffung von Fördermitteln unterstützt oder den anschließenden Betrieb durch das Facility Management optimiert. Durch die Aufhebung der Fragmentierung und der Leistung aus einer Hand ergeben sich erhebliche Zeit- und Kostenersparnisse sowie ein erheblicher Qualitätsvorteil. Das hilft die Herausforderungen des Bauen im Bestand erfolgreich zu meistern.