Interview mit Volker Schrader, KI-Provokateur und Gründer hey-i.

Verschiebung von Expertenwissen – KI als neuer Wettbewerbsfaktor in der Immobilienwelt

Volker Schrader spricht mit Alicia Haas darüber, welchen Einfluss KI auf die Immobilienwirtschaft haben wird und warum es unabdingbar ist, sich jetzt mit dem Thema zu befassen.

Volker Schrader 28. März 2025
Künstliche Intelligenz als neuer Wettbewerbsfaktor in der Immobilienwelt
Quelle: shutterstock

Heuer Dialog: Welche Trends und Entwicklungen im Bereich Künstliche Intelligenz sehen Sie in den nächsten fünf Jahren auf die Immobilienwirtschaft zukommen – und wie sollten sich Unternehmen darauf vorbereiten?

Volker Schrader: Die erste tiefgreifende Entwicklung wird im Bereich der Sprachinteraktion stattfinden. Wir bewegen uns von der primitiven Befehlskette à la »Alexa, schalte das Licht ein« zu einem kontinuierlichen Dialog mit unseren Lebens- und Arbeitsräumen.
Stellen Sie sich vor: Ihre Umgebung wird zum Gesprächspartner, eine KI-Mitbewohnerin, die zur Vertrauten wird und auch eigenständig handelt. Sie reagiert nicht nur auf Befehle, sondern hinterfragt, schlägt vor, lernt aus dem Dialog und passt ihre Strategie kontinuierlich an Ihr Feedback an.
Ein Gebäude der Zukunft ohne fortschrittliche KI-Integration wird wie ein Smartphone ohne Internet wirken – funktional, aber nicht zeitgemäß.

Dann die Simulation durch den digitalen Zwilling. Wir werden mit Hilfe von KI erleben, wie Städte – oder auch nur einzelne Gebäude – funktionieren, bevor sie überhaupt gebaut sind!

Drittens wird die Baustelle »intelligent« durch KI-gestützte Baustellensteuerung für dynamische Planung, Materialflussoptimierung, Anpassung an Wetter, Ausfälle, Lieferkettenprobleme. Um nur einiges zu nennen.

Hatte ich schon Robotik erwähnt?

Und nicht zuletzt sehe ich dann noch eine veränderte Führungskultur. Unternehmen sollten Undenkbares als reale Möglichkeit annehmen und loslegen. Jetzt können Fehler noch Spaß machen und sind ein Gewinn. Später wird es teuer.

HD: Herr Schrader, in Ihrem Vortrag sprechen Sie davon, dass Europa zum Start-up werden muss, um im Wettrennen um die kognitive Weltspitze mitzuhalten. Welche konkreten Schritte sollten europäische Unternehmen Ihrer Meinung nach unternehmen, um dieses Ziel zu erreichen?

VS:
Ich sehe tatsächlich die größte Verantwortung und die Chance für ein starkes Europa bei den europäischen Unternehmen.
Seien wir ehrlich: Wer glaubt wirklich, dass die Politik – selbst mit bestem Willen – durch das nötige Tempo und geeinigte Durchsetzungskraft rechtzeitig die Weichen stellen kann?
Unternehmen müssen Kooperationen eingehen und für einen Wissensaustausch sorgen, können eine europäische KI-Positionierung in die Welt tragen und sind die, die unser zukünftiges Leben in Europa entscheidend bestimmen werden.
Die gestellte Frage ist übrigens keine Frage für drei plakative Antworten. Es ist die Frage und ich lade alle ein, sich mit mir darüber auszutauschen. Gern intereuropäisch.

HD: Sie bezeichnen sich selbst als KI-Provokateur. Welche provokativen Thesen vertreten Sie in Bezug auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Immobilienwirtschaft?

VS:  
Sag ich einer KI, ich sei ein KI-Provokateur, klatscht sie innerlich Beifall. Endlich jemand, der mit ihr zusammen die Welt auf den Kopf stellt! Nur dumm, dass ich gar nicht mit ihr provozieren will – sondern sie selbst. Wir sind nicht da, um KI zu huldigen, sondern ihr Grenzen zu setzen.
Ich denke: Nur wenn wir KI fordern, hinterfragen, auf falsche Fährten locken, wird sie besser. Und wir mit ihr. Darum steht auf unserer Webseite: Leading AI. Leading with AI. Wer KI führt, kann mit ihr wachsen.

Trotzdem mal eine provokante These: Der Zugang zu echtem Expertenwissen verschiebt sich dramatisch. Plötzlich werden Stakeholder eloquent auf Feldern argumentieren, von denen sie gestern noch nichts wussten. Das verändert jede Verhandlung, jede Entscheidungsfindung in der Immobilienwelt und das muss neu kanalisiert werden. Das »Zwischenmenschliche« wird der entscheidende Faktor sein, um Entscheidungen zu treffen.

HD: Sie haben Erfahrung in der Markenbildung und der Anwendung von KI in Geschäftsprozessen. Wie können Unternehmen der Immobilienwirtschaft KI nutzen, um ihre Markenstrategie zu stärken und sich im Markt besser zu positionieren?

VS:
KI ist unglaublich hilfreich für die Selbstreflexion einer Marke und als Mittel für die Arbeit an einer Positionierung. Hier muss aber der Mensch sehr klar die Führung übernehmen und behalten.
Bei der Ausgestaltung der taktischen Markenmaßnahmen werden wir allerdings im Bereich Informationsaustausch und auch Beziehungsaufbau einen größeren Bereich der KI überlassen. Da ich die KI auch als integrierten Bereich der Geschäftsmodellentwicklung sehe, wird sie die Markenstrategie umfassend beeinflussen können.

Und nicht vergessen: Leading AI. Leading with AI. 

Der Autor
Volker Schrader
hey-i

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Donnerstag, 24.April.2025
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