Die Autorin
Anke HerlitzHypo Vereinsbank / UniCredit
Heuer Dialog: Welche aktuellen Trends sehen Sie bei der Finanzierung von Sanierung und Umnutzung von Bestandsimmobilien?
A. Herlitz: Beeindruckend ist, wie Technologische Innovationen zunehmend präzisere datenbasierte Objektanalysen sowie Bewertungen von Sanierungspotenzialen ermöglichen. Digitale Gebäudedaten, KI-gestützte Energieeffizienzanalysen und smarte ESG-Scorings werden künftig eine noch größere Rolle bei Investitions- und Finanzierungsentscheidungen spielen. Besonders gut dokumentierte, transparente Sanierungskonzepte verschaffen sich dabei einen klaren Finanzierungsvorteil.
Gleichzeitig stellt sich bei gewerblichen Bestandsimmobilien immer häufiger die Frage, ob die ursprüngliche Nutzungsart am jeweiligen Standort noch zukunftsfähig ist. Zum Beispiel sind im Hotellerie-Segment sowie bei Serviced- bzw. Studentenapartments in den vergangenen Jahren spannende Umnutzungsmodelle aus ehemaligen Bürogebäuden hervorgegangen. Solche flexiblen Konzepte können in einem herausfordernden Marktumfeld neue Potentiale erschließen.
Heuer Dialog: Welche Rolle spielen Partnerschaften und Kooperationen bei der erfolgreichen Umsetzung solcher Projekte?
A. Herlitz: In der aktuellen Marktsituation gewinnen strategische Partnerschaften weiter an Bedeutung. Bereits bei der Entscheidungsfindung über die zukünftige Nutzungsstrategie kann der frühzeitige Austausch mit relevanten Partnern – einschließlich potenzieller Finanzierer - wertvolle Impulse liefern.
Zudem bieten Kooperation mit Unternehmen, die auf die Analyse von Energieverbräuchen spezialisiert sind, entscheidende Vorteile. Mithilfe innovativer Technologien lassen sich fundierte Handlungsempfehlungen ableiten, um energetische Investitionen mit optimalem Kosten-Nutzen-Profil zu identifizieren.
Auf der Finanzierungsseite kann die Einbindung von Debt Funds oder Mezzanine-Partnern eine sinnvolle Option darstellen. Dabei ist es jedoch essenziell die Senior-Finanzierer von Beginn an eng in die Strukturierungsüberlegungen einzubinden, um eine tragfähige Gesamtfinanzierung sicherzustellen.
Heuer Dialog: Was sind die größten Herausforderungen bei der Finanzierung von Bestandssanierungen, und welche regulatorischen Anforderungen müssen Investoren besonders beachten?
A. Herlitz: Die geopolitische Lage und das wirtschaftliche Umfeld bleiben volatil. Zuletzt war ein signifikanter Anstieg der mittel- und langfristigen Zinsen zu beobachten. Zwar erscheint das aktuelle Zinsniveau im historischen Vergleich nicht außergewöhnlich hoch, doch es übersteigt deutlich das Niveau vieler auslaufender Finanzierungen für Bestandsimmobilien. Höhere, regulatorisch bedingte Eigenkapitalunterlegungspflichten („Basel IV“) belasten hierbei zusätzlich. Dies stellt Bestandshalter vor Herausforderungen: bei Refinanzierungen muss ein höherer Kapitaldienst bedient werden, was die Kapitaldienstfähigkeit als limitierenden Faktor in den Vordergrund rückt. Sofern das höhere Zinsniveau nicht durch Mietsteigerungen der letzten Jahre kompensiert werden kann, müssen daraus resultierende Finanzierungslücken entweder durch zusätzlichen Eigenkapitaleinsatz oder alternative Kapitalgeber geschlossen werden.
Zudem erhöhen regulatorische Anforderungen und ESG-Vorgaben den Transformationsdruck. EU-Taxonomie, die CSRD-Berichtspflichten und strengere nationale Energieeffizienzvorgaben verändern die Anforderungen an Immobilien. Banken und Investoren fokussieren sich zunehmend auf Immobilien, die aktuelle Nachhaltigkeitsstandards erfüllen, um ihre eigenen ESG-Kriterien einzuhalten. Die erfolgreiche Transformation erfordert daher nicht nur einen strukturierten Maßnahmenplan, sondern auch eine belastbare Prognose der erzielbaren Energieeinsparungen.
Parallel bleibt der Vermietungsmarkt unter Druck. Für die Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen wird – analog zu Projektentwicklungen – eine substanzielle Vorvermietung erwartet. Die anhaltende Zurückhaltung potenzieller Mieter erschwert die Realisierung neuer Projekte.
Letztendlich entscheiden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen über die Umsetzbarkeit von Investitions- bzw. Sanierungsmaßnahmen. In den zentralen Lagen der Top-7-Städte können sich einige Konzepte rechnen, während sie außerhalb der Kernlagen kaum allein durch entsprechende Mieteinnahmen amortisiert werden können. Unter den gegebenen Rahmenparametern ist dies die größte Herausforderung.