Bestandsimmobilien in die Zukunft bringen

Rechtliche Herausforderungen zur Zukunftsfähigkeit von Bestandsimmobilien

Für die Zukunftsfähigkeit von Bestandsimmobilien spielen die geltenden und durch den nationalen Gesetzgeber umzusetzenden rechtlichen Herausforderungen zur Gebäudeenergieeffizienz als auch bedarfsorientierte Nutzungsänderungen eine zentrale Rolle.

Nicolas Deuerling Tilman Cöster-Gumpert Kai Knapp 25. März 2025
Bestandsimmobilien
Quelle: Shutterstock

Angesichts der sich verändernden klimatischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen müssen Bestandsgebäude sowohl technisch als auch aus rechtlicher Sicht fit für die Zukunft gemacht werden. Für die Zukunftsfähigkeit spielen dabei die derzeit geltenden und vor allem die durch den nationalen Gesetzgeber noch umzusetzenden rechtlichen Herausforderungen zur Gebäudeenergieeffizienz sowie bedarfsorientierte Nutzungsänderungen eine zentrale Rolle. Hintergrund ist das für die EU ausgegebene Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050. Da der überwiegende Teil der Bestandsimmobilien in Deutschland noch (energetisch) unsaniert ist, stellt sich die Frage, wie dieses Ziel – gerade für Gebäude in weniger attraktiven Lagen – erreicht werden kann. Ein möglicher Weg könnte aufgrund der sich ändernden Bedarfsnachfrage sowie attraktiver Fördermöglichkeiten im Hinblick auf energetische Sanierungen, u.a. die Umnutzung von Gewerbeimmobilien in Wohnimmobilien sein.

Neue Vorgaben zur Gebäudeenergieeffizienz
Im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit von Bestandsimmobilien werden die immer strenger werdenden EU-Regeln zur Umsetzung des Green Deals inklusive des Klimapakets "Fit for 55", mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen, für viele Bestandsimmobilien zur größten Herausforderung. Das ambitionierte Ziel der EU, Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen (Deutschland schon 2045), zwingt auch und insbesondere den Immobiliensektor zur energetischen Optimierung. Dabei sind die Fristen zur Einhaltung dieser Vorgaben nicht nur für langfristig denkende Immobilieninvestoren teilweise recht überschaubar. Ausweislich der Novelle der europäischen Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) müssen als erstes bis 2030 die 16 % und bis 2033 die 26 % der Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz saniert werden. Die entsprechende Einordnung erfolgt anhand von Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz, den sog. Minimum Energy Performance Standards „MEPS“. In den MEPS werden durch den jeweiligen Mitgliedsstaat noch zu bestimmende maximal Primär- oder Endenergieverbräuche festgelegt. Die 16 % bzw. 26 % des nationalen Nichtwohngebäudebestands, die über dem vorgegebenen Schwellenwert liegen, müssten dann entsprechend bis 2030/2033 saniert werden. Auf welche Art und Weise konkret ermittelt wird, ob ein Gebäude über oder unter dem jeweiligen Schwellenwert liegt – denkbar sind Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz –, obliegt den einzelnen Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der EPBD in nationales Recht. Folglich könnte dadurch ein faktischer Sanierungszwang eingeführt werden, wenn nicht eine Ausnahme, wie z.B. ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis, gegeben ist.

Ferner besteht die Pflicht zur Installation von Solarenergieanlagen für Nichtwohngebäude mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 500 qm bis 31. Dezember 2027 sowie eine E-Ladesäulenpflicht für Nichtwohngebäude mit mehr als 20 Stellplätzen ab dem 01. Januar 2027 (mind. ein Ladepunkt für jeden zehnten Autostellplatz oder Leitungsinfrastruktur für mindestens 50 % der Stellplätze). Zu beachten ist, dass die EPBD bereits seit 28. Mai 2024 in Kraft ist. Da Richtlinien jedoch nicht unmittelbar gelten, müssen die Regelungen nebst wirksamen Sanktionen von den Mitgliedsstaaten noch bis Mai 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Obwohl dem Gesetzgeber ein gewisser Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung eingeräumt wird, sollten insbesondere bei größeren Renovierungen die Vorgaben der EPBD bereits jetzt in der Planung bedacht werden, da sie nach der Umsetzung in nationales Recht direkt zur Anwendung kommen werden.

Zukunftsfähige Nutzungskonzepte: Umwandlung von Gewerbeimmobilien in Wohnimmobilien
Die Durchführung dieser energetischen Sanierungen erscheint allerdings aufgrund des finanziellen Aufwands nur dann sinnvoll, wenn für die Bestandsimmobilien auch ein zukunftsfähiges Nutzungskonzept mit entsprechendem Bedarf besteht. Von Leerstand und Sanierungsstau sind derzeit vor allem Bürogebäude in B und C Lagen der Großstädte betroffen. Konkret auf die Stadt Frankfurt bezogen ist dies insbesondere für die Stadtviertel Eschborn, Niederrad oder auch die Bürogebäude entlang der Theodor-Heuss-Allee erkennbar. In Niederrad wurde auf diesen Leerstand bereits reagiert und es wird seit einigen Jahren die Umwandlung der Bürostadt Niederrad zum Lyoner Quartier als Mischgebiet vorangetrieben. Dabei werden ehemalige Bürogebäude zu Wohngebäuden umgebaut. Als Musterbeispiel dient hier der 15-stöckige Büroturm in der Lyoner Straße 19, der in ein attraktives Hochhaus mit 98 Wohnungen umgewandelt wurde. Durch solche Projekte wird die in der ganzen Stadt herrschende Wohnungsnot gelindert und Leerstand verringert.

Der Gesetzgeber hat die Notwendigkeit solcher Umnutzungen ebenfalls erkannt und fördert diese gekoppelt an eine energetische Sanierung umfassend durch die staatliche Förderbank KfW (z.B. Kredit Nr. 261) und das BAFA. Darüber hinaus wurde mit der Einführung von § 31 Abs. 3 BauGB, dem seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. April 2024 in seiner jetzigen Fassung zwar nur ein sehr kleiner Anwendungsbereich zukommt, bereits versucht bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Erleichterungen zugunsten des Wohnungsbaus in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zu ermöglichen und für die Umsetzung zukünftiger, bedarfsorientierter Nutzungskonzepte weitere Anreize zu schaffen. Zum anderen kann gemäß der Musterbauordnung der Bestandsschutz bei Nutzungsänderungen bzgl. Abstandsflächen, tragenden Wänden, Außenwänden, Brandwänden, Decken und dem Stellplatznachweis aufrechterhalten werden. Das bedeutet, dass bei der Umnutzung von einer Büroimmobilie zu einem Wohngebäude bspw. der damit grundsätzlich verbundene Mehrbedarf an Stellplätzen nicht zwangsläufig erfüllt werden müsste. Durch solche Maßnahmen soll der bedarfsgerechte Wandel unbürokratisch gefördert werden.

Somit sind die rechtlichen Herausforderungen zur Zukunftsfähigkeit von Bestandsimmobilien vielfältig und betreffen vor allem zahlreiche Aspekte der energetischen Sanierung. Eigentümer, Planer und Gesetzgeber müssen gemeinsam Lösungen finden, um die Transformation von Bestandsgebäuden in klimafreundliche und zukunftsfähige Objekte voranzutreiben. Die Umnutzung von Gewerbe- zu Wohnimmobilien kann dabei ein wichtiger Baustein sein.

Die Autoren
Nicolas Deuerling
Partner, Gowling WLG (UK) LLP
Tilman Cöster-Gumpert
Rechtsanwalt, Gowling WLG (UK) LLP
Kai Knapp
Senior Associate | Rechtsanwalt, Gowling WLG (UK) LLP

Das Event zum Thema

Montag, 26. Mai - Dienstag, 27. Mai 2025
Future Real Estate Bestandsimmobilien
Frankfurt am Main