Die Autorin
Janine JaenschInhaberin, Janine Jaensch Beratung & Immobilien
Heuer Dialog: Was macht eine Bildungsimmobilie aus?
JJ: Bildungsimmobilien sind mehr als reine Lernorte. Sie können das Herz eines Quartiers bilden, indem sie Begegnung und Teilhabe über Generationen hinweg ermöglichen. Sie müssen nicht als Solitär in der Landschaft stehen. Im EG ein Supermarkt oder darüber Studierendenwohnen, warum nicht? Aktuelle Studien zeigen: 36 % der Menschen in Deutschland empfinden Einsamkeit als ein wachsendes Problem in ihrem Alltag (Statista, 2024). Schulen können diesem Trend entgegenwirken, indem sie Raum für Begegnungen schaffen – sei es durch offene Veranstaltungsangebote, generationsübergreifende Kurse oder kulturelle Events.
Die Montag Stiftung hebt hervor: „Ein Schulgebäude kann ein Ort der Gemeinschaft sein, an dem Menschen aller Altersgruppen zusammenkommen, voneinander lernen und die soziale Infrastruktur stärken.“ Das sollten wir umzusetzen, indem Schulen als Brücken in die Nachbarschaft und darüber hinaus gedacht werden.
Heuer Dialog: Welche Herausforderungen gibt es, Schulen proaktiv zu denken?
JJ: Eine proaktive Denkweise bedeutet, dass wir Schulen nicht nur für den Status quo planen, sondern sie als dynamische und flexible Orte gestalten, die auf die sich wandelnden Bedürfnisse von Gesellschaft und Bildung reagieren. Studien zum modernen Lernen unterstreichen, dass hybride Lernformen, die Präsenz- und Digitalunterricht kombinieren, die Bildungsleistung signifikant steigern können. Laut einer Untersuchung des OECD-Bildungsberichts 2023 erzielten Schülerinnen und Schüler in hybriden Lernumgebungen bis zu 20 % bessere Ergebnisse.
Ein Schlüssel für den Wandel ist, die bauliche und konzeptionelle Gestaltung von Schulen neu zu denken. Wir brauchen räumliche Strukturen, die digitale Transformation und soziale Begegnung vereinen. Schulen müssen hybride, moderne Lern- und Lebensorte werden, die gleichzeitig Impulse für das gesamte Quartier geben.
Heuer Dialog: Warum ist die Umnutzung von Bestandsimmobilien so wichtig?
JJ: Der Schulbau der Zukunft bedeutet nicht immer Neubau. Gerade im Bestand liegt ein enormes Potenzial. Viele Kommunen stehen vor der Herausforderung, bestehende Schulgebäude zu modernisieren oder leerstehende Immobilien einer neuen Nutzung zuzuführen. Durch eine ganzheitliche Betrachtung entwickeln wir Konzepte, die Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und Gemeinschaftsförderung vereinen.
Heuer Dialog: Warum tut sich das Thema aktuell so schwer?
JJ: Wir als Privatwirtschaft haben die Aufgabe, ein solides Produkt zu entwickeln, mit dem wir Kommunen echt und fair unterstützen können. Doch die Herausforderungen liegen, neben der angespannten wirtschaftlichen Situation, auf mehreren Ebenen. Banken zögern oft bei der Finanzierung von Schulprojekten, z.B. da Grundstücke auf Sondernutzungsflächen heute kaum einen Marktwert besitzen. Zudem besteht die Sorge, dass Schulen als Handelsobjekte enden, ohne dass eine nachhaltige Betreuung gewährleistet ist. Um diese Hürden zu überwinden, braucht es innovative Ansätze wie die Einbindung erfahrener Immobilienfonds, die sowohl die Anfangsfinanzierung als auch die langfristige Verwaltung sicherstellen und natürlich eine von Beginn an mitgedachte Drittverwendungsfähigkeit. Aber dafür gibt es ja Plattformen wie unser Product Council beim ULI zum Thema Bildung. Hier tauschen sich die unterschiedlichen Disziplinen aus und erarbeiten Lösungen, die allen helfen.
Nur wenn alle Zahnräder – von der Finanzierung bis zur langfristigen Nutzung – ineinandergreifen, können wir nachhaltige Lösungen schaffen.
Heuer Dialog: Welche Spielregeln braucht es für gemeinsame Perspektiven?
JJ: Die Entwicklung von Bildungsimmobilien erfordert enge Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft. Unsere Mission ist es, diese Partnerschaften zu gestalten und durch mutige Ideen, klare Zielbilder und praxisnahe Umsetzungsstärke zu überzeugen.
Dafür braucht es verbindliche „Spielregeln“:
1. Klares Ziel definieren: Was soll die Bildungsimmobilie leisten? Welche Bedürfnisse möchten wir bedienen? Was braucht das jeweilige Quartier?
2. Transparente Kommunikation: Wie können alle Beteiligten – von der Stadtverwaltung über Schulen bis hin zu den Bürgerinnen und Bürgern – aktiv eingebunden werden, ohne Zeitverlust
3. Nachhaltigkeit als Basis: Klimafreundliche Baustoffe, ein digitales Fundament, Energieeffizienz und die Nutzung erneuerbarer Energien müssen Standard sein.
4. Flexibilität in der Planung: Wie können Schulen sich an neue Lernmethoden und gesellschaftliche Bedürfnisse anpassen?
Heuer Dialog: Was bedeutet das für die Zukunft?
JJ: Die Schule der Zukunft ist eine hybride, vernetzte und proaktive Bildungsimmobilie – ein Impulsgeber für lebendige Quartiere und starke Gemeinschaften. Wir als Gesellschaft haben die Aufgabe, Schulen als attraktive Lernorte zu gestalten, denn hier entscheidet sich die Zukunft unseres Landes. Nur wenn wir Lernräume schaffen, die
Bildung fördern, soziale Begegnungen ermöglichen und Innovationen vorantreiben, können wir die Herausforderungen von morgen bewältigen.