Der Autor
Markus KohnkeAbteilungsleitung Monitoring & Governance, Deka Immobilien Investment GmbH
Die Taxonomiequote für Gebäude im Bestand ist auf den ersten Blick eine aussagekräftige Kennzahl, erarbeitet durch ein großes Expertengremium, ziemlich detailliert ausgearbeitet und recht klar definiert. Der Dreiklang aus einer energetisch sehr guten Immobilie, keiner Verletzung anderer Nachhaltigkeitsziele und auch der Blick auf die Einhaltung sozialer Mindeststandards in der Lieferkette ist zunächst mehr als überzeugend und daher auch eine gern gesehene Kenngröße.
Der zweite Blick mahnt jedoch zur Vorsicht. Dabei geht es nicht nur um die recht umfangreichen Dokumentationsanforderungen, die jedes Jahr als Nachweis der Taxonomiekonformität zu erbringen sind. Hier wird man über die Zeit effizienter und schneller. Die Herausforderungen liegen aus Sicht eines Bestandhalters von Nichtwohngebäuden tiefer. Zum Beispiel die Energieeffizienzkriterien 10% besser zu bauen als die Nearly Zero Emission Building Standards oder im älteren Bestand einen Gebäudeenergieausweis A zu haben oder alternativ zu den energieeffizientesten 15% der Gebäude im Teilmarkt zu gehören. Die Daten liegen weitestgehend vor und sind daher gut zu berichten. Doch die energetischen Standards unterliegen einer ständigen Veränderung und das in ganz Europa. Die Energy Performance of Buildings Richtlinie der EU beispielsweise erfordert eine Anpassung fast aller nationaler Gebäuderichtlinien in Europa in den nächsten Jahren.
Da kann es schnell passieren, dass der aktuelle Energieausweis A zu einem mit C wird und das Objekt aus der Quote fällt. Wenn man dann nicht nur eine Quote berichtet, sondern seine Geschäftsaktivitäten danach steuert geht man hohe Risiken ein. Dann begibt man sich auf die Suche nach den Objekten die möglichst einfach von einem Energieausweis B auf einen Energieausweis A gehoben werden können. Das ist gut finanziell kalkulierbar und schnell umsetzbar. Eine solche Aktion hat jedoch kaum Wirkung auf die Klimaziele. Auch könnte man eine nagelneue Immobilie unter dem aktuellen NZEB Standard erwerben, anstatt seinen energetisch anspruchsvolleren Bestand zu verbessern. Auch hier ist der Aufwand vergleichsweise niedrig. Der Effekt auf die Erreichung der Klimaziele ist jedoch sektorübergreifend ebenfalls gering oder sogar negativ.
Viel besser wäre es eine Bestandsimmobilie mit einem Energieausweis F auf ein energetisches Niveau von C zu heben. Solche Maßnahmen haben teilweise den 10-fachen Effekt auf den Energieverbrauch und die CO2 Emissionen und erfüllen die eigentlichen Ziele der Klimapolitik. Die Studie „Embodied Carbon of Retrofits“ des Instituts für Immobilienökonomie und andere Veröffentlichungen zeigen, dass mit Bestandssanierung die Einsparungen im Betrieb, die sanierungsinduzierten CO2 Emissionen in durchschnittlich weniger als 10 Jahren kompensieren. Beim Neubau liegt dieser Zeitraum eher bei 30 Jahren.
Was bedeutet dies für den Einsatz der Taxonomiequote? Die Taxonomie ist eine hervorragende Kennzahl um „gute“ Bestände miteinander zu vergleichen und die Transparenz über den gewerblichen Gebäudebestand zu erhöhen. Doch wird die Taxonomie zur Steuerungsgröße bei Immobilienbestandshaltern unterstützt diese kaum die Erreichung der Klimaziele der EU und leitet Investitionen zur zielgerichteten Minderung des Klimawandels fehl. In der Folge wären verschärfte regulatorische Regelungen zu Nachsteuerung nicht auszuschließen. Für Bestandshalter und Entwickler sollten daher direkt CO2 bezogene Zielgrößen der Leitgedanke für ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell sein.