Die Autorin
Franziska HasseDrees & Sommer
Heuer Dialog: Was sind die aktuellen Herausforderungen in der Wärmeversorgung von Immobilien?
Franziska Hasse: Die Energieversorgung der Gebäude spielt eine zentrale Rolle für übergeordneten Nachhaltigkeitsziele. Doch eine der größten Herausforderungen ist, dass der Gebäudesektor insbesondere im Bestand nach wie vor massiv auf fossile Energieträger setzt: Gas und Öl sind noch weit verbreitet, der Gebäudesektor verbraucht rund ein Drittel der Endenergie. Wenn wir die Klimaziele ernst und verbindlich nehmen, müssen wir erneuerbare Alternativen finden. Dabei geht es nicht nur um die technische Umsetzung, sondern auch um den Einfluss und die Bereitschaft der Immobilienbesitzer, diesen Wandel aktiv mitzugestalten.
HD: Wie sehen konkrete Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung aus?
FH: Die Dekarbonisierung kann auf mehreren Wegen erreicht werden, unter anderem über den Einsatz von Solarenergie, Wärmepumpen oder effizienten Hybridsystemen im Neubau. Im Bestand sind der Einsatz erneuerbarer Energien und die Effizienzsteigerung bestehender Systeme oftmals schwieriger, aber möglich und besonders wichtig. Neben dezentralen Lösungen in oder auf Gebäuden ist auch die Wärmebereitstellung über großflächige Wärmenetze möglich. Der Anteil der Fernwärme liegt aktuell bei 14 Prozent im Wohnungsbestand, aber das Potenzial ist groß – vor allem aus erneuerbaren Quellen wie Geothermie, Biomasse, Abfall oder industrieller Abwärme. Mit kommunaler Wärmeplanung lässt sich die Wärmeversorgung in Städten und Gemeinden zukunftssicher gestalten. Sie zielt im Kern darauf ab, weniger fossile Brennstoffe und stattdessen erneuerbare Energien sowie Abwärme in großen Wärmenetzen zu nutzen und diese gleichzeitig auszubauen. Immobilienbesitzer und Unternehmen profitieren von dieser zentralen klimabewussten Wärmeversorgung: Sie sind unabhängiger von fossilen Brennstoffen und können ihre CO₂-Emissionen senken.
HD: Was bedeutet die kommunale Wärmeplanung für Städte und Gemeinden?
FH: Für sie bedeutet es vor allem, aktiv den Schritt in Richtung klimafreundliche Zukunft zu gehen. Seit dem 1. Januar 2024 sind alle Städte und Gemeinden in Deutschland verpflichtet, bis spätestens Mitte 2028 Wärmepläne zu erstellen – größere Städte über 100.000 Einwohner sogar schon bis Mitte 2026. Ziel ist es, bis 2045 alle Wärmenetze umzubauen. Dabei wird auch die Frage geklärt, welche Gebiete für eine zentrale Wärmeversorgung geeignet sind und welche Quellen genutzt werden können: Solarthermie, industrielle Abwärme aus der Industrie, aus Data-Centern oder der Abfallverbrennung. Dies ist für Immobilienbesitzer maßgeblich, da sie damit ihre Investitionsentscheidungen in die Wärmeversorgung ihrer Gebäude planen können.
HD: Können Sie ein Beispiel für eine erfolgreiche kommunale Wärmeplanung nennen?
FH: Leipzig ist ein sehr gutes Beispiel. Die Stadtwerke und ihre Partner arbeiten wie viele andere Städte an einem kommunalen Wärmeplan zur klimafreundlichen Wärmeversorgung bis 2038. Die Stadtwerke Leipzig betreiben unter anderem die Power-to-Heat-Anlage im Heizwerk Nord-Ost, die überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien und industrieller Abwärme nutzt. Zudem ist das Heizkraftwerk Leipzig Süd bereits für den Einsatz von grünem Wasserstoff vorbereitet. Diese Kombination aus nachhaltiger Fernwärme und innovativer Technik zeigt, wie es in Teilen jetzt schon gehen kann – und weitere Projekte sind bereits in Planung.
HD: Welche Vorteile ergeben sich für Immobilienbesitzer und Investoren durch die Umstellung auf erneuerbare Energien?
FH: Die Effekte für die Energiebilanzen, ESG-Bewertungen und Zertifizierungen sind oft eng mit „harten“ Faktoren wie Energiekosten, Energieeffizienzklassen oder Energiekennzahlen und CO2-Emissionen verknüpft. Der Einsatz erneuerbarer Energien und eine optimierte Wärmeplanung wirken sich künftig positiv auf die Energie- und Klimabilanz der Immobilien aus. Dies steigert deren Attraktivität und langfristige Wertentwicklung. Grundsätzlich profitieren von einer effizienten Wärmebereitstellung durch geringere Energiekosten auch die Nutzerinnen und Nutzer. Dazu haben Investoren mit Projekten wie beispielsweise großen Energieversorgungsanlagen die Möglichkeit, einen gesellschaftlichen Impact zu schaffen und langfristig positive ökologische Effekte zu erzielen.
HD: Welche Rolle spielt Drees & Sommer in diesem Prozess?
FH: Wir bei Drees & Sommer unterstützen unsere Kunden auf vielfältige Weise: einerseits durch grundsätzliche Strategien für die Entwicklung des Portfolios, andererseits mit Potenzialscreenings oder umfassenden energetischen Bestandsanalysen. Durch gezielte und standortbezogene Energiekonzeptionen und die Umsetzungsbegleitung integrieren wir erneuerbare Energien. Was uns besonders wichtig ist: Wir wollen nachhaltige und wirtschaftliche Lösungen bieten. Deshalb arbeiten wir auch an Themen wie Dekarbonisierung der Bestände, grünem Wasserstoff, Einsatz industrieller Abwärme sowie dem Ausbau der erneuerbaren Energien aktiv mit.
HD: Vielen Dank für das Gespräch!