Wie serielles Bauen die Bauindustrie transformiert

Modulbau - das Bauen von morgen?

Der Bauindustrie stehen disruptive Zeiten bevor, denn aufgrund des politischen Drucks, die Klimaneutralität des gesamten Gebäudebestandes bis 2045 zu realisieren, sind umfassende Produktivitätssteigerungen erforderlich.

Christoph Blepp 23. Juli 2024

Die Bauindustrie befindet sich derzeit in einer der bedeutendsten Transformationsphasen seit Jahren. Während die Nachfrage nach Bauaktivitäten, z.B. aufgrund der energetischen Gebäudesanierung oder Wohnungsknappheit, trotz der Zinswende mittel- bis langfristig weiter steigt, nehmen auch die Anforderungen an den Bau vor dem Hintergrund der Klimaneutralität, strikterer Regulierungen oder neuer Produkt-, Technologie- oder Serviceangebote stetig zu. Die konventionelle Bauweise stößt dabei aufgrund lahmender Digitalisierung sowie dem sich weiter verschärfenden Fachkräftemangel an ihre Grenzen, was sich auch in einem seit Jahrzehnten stagnierenden Produktivitätsniveau der Branche widerspiegelt.

Einen der größten Hebel, um die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage von Bauleistungen zu schließen, stellt die Produktivitätssteigerung durch eine erhöhte Wertschöpfung pro erwerbstätige Person dar. In diesem Zusammenhang ist immer wieder die Rede von serieller Bauweise. Damit gemeint, ist die Abkehr von der klassischen Baustelle, auf der "Stein auf Stein" gebaut wird, hin zu einer Baustelle, auf der einzelne Bausysteme, Bauteile oder Module, die zuvor in einer Fabrik gefertigt wurden, vor Ort verbaut werden. Diese Art zu bauen, führt nicht nur zu weniger Fehlern, sondern reduziert auch die Bauzeit rapide, wodurch sich die verfügbare Kapazität in der Bauausführung erheblich steigern lässt.

Aufgrund der Tatsache, dass das Ziel der klimaneutralen Gebäudehülle in 2045 nach derzeitigem Stand der verfügbaren Ressourcen in der Bauausführung bei weitem nicht erreicht werden kann und die Wohnungsknappheit in urbanen Ballungszentren weiter zunimmt, ist es an der Zeit, über einen neuen Ansatz in der Herstellung von Gebäuden realistisch zu diskutieren. Die Abkehr der Idee, ein Gebäude mit einer Vielzahl an Stakeholdern „auf der grünen Wiese“ individuell zu bauen, spielt hier eine zentrale Rolle. Vielmehr muss das Gebäude als Produkt verstanden werden, das nach klaren Regeln der Standardisierung zunehmend von weniger oder einem Stakeholder dem Kunden bereitgestellt wird. Das soll nicht bedeuten, dass ein Anspruch besteht, 100% aller Gebäude in Zukunft standardisiert und in Produktlogik aus einer Hand zu bauen; das individuell projektierte, designte und gebaute Gebäude wird weiterhin eine große Rolle spielen. Aber in allen Anwendungen, in denen preisgünstiger Wohnraum in kurzer Zeit zur Verfügung gestellt werden muss (was einen Großteil des Marktes ausmacht), sind modulare, standardisierte Produktlösungen unabdingbar.

Der Autor
Christoph Blepp
Managing Partner, S&B Strategy GmbH

Das Event zum Thema

Dienstag, 24. September - Mittwoch, 25. September 2024
Jahreskongress Industrielles Bauen
Leipzig