Während am Münchner Immobilienmarkt im vergangenen Jahr – sowohl im Hinblick auf das Vermietungsergebnis, als auch des Flächenumsatzes – ein deutlicher Rückgang verzeichnet wurde, wird immer mehr auf nachhaltige Bürokonzepte gesetzt, die sich an den Prinzipien von New Work bzw. hybriden Arbeitsmodellen orientieren. Insbesondere in weniger zentralen Bereichen sind Umwelt, Soziales und Governance (ESG) mittlerweile entscheidende Kriterien bei der Vermietung. Die Zukunft der Nachfrage nach hochwertigen Büroflächen in begehrten Lagen bleibt jedoch ungewiss. Es ist schwer vorherzusagen, ob und wann der Bedarf gedeckt werden kann. Ein weiterer Anstieg der Mieten ist allerdings absehbar, insbesondere in den nach der Pandemie wieder stark nachgefragten Innenstadtbereichen. Es steht mithin außer Frage, dass Nachhaltigkeit als ein führendes Element insgesamt bezogen auf den Münchner Immobilienmarkt zu betrachten ist.
Von hoher Relevanz für die Immobilienbranche der Metropolregion München ist insoweit, dass im Februar dieses Jahres die Europäische Kommission und das Europäische Parlament eine vorläufige Einigung zur Fassung der Verordnung über die Transparenz und Integrität der Rating-Tätigkeiten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (sog. ESG-Rating Verordnung) erzielt haben.
Zweck der Ratings im ESG-Kontext ist die Beurteilung des Nachhaltigkeitsprofils eines Unternehmens oder Finanzinstruments durch die Bewertung von Nachhaltigkeitsrisiken und Auswirkungen des jeweiligen Unternehmens bzw. Finanzinstruments auf die Umwelt und Gesellschaft. Insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Transparenzanforderungen am Kapitalmarkt und der steigenden Nachfrage von Investoren nach nachhaltigen Produkten gewinnen ESG-Ratings stark an Bedeutung.
Mangels einheitlicher Standards und Regelungen unterscheiden sich die am Markt bislang verfügbaren ESG-Ratings teils in wesentlichen Aspekten, wie den verwendeten Datenquellen, der Methodik oder der Gewichtung der einzelnen Bewertungskriterien. Dies geht letztlich zu Lasten der Aussagekraft von ESG-Ratings und der Vergleichbarkeit von Ratingnoten untereinander.
Anknüpfend hieran ist das Ziel der geplanten ESG-Rating Verordnung der EU die Vergleichbarkeit und Zuverlässigkeit von ESG-Ratings zu stärken, etwa durch Implementierung von Transparenzvorgaben zur verwendeten Methodik oder zu den herangezogenen Informationsquellen. Hierdurch soll nicht zuletzt das Vertrauen von Investoren in ESG-Ratings und damit ihre Bereitschaft, in Finanzprodukte mit besonders guten Ratingnoten zu investieren, verbessert werden.
Anbieter von ESG-Ratings sind nach der ESG-Rating Verordnung künftig verpflichtet, bestimmte Angaben auf ihrer Webseite und Informationen über das noch einzurichtende zentrale europäische Zugangsportal (European Single Access Point – ESAP) zu veröffentlichen. Zu den zu publizierenden Informationen zählen unter anderem Angaben zu Methoden, Datenquellen und -prozessen sowie eine Erläuterung der einzelnen Bereiche, die das ESG-Rating abdeckt.
ESG-Ratings sollen grundsätzlich alle drei ESG-Teilbereiche abdecken - Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Governance. Zur besseren Vergleichbarkeit sind Angaben zur Gewichtung der einzelnen Teilbereiche zu veröffentlichen. Daneben soll die Möglichkeit bestehen, gesonderte Ratings für die Bereiche E, S und G vorzusehen. Auch hierzu sind künftig Informationen auf der Webseite der ESG-Rating-Agenturen und über das ESAP bekannt zu machen.
Weiter sollen ESG-Rating-Agenturen künftig eine Zulassung durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – ESMA) benötigen. Die ESMA soll darüber hinaus auch für die laufende Überwachung der ESG-Rating-Agenturen verantwortlich sein. Kleinere ESG-Rating-Anbieter können unter bestimmten Bedingungen von den Anforderungen an ESG-Rating-Agenturen teilweise befreit werden.
Nach der offiziellen Bestätigung der ESG-Rating Verordnung durch die Kommission und das Parlament wird diese 18 Monate nach ihrem Inkrafttreten zur Anwendung kommen.
Die ESG-Rating Verordnung ist ein weiterer Schritt zur Schaffung einheitlicher Standards und Rechtssicherheit im Nachhaltigkeitskontext und daher grundsätzlich zu begrüßen. Ob mit der ESG-Rating Verordnung die bezweckte Transparenz geschaffen wird, wird sich in der Praxis zeigen.