Der Autor
Prof. Dipl.-Ing. Bernd-Claas GesterkampArchitekt, Inhaber Gesterkamp Immobilien Marketing, Hon.-Prof. EBZ-Bochum
Schauen wir mal chronologisch. Initiiert werden Projektentwicklungen von Projektentwicklern. Diese haben naturgemäß den Wunsch nach sicheren und schnellen (!) Erträgen aus Mieten. Sie lehnen Verzögerungen ebenso entschlossen ab wie Leerstand.
Als nächstes spielen Behörden und Verwaltungen eine Rolle. Es wäre nun ein Leichtes verbreitete Klischees zu bedienen und den Staatsbediensteten den schwarzen Peter zuzuschieben. Ich habe allerdings in so vielen Behörden das Gegenteil erlebt, sodass mir dies schwerfällt. Ja, ab und zu wartet man länger als erwünscht, aber der Grund dafür ist strukturell und vor allem nicht exklusiv für das Phänomen verantwortlich. Stellen wir uns vor, morgen früh um 8:00 Uhr werden alle Bauanträge positiv beschieden. Sind dann alle Probleme in den Innenstädten gelöst? Nein. Denn das Warten auf Antworten ginge weiter.
Wie sieht es mit den Nutzern und Mietern aus? Auch hier: Fehlanzeige. Die allermeisten gewerblichen Nutzer sind wie Developer von Unternehmertum beseelt und streben schnell Umsatz an. Zeitverlust ist ihnen ebenso ein Greul.
Wen gibt es noch? Ach ja, die Eigentümer von Bestands-Immobilien. Hier findet sich durchaus eine Achilles-Verse, denn oftmals haben seit dem Zweiten Weltkrieg Unternehmer und Unternehmerinnen Immobilien (z.B. Bäckereien, Kaufhäuser, Mode- oder Schuhhandel) als Lebenswerk aufgebaut und an Erben oder gar Erbengemeinschaften weitergegeben. Diese haben zuweilen weder das Interesse noch das Wissen innerstädtische Liegenschaften zu transformieren. Allerdings sprechen wir in diesen Fällen nicht von Verzögerung, sondern von Stillstand. Der ist nicht selten toxisch, hier unterstützt oft die lokale Wirtschaftsförderung.
Ich befürchte keine der genannten Gruppen dient als Sündenbock. Die Gründe liegen woanders. Erstens: Die Transformation innerstädtischer Bauwerke ist kein Schnellläufer, da kein Standort dem anderen gleicht. Das bedeutet, es sind individuelle Konzepte gefragt und nur wenn eine Vielzahl erfahrener Experten kooperiert, kann etwas Gutes entstehen. Und das geht nicht über Nacht.
Zweitens: Unsere Innenstädte sind ein Spiegel aktueller gesellschaftlicher Prozesse. Wo kaufen wir ein? Wie gehen wir aus? Wer macht sich womit selbstständig und wer bleibt zuhause? Diese und mehr Fragen prägen unseren gesellschaftlichen Alltag. Und dieser findet zu großen Teilen in den Innenstädten statt. Deutschland durchlebt den stärksten Umbruch in seiner Nachkriegszeit. Zuzug verändert die Bevölkerung, Zinsen und hohe Energiekosten entschleunigen die Wirtschaft, die Enkel der Kriegskinder leben andere Werte und Lebensentwürfe. Dies alles zeichnet sich täglich in den Phänomenen der Cities ab.
Was ist die Lösung?
Menschliche Beziehungen. Innenstädte haben immer Menschen zusammengebracht. So wird es auch in Zukunft sein. Welche Menschen welchen anderen Menschen was anbieten wird sich zeigen. Märkte sind glücklicherweise selbststeuernd. Es wird auf die Moderation kluger Verwaltungen ankommen. Hier muss genug gesteuert werden, um „Erregung“ zu erzeugen, aber wenig genug, um nicht zu verhindern. Ich bin mir sicher, dass es gelingen wird.
Gehen wir also gelassen und fleißig der Zukunft entgegen.