Der Autor
Jürgen UtzLeiter Nachhaltigkeitsentwicklung, LIST AG
Wir wissen, dass Klima und Biodiversität eng miteinander verwoben sind und deren Schutz gemeinsame Anstrengungen erfordern, um unsere Umwelt und damit auch die Grundlage unserer Wirtschaft zu schützen.
Biodiversität beschreibt die Vielfalt an Genen, Arten und Ökosystemen. Sie ist von entscheidender Bedeutung für das Funktionieren unserer natürlichen Umwelt und hat aufgrund der sogenannten Ökosystemleistungen einen unmittelbaren Einfluss auf unser aller Wohlergehen. Doch die aktuellen Entwicklungen sind alarmierend: So zeigt der Living Planet Report des WWF aus dem Jahr 2020, dass wir zum Beispiel schon etwa 70 Prozent aller wildlebenden Wirbeltiere verloren haben. Dieser dramatische Verlust an Biodiversität hat schwerwiegende ökologische und resultierende ökonomische Konsequenzen.
Die Verbindung zwischen Biodiversität und Klimawandel
Der Verlust an Biodiversität ist eng mit dem Klimawandel verknüpft. Intakte Ökosysteme tragen zur Stabilisierung des Klimas bei, während der Klimawandel wiederum viele Arten und Lebensräume bedroht. Es entsteht ein Teufelskreis, da der Rückgang der Biodiversität die Fähigkeit der Ökosysteme zur CO2-Speicherung und zur Erbringung weiterer Ökosystemleistungen beeinträchtigt. Diese Leistungen sind jedoch von grundlegender Bedeutung und tragen zum globalen Bruttoinlandsprodukt bei. Der Verlust von Biodiversität steht daher im Risk Report des World Economic Forum (WEF) auf Platz drei der Risiken für die Weltwirtschaft, direkt nach Klimaschutz und Klimaanpassung.
Es ist daher logisch, dass die EU-Taxonomie und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) Biodiversität als zu betrachtendes Kriterium verankert haben. Unternehmen sind nun verpflichtet, die Auswirkungen ihres Handelns auf Biodiversität zu analysieren und ggf. Strategien zum Schutz dieser zu entwickeln. Und auch wenn man selbst keine direkten negativen Auswirkungen auf die Biodiversität hat, muss man sich mit möglichen Risiken für das eigene Geschäftsmodell in Folge des Biodiversitätsverlust beschäftigen. Die regulatorischen Rahmenbedingungen zwingen die Branche also dazu, Biodiversität als Thema ernst zu nehmen.
Schritte zum Schutz der Biodiversität in der Immobilienbranche
Um Biodiversität effektiv zu schützen, müssen Unternehmen und die Immobilienbranche von Anfang an Biodiversitätskonzepte in ihre Projekte integrieren. Diese Konzepte bringen unterschiedliche Aspekte zusammen und in Einklang, von der Vermeidung von Flächenversiegelung über die Artenwahl bis hin zum Pflegekonzept. So erreicht man gezielt zum Beispiel ein besseres Mikroklima, eine höhere Aufenthaltsqualität und die Erfüllung regulatorischer Anforderungen. Gerade auf der Gebäudeebene gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Biodiversität zu integrieren, allen voran Gründächer und Fassadenbegrünung, die Lebensräume für Insekten und andere Lebewesen bieten. Die Platzierung von Nistkästen und Brutmöglichkeiten für Vögel und Fledermäuse sowie die Verwendung einheimischer Pflanzen in Gärten und bei der Landschaftsgestaltung können ebenfalls einen wichtigen Beitrag leisten, die Biodiversität zu fördern. Und in Kombination mit einem nachhaltigen Regenwassermanagement, dem Erhalt natürlicher Lebensräume auf dem Gelände und Einbindung in Quartier und Umfeld sind viele Elemente eines Konzepts vorhanden.
Biodiversität und Klimaschutz gemeinsam angehen
Es ist unumgänglich, dass die Immobilienbranche Biodiversität und Klimaschutz als untrennbare Einheit betrachtet. Nur im Verbund der beiden Themen wird es uns gelingen, die Umwelt zu schützen als Basis für eine dauerhaft erfolgreiche, dann andersartige Wirtschaft . Dazu müssen wir unsere Prioritäten und Handlungen überdenken und uns bewusst machen, dass wir langfristig von intakten Ökosystemen profitieren und es eine Selbstverständlichkeit sein sollte, die Grundlagen unserer Existenz zu sichern.