Die Autorin
Lea ScholzeArchitektin + Prokuristin, Leiterin Geschäftsbereich Stadterneuerung & Einzelhandelsimmobilien,, AIP Planungs GmbH
Die Schließung eines Warenhauses führt nicht nur einen Verlust an Arbeitsplätzen mit sich, sondern hat auch gravierende Auswirkungen auf die umliegenden, kleinteiligen Einzelhandelsstrukturen. Der Wegfall eines Warenhauses, meist an prominentester Innenstadtlage wird demnach auch als Ursache für einen hohen Leerstand in Innenstädten gesehen. Jahrzehntelang stärkten Warenhäuser als Magnet den innerstädtischen Handel und trugen zu einer Belebung dieser bei, die Kaufkraft verlagert sich jedoch weiter in periphere Einkaufszentren, sowie ins Internet. Alternative Nutzungen müssen für die zentralen Innenstadtstandorte entwickelt werden. Mit den rezenten Schließungen zahlreicher innerstädtischer Warenhäuser entsteht einmal mehr die Frage, wie wir die Handelsflächen revitalisieren und somit die Innenstadt reaktivieren können.
Die AIP Unternehmensgruppe befasst sich seit einigen Jahren intensiv mit den Herausforderungen im Bereich der innerstädtischen Revitalisierung und Leerstandsproblematik. Neue wirtschaftlich tragbare Konzepte werden entwickelt, welche zukunftsorientierte Lösungen für die Immobilie darstellen. Deutlich ist, es gibt keine Blaupause für die Transformation. Jedes Gebäude bedarf einer standortbezogenen optimierten Lösung, orientiert an den umgebenden Strukturen, der Gebäudetypologie, dem städtischen Kontext und den Bedürfnissen der Stadt. Um diese Aspekte, die Bedürfnisse und Gegebenheiten, Potenziale und Herausforderungen für einen Standort identifizieren zu können, ist eine analytische Vorgehensweise gefragt. Die ‚Toolbox der Stadtreparatur‘ dient uns dabei als Grundlage bei der Entwicklung und Planung wirtschaftlich tragbarer und zukunftsträchtiger Lösungen.
Multifunktion statt Monofunktion
Die großflächige Typologie der Warenhäuser bietet die Möglichkeit eine hohe Nutzungsvielfalt anzusiedeln und somit in zentraler Innenstadtlage die Durchmischung zu erhöhen. So können beispielsweise neue Wohnnutzungen wie Servicewohnen, studentisches Wohnen oder ein Hotel in den oberen Geschossen die Aktivierung der zentralen Innenstadtbereiche unterstützen, während die Erdgeschosszonen weiterhin dem Handel, Gastronomie und Nahversorgung zugeschrieben werden. Um eine langfristig erfolgreiche Umnutzung zu erzielen, ist es wichtig einer umfassenden Standortanalyse den bereits vorhandenen Nutzungsmix zu erfassen, um Konkurrenznutzungen zu vermeiden.
Wirtschaftlichkeit der Handelsimmobilie stärken und bestehende Typologien ausnutzen
Abhängig von den Möglichkeitsspielräumen der bestehenden Immobilien lassen sich verschiedene Konzepte ableiten, welche auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft werden müssen. Wird die ursprüngliche monofunktionale Nutzung komplet aufgelöst, kann bei Erhalt der Bestandsstruktur eine gesamtheitliche neue Nutzungsdurchmischung erzielt werden. Bei einer teilweisen Umnutzung, bleiben Teilbereiche als großflächige Handelsfläche erhalten und nur einem Teil des Gebäudes werden neue Funktionen zugewiesen. Ist das Gebäude aus wirtschaftlichen oder bauphysikalischen Gründen nicht erhaltenswert, muss ein Abbruch und Neubau in Erwägung gezogen werden. Dies bietet neue Möglichkeiten anderer Verdichtungsvarianten, verändert jedoch maßgeblich das Stadtbild und ist aus ökologischer Sicht nicht immer zwingend die zu bevorzugende Lösung.
Aus der Konfiguration des Bestandsgebäudes, den Geschosshöhen, Gebäudetiefen und der Fassadenstruktur können schließlich Nutzungsspielräume abgeleitet und Wirtschaftlichkeit erarbeitet werden. Das MarktQuartier Recklinghausen weist beispielsweise im Erdgeschoss eine hohe Nutzungsdurchmischung auf: Nahversorgung, Gastronomie, Apotheke, Zahnarzt und weiterer Einzelhandel erhöhen die Atraktivität direkt am Marktplatz. In den oberen Geschossen bieten Servicewohnen, Büroflächen, ein Hotel und eine Kita auf dem Dach neue Nutzungen, welche die Durchmischung und Atraktivität der Innenstadt fördern.
Positive Synergien zwischen Projektbeteiligten schaffen
Ein frühzeitiger und regelmäßiger Kontakt mit allen politischen Parteien, Medien und Stadtnutzern fördert die positive Stellung der Revitalisierung gegenüber. Ein authentischer Auftritt und die ehrliche Definition der gemeinsamen Ziele, die Stadt zu revitalisieren, sollte immer deutlich hervorgehoben werden. Durch positive Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung, Politik und Projektentwickler/Planer können viele langwierige Prozesse erleichtert und gefördert werden. Gleichzeitig kann ein Einblick und ein breiteres Verständnis in die Bedürfnisse der Stadt von jenen geteilt werden, welche ihre Stadt am besten kennen.
Fazit
Die vier beschriebenen Aspekte stellen einen Teilbereich der Vorgehensweise beim Umgang mit leerstehenden Handelsimmobilien dar. Sie bilden die Grundlage für eine erfolgreiche wirtschaftliche tragbare Lösung für die Innenstadt der Zukunft. Die Frage, wie die Innenstadt in Zukunft für den Nutzer attraktiv erlebbar bleiben kann, ist ein herausforderndes und interessantes Thema, welches uns auch die kommenden Jahre beschäftigen wird.