Interview mit Heike Titze, Partnerin bei Drees & Sommer SE

Die Herausforderungen des modularen Bauens

Yvonne Traxel sprach mit Ihr über die Herausforderungen des modularen Bauens

Heike Titze 1. August 2023
Jahreskongress Modulares Bauen
Quelle: shutterstock

Heuer Dialog: Wie beeinflusst das modulare Bauen die Planungs- und Bauprozesse im Vergleich zur herkömmlichen Bauweise? Gibt es bestimmte Herausforderungen, die beachtet werden müssen?

Heike Titze: Grundsätzlich muss man feststellen, dass sich die bekannten Planungs- und Bauprozesse herkömmlicher Bauverfahren nicht unverändert auf die modulare Bauweise übertragen lassen. Die Herausforderung ist, dass trotzdem oftmals eigentlich ‚modulare‘ Projekte entsprechend den klassischen Prozessen begonnen werden. Und dann wundert man sich, wenn die Projekte nicht zufriedenstellend laufen.

Ein entscheidender Faktor ist, dass die Planung auf das Wissen und auf die Vorgaben der ausführenden Firmen angewiesen ist. Im klassischen Prozess wird dieses Know-how erst nach der Vergabe integriert. Das bedeutet, dass hier eine Lücke entsteht, die in Projekten, wo eine Modularisierung gewünscht ist, durch eine spezielle Beratung geschlossen werden muss – insbesondere bei kritischen Schnittstellen und Gewerken, etwa der Bauphysik oder dem Brandschutz.  Der Idealfall wäre dagegen, dass die Beteiligten sich früh für das eine oder andere System – also klassisch oder modular – entscheiden.

Heuer Dialog: Welche technologischen Entwicklungen und Innovationen spielen eine Rolle bei der Umsetzung des modularen Bauens? Gibt es spezifische Baustoffe oder Techniken, die besonders geeignet sind?

Heike Titze: Mit dem modularen Bauen sind häufig hohe Erwartungen an positive Effekte auf die Termin- und Kosteneffizient verbunden. Prozesse sollen schneller und günstiger ablaufen. Wie stark sich diese im jeweiligen Projekt dann tatsächlich zeigen, hängt nach unserer Erfahrung mitunter davon ab, wie stark die modulare Produktion in die Fabrik und dort vom Mensch auf die Maschine übertragen wird. Je mehr unter industriellen Konditionen vorgefertigt wird, desto schneller und wirtschaftlicher kann das modulare Bauen sein. Aber gerade bei der industriellen Produktion gibt es noch Entwicklungschancen, beispielsweise bei der Verbreitung von digital vernetzten Systemen oder roboterbasierten Produktionssystemen zur industriellen Fertigung.

Heuer Dialog: Ein wichtiger Aspekt des modularen Bauens ist die Nachhaltigkeit. Inwiefern trägt diese Bauweise zu einer ökologischen und ressourcenschonenden Gestaltung von Gebäuden bei?

Heike Titze: Unter mehreren Gesichtspunkten. Zunächst über die Wahl des Materials. Bei der modularen Bauweise wird häufig Holz anstatt zum Beispiel Stahl oder Beton als Baustoff eingesetzt. Dadurch lassen sich CO2-Emissionen reduzieren, gleichzeitig fungieren solche Gebäude nun als CO2-Speicher.  Eine Übernutzung der fragilen Ressource Wald können wir unter anderem dadurch verhindern, dass wir auf Rest- oder Abfallholz aus der Waldwirtschaft zurückgreifen. Weiterhin kann die modulare Bauweise nach den C2C-Ansätzen gestaltet werden. Das heißt, dass ganze Elemente oder Teile davon in ihren Kreislauf zurückgegeben oder an anderer Stelle wieder eingesetzt werden können.

Heuer Dialog: Welche Rolle spielen die Digitalisierung und BIM im Zusammenhang mit dem modularem Bauen? Wie können digitale Tools und Technologien den Planungs- und Bauprozess verbessern?

Heike Titze: Digitalisierung und BIM sind für uns das Fundament des modularen Bauens und spielen damit eine sehr bedeutende Rolle. Mittels einer BIM-basierten Planung entwickeln wir modellbasiert den sogenannten ‚digitalen Zwilling‘ des realen Gebäudes. Dadurch werden wir in der Realität bei der baulichen Qualität besser. Beispielsweise durch eine gewerkeübergreifende Koordination, die wir bereits im BIM-Modell durchführen.

Das Ganze unterstützen wir durch eine modulare Planung. Das bedeutet, dass wir individuell geplante Gebäude in Module ‚zerlegen‘ und  daraus  einen Systembaukasten entwickeln. Dieses Vorgehen bildet die Basis für das Zusammenspiel der Gewerke mit einer durchgängigen Prozesskette. Sie reicht von der Planung, über die Montage bis in den Betrieb.

Darüber hinaus ist der digitale Zwilling die Basis für die Produktion. Wenn dann noch die Informationen zum Montageablauf berücksichtigt werden, dann lässt sich sogar die Lagerhaltung der vorproduzierten Elemente optimieren.

Heuer Dialog: Vielen Dank für das Gespräch!

 

Die Autorin
Heike Titze
Partnerin, Drees & Sommer SE

Das Event zum Thema

Mittwoch, 18. Oktober - Donnerstag, 19. Oktober 2023
5. Jahreskongress Modulares Bauen
Offenbach am Main