Immobilien-Dialog Hamburg

Zeit für den zweiten Blick

Nachhaltige sowie zukunftsfähige Projekt- und Quartiersentwicklungen – Realisierungswege und entscheidende Faktoren

Andreas Fuchs 14. Juni 2023

Ob Stadt oder Land, ob großangelegte Quartiers- oder für sich stehende Projektentwicklung, der Blick auf die Bau- und Immobilienlandschaft zeichnet im gesamten Bundesgebiet vordergründig ein Bild, das sich nicht merklich von jenem der zurückliegenden Boom-Jahre unterscheidet: Ballungszentren verdichten sich und erschließen neue Areale, ländliche Regionen erweitern ihr wohnwirtschaftliches Portfolio als Lebensmittelpunkt mit zuletzt neugewonnener Attraktivität. Doch hinter den Bauzäunen hat sich die Stimmung spürbar verändert. Ungeahnte Rahmenbedingungen haben ein erneutes Austarieren geplanter Realisierungswege unausweichlich gemacht und manches Projekt bereits in die Knie gezwungen oder zumindest auf Eis gelegt. Ein Schicksal, das sich auf den zweiten Blick mitunter vermeiden lässt, wenn nämlich Ungeplantes den Status einer denkbaren Option erhält.

Die zuvor erwähnten neuen bzw. geänderten Rahmenbedingungen der Bau- und Immobilienbranche sind inzwischen weithin bekannt: Bau- und Materialkosten sind durch die geopolitischen Herausforderungen der vergangenen Jahre signifikant gestiegen, während die Zins- und Finanzentwicklungen die Stimmung auf Käufer- und Investorenseite merklich abgekühlt haben. Und auch die Banken selbst sind im Spiegel all dessen zögerlicher hinsichtlich ihrer branchenspezifischen Finanzierungstätigkeiten geworden. Doch wo gegenwärtig Mensch und Maschine Gebäude in die Höhe ziehen, gingen bereits Jahre der Vorbereitung und Planung voraus, sodass der erste Blick auf Deutschlands Immobilienwelt durchaus rege Bautätigkeiten offenbart, viele dieser Projekte sich jetzt jedoch mit einer Situation konfrontiert sehen, die so initial gewiss nicht eingeplant war. Kann ein zweiter Blick hier nun helfen und Quartiers- sowie Projektentwicklungen „zurück auf die Strecke“ zu mehr Wirtschaftlichkeit bzw. attraktiverer Finanzierbarkeit führen? Durchaus – Stichwort Reprogramming.

Konkret ist damit die Reaktivierung stockender oder aktuell nicht mehr realisierbarer Vorhaben durch die Implementierung neuer Nutzungsbausteine gemeint, die aufgrund ihres betreiber- und bedarfsorientierten Charakters bessere Marktchancen  und Finanzierungsfähigkeit aufweisen. Reine wohnwirtschaftlich geprägte Quartiers- oder Projektenwicklungen benötigen ergänzende ertragssichernde Nutzungsbausteine wie beispielsweise Bildungseinrichtungen, soziale und öffentliche Nutzungen und neue Typologien des Wohnens und Arbeitens. Dies sind nur exemplarische Optionen, die zeigen, dass Mixed-Use nicht nur ein Trendwort, sondern fester Bestandteil realer Konzepte sein sollte.

Parallel dazu empfiehlt es sich auch immer, die aktuelle Förderkulisse im Blick zu behalten. Wenn schließlich nachhaltige, ESG-konforme Parameter neu in das Projekt einfließen, lassen sich gegebenenfalls wirtschaftliche Finanzierungs- und Realisierungsperspektiven aufzeigen.

Es steht außer Frage, dass Überlegungen wie diese leichter kommuniziert als umgesetzt sind – vor allem, wenn Ressourcen knapp und Spielräume eng bemessen sind. Doch solange es sie gibt und die Herausforderungen in der Projektentwicklung sowie der Umsetzung eher mehr als weniger werden, lohnt sich da nicht eigentlich immer der zweite Blick? Die Antwort liegt auf der Hand.

Der Autor
Andreas Fuchs
Geschäftsführer Projekte & Entwicklung, Robert C. Spies GmbH & Co. KG

Das Event zum Thema

Dienstag, 11. Juli - Mittwoch, 12. Juli 2023
Immobilien-Dialog Hamburg
Hamburg