Das Stuttgarter Schlossgarten-Quartier und seine Revitalisierung

ReThink. ReUse. ReVive

Digitalisierung und ein neues Konsumverhalten haben die Stadtnutzung verändert. Das Schlossgarten-Quartier ist ein Beispiel für diesen Wandel – und zugleich dafür, was mit neuen, kreativen Konzepten möglich ist.

Christian Sailer 1. Juni 2023

ReThink.
Das Gebäudeensemble Königstraße 1-3 und Schillerstraße 23 ist in den 1960er-Jahren entstanden und entspricht in weiten Teilen weder den heutigen Anforderungen in Sachen Brandschutz, Schallschutz etc. noch den aktuellen Nutzungsanforderungen, wie sie zum Beispiel für das ehemalige Kaufhaus ausgereicht haben. Das Areal ist aber repräsentatives Entrée zur City und ein wichtiger Baustein im Stuttgarter Stadtbild. Damit dieses in die Jahre gekommene Quartier seiner prominenten Lage bald wieder gerecht wird, hat die LBBW Immobilien ihre ursprünglichen Pläne – Abriss und Neubau – überdacht und dabei neue Methoden, Technologien und Denkansätze mit eingebunden. Das Ziel ist eine Revitalisierung des Areals durch hervorragende Gebäudearchitektur, die zugleich hochwertige Freiräume schafft.

Wie das geht? Zum Beispiel indem der Schlossgarten mit der Stadt verbunden wird. Dafür wird die Überdachung der Theaterpassage rückgebaut, wodurch eine attraktive Verbindung zwischen Königstraße und dem Schlossgarten entsteht. Die Idee dahinter: Offenheit und Transparenz zwischen den verschiedenen Bereichen zu schaffen, sodass sich in einem durchlässigen, großzügigen „Quartier ohne Rückseiten“ städtisches Leben wieder flexibel entfalten kann.

Zur Unterstützung auf dem Weg dahin hat sich die Bauherrin mit der „Baukommission Schlossgarten-Quartier Stuttgart“ externe Expertise ins Boot geholt. Das interdisziplinär besetzte fünfköpfige Gremium ist Impuls- und Ideengeber mit frischem Blick von außen und berät zu Städtebau, Architektur, Landschaftsarchitektur, Nachhaltigkeit und Verfahrensfragen. Das Wissen und die Erfahrung dieses „Think Tanks“ war zum Beispiel beim Gestaltungswettbewerb für Fassade, Erdgeschoss und Freianlagen des Hotels am Schlossgarten gefragt. Auf Platz 1 wählte die Jury – zu der auch die Baukommission gehörte – aus den Einreichungen fünf renommierter Architekturbüros den Entwurf der Steimle Architekten, Stuttgart, in Kooperation mit den Landschaftsarchitekt:innen Planstatt Senner, Stuttgart. Geplant ist, den Bauantrag im zweiten Halbjahr 2023 einzureichen.

Frische Ideen holt sich die LBBW Immobilien auch beim kreativen Nachwuchs: Seit Mitte April läuft ein Ideenwettbewerb für Studierende des Instituts für öffentliche Bauten und Entwerfen der Universität Stuttgart. Dabei geht es um einen als Gastro- und Veranstaltungsort nutzbaren Pavillon, mit dem die aktuell wenig ansehnliche Zufahrt zur Tiefgarage vor dem Hotel am Schlossgarten aufgewertet werden soll. Mitte Juli treffen Konzepte und Entwürfe der Architektur-/Stadtplanungs-Youngsters auf die „alten Hasen“ der Baukommission, was eine spannende Auseinandersetzung zu werden verspricht.

ReUse.
Mit Nachhaltigkeit überzeugen: Ein wichtiger Teil des Revitalisierungsprojekts Schlossgarten-Quartier ist der größtmögliche Erhalt der Bausubstanz, Energieeffizienz und ressourcenschonendes Bauen. Dafür sollen Materialien aufbereitet, der Kreislaufwirtschaft zugeführt und wiederverwendet werden. Die LBBW Immobilien hat hierfür ein relativ junges Gewerk genutzt: das Materialmapping. Die Sachverständigen des Circular-Economy-Startups Concular haben dafür alle Baumaterialien der Königstraße 1 C und des Hotels am Schlossgarten auf ihre Wiederverwendbarkeit geprüft. Lange Inventarlisten belegen nun mit Materialpass, dass zahlreiche Bauteile bestens geeignet sind, in den Bau-Kreislauf zurückzukehren. Hierfür werden sie bundesweit über digitale Plattformen Architekten und Planern für deren Bauprojekte angeboten. So lässt sich eine Menge grauer Energie, Materialressourcen und damit letztlich CO2 einsparen.

Beim ReBuild der Gebäude setzt die Bauherrin zudem auf neueste Technik und konsequent nachhaltige und umweltfreundliche Materialien. Dämmung aus recycelten Materialien, energieeffiziente Fenster in Kombination mit einer intelligenten Gebäudesteuerung, der Einsatz von Photovoltaik-Anlagen und Solarthermie helfen, den Energieverbrauch und CO2-Ausstoß der Gebäude auf ein Minimum zu reduzieren. Begrünte Dachflächen unterstützen künftig die „grüne Lunge“ der Stadt und arbeiten mit an einem besseren Klima in Stuttgarts Stadtkessel.

Ziele der umfassenden Sanierung und Modernisierung des Gebäudeensembles sind eine Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) in Gold sowie den Status als KfW-Effizienzhaus.

ReVive.
Die Revitalisierung des Schlossgartenquartiers endet nicht an den Gebäudemauern, sondern beginnt weit vor dem eigentlichen Baubeginn: in der Planungs- und Vorbereitungsphase. Um das Quartier auch während der Projektentwicklung zu beleben, die angestrebte Offenheit und Transparenz bereits jetzt erlebbar zu machen und die Basis für das „schönste Stück Stuttgart“ zu legen, stellt die Bauherrin freie Flächen für verschiedene Interimsnutzungen zur Verfügung. Bevorzugt für Inhalte zu Architektur, Immobilien und Bau.

Den Auftakt machte von Juli bis Oktober 2022 die Ausstellung „100 Jahre Günter Behnisch – Bauen für eine offene Gesellschaft“ der Architektenkammer Baden-Württemberg, die in der Königstraße 1 C gezeigt wurde. Seit Oktober 2022 ist im ehemaligen Ticketcenter der Staatstheater die zentrale Anlauf- und Erstberatungsstelle für ukrainische Flüchtlinge in der Region Stuttgart untergebracht. Von Juni bis September 2023 zieht das „IBA’27-Festival“ in die Königstraße 1 C und präsentiert dort die für die Internationale Bauausstellung ausgewählten Projekte, verbunden mit einem umfangreichen Rahmenprogramm.

Innerhalb kürzester Zeit ist auch das geschlossene Hotel am Schlossgarten wieder zu einem „place to be“ geworden. Möglich gemacht hat es ein Café- und Bar-Betrieb, der im Erdgeschoss interimsweise eingezogen ist. Aufgrund der Beliebtheit des Treffs wird das Gastro-Angebot in den Sommermonaten auf den Außenbereich ausgedehnt. Dann ist auch im angrenzenden Schlossgarten zeitnah erlebbar, was die LBBW Immobilien mit ihrem Revitalisierungsprojekt erreichen möchte: eine lebendige Mischnutzung des Gebäudeensembles aus kleinen, mittleren und großen Läden, abwechslungsreicher Gastronomie sowie Büroflächen für Unternehmen und Co-Worker. Eben: ein schönes, lebenswertes Stück Stuttgart.

Über die Schlossgartenbau-AG
Schon seit 1921 vermietet und verwaltet die Schlossgartenbau-AG (SAG) ihren eigenen Grundbesitz. Heute verfügt sie über ein Mietflächenangebot von über 40.000 Quadratmeter. Diese bestehen aus Büro-, Handels-, Gastro-, Hotel- und Lagerflächen. Die SAG ist ein Unternehmen der LBBW Immobilien-Gruppe.

Über das Schlossgarten-Quartier
Das Schlossgarten-Quartier umfasst das Gebäude-Ensemble Königstraße 1-3 inklusive Theaterpassage sowie das Hotel am Schlossgarten. Auf diesem Areal – zwischen der heutigen Königstraße, der Marstallstraße, dem Oberen Schlossgarten und dem Arnulf-Klett-Platz – befand sich bis 1918 der königlich-württembergische Marstall.

Der Autor
Christian Sailer
Vorstand, Schlossgartenbau AG

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Montag, 10. Juli - Dienstag, 11. Juli 2023
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