04.05.2023
Christopher Raabe

Sowohl der Vermietungs- als auch der Investmentmarkt haben mit deutlichen Einbußen zu kämpfen.

Die Logistikmärkte starten verhalten ins Jahr 2023

Die bisher vergleichsweise krisenresistente Assetklasse Logistik muss mit rund 951 Mio. € Umsatz den schwächsten Jahresauftakt seit 2016 verkraften. Und auch auf dem Vermietungsmarkt wurde mit 1,25 Mio. m² das Vorjahresergebnis um 46 % verfehlt.

Der rapide Wandel auf den globalen Finanzmärkten in Kombination mit den aktuellen Unsicherheiten über die weitere Entwicklung auf den Nutzermärkten haben die Dynamik auf dem gewerblichen Investmentmarkt zu Jahresbeginn spürbar gedämpft. Auch die in jüngerer Vergangenheit vergleichsweise krisenresistente Assetklasse Logistik ist von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. Mit rund 951 Mio. € steht für den Logistik-Investmentmarkt der schwächste Jahresauftakt seit 2016 (818 Mio. €) zu Buche, womit das Rekordergebnis aus dem Vorjahr um rund 80 % und der langjährige Durchschnitt um 47 % unterschritten wurde.

Bemerkenswert ist jedoch, dass das aktuelle Resultat vollständig auf Einzeldeals fußt und ihr Volumen sich in etwa in ihrem langjährigen Durchschnitt bewegt. Dass allein mit Single-Deals fast die 1 Mrd. €-Marke erreicht wurde, spricht dafür, dass Käufer und Verkäufer auch in der aktuellen Phase weiterhin zueinander finden. Beide Seiten sondieren den Markt aktuell jedoch sehr viel stärker als noch in den Vorjahren, sodass Transaktionen entsprechend selektiver vollzogen werden. Das Fehlen an großen Portfoliotransaktionen macht sich auch in der Verteilung des Umsatzes auf die Größenklassen bemerkbar: So konnte mit dem Verkauf des Gewerbeparks Areal Böhler lediglich eine Transaktion im dreistelligen Millionenbereich verzeichnet werden. Mit einem Umsatzbeitrag von 390 Mio. € entfällt der größte Anteil aktuell auf Deals im Größensegment 50 bis 100 Mio. €.

Die Verteilung des Investmentvolumens auf die Käufergruppen wird wie in den Vorjahren von Spezialfonds angeführt, die rund 30 % zum Ergebnis beitragen. Absolut gesehen entsprechen die aktuell registrierten 286 Mio. € jedoch einem Minus von 28 % gegenüber dem langjährigen Schnitt. An zweiter Stelle liegen derweil Projektentwickler, auf die 21,5 % des Umsatzes entfallen. Einen ebenfalls zweistelligen Umsatzanteil tragen mit gut 17 % zudem noch Investment/Asset Manager bei.

Nationale Investoren tragen mehr als die Hälfte bei

Die Verteilung des Investitionsvolumens nach Herkunft des Kapitals spiegelt aktuell in gewissem Maße das Fehlen von Portfoliotransaktionen wider. In den vergangenen Jahren haben ausländische Investoren häufig mittels großer Paketkäufe am Marktgeschehen partizipiert und entsprechend oftmals den Großteil des Investitionsvolumens beigesteuert. Im aktuellen Marktumfeld, das von Einzeltransaktionen geprägt ist, liegen jedoch inländische Investoren mit einem Umsatzanteil von gut 56 % in Front. Die aktivste internationale Käufergruppe waren im ersten Quartal nordamerikanische und europäische Investoren.

Perspektiven

Da für die kommenden Monate weitere Zinsschritte seitens der Notenbanken nicht auszuschließen sind, dürfte das Transaktionsgeschehen auf dem Logistik-Investmentmarkt auch im zweiten Quartal deutlich gehemmt sein. Ein nachhaltiger Abschluss der Preisfindungsphase und eine damit einhergehend wachsende Marktdynamik dürfte erst dann absehbar sein, wenn sich die Marktakteure sicher sind, dass der Zinsgipfel erreicht ist. Aus heutiger Perspektive erscheint es wahrscheinlich, dass dies im Laufe des zweiten Halbjahres geschehen wird. Sicher erscheint derweil bereits heute, dass am Jahresende ein Transaktionsvolumen weit unterhalb des langjährigen Durchschnitts (6,8 Mrd. €) zu Buche stehen wird.

Logistik-Vermietungsmarkt

Hier wurde das fulminante Rekordergebnis aus dem Vorjahr, in das nicht zuletzt der Tesla-Baustart in Grünheide bei Berlin mit 327.000 m² Fläche eingeflossen ist, erwartungsgemäß deutlich um knapp 46 % verfehlt. Auch im Langzeitvergleich fällt das aktuelle Ergebnis schwach aus, denn der 10-Jahresdurchschnitt wird mit fast 1,5 Mio. m² nicht erreicht (-16 %). Marktbestimmend bleibt das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage. Die weiterhin hohe Nachfrage spiegelt sich durch das fehlende Hallenangebot vielerorts nicht in entsprechenden Flächenumsätzen wider.

Verschiedene Faktoren sind für den vergleichsweise moderaten Start ins Jahr verantwortlich: Sicherlich hat die deutlich eingetrübte konjunkturelle Entwicklung in den Wintermonaten einen nicht unerheblichen Anteil am Zwischenergebnis. Einige Unternehmen zögern Entscheidungen gerade bei großflächigen Anmietungen zunächst hinaus, um die weitere Entwicklung abzuwarten. Durch das spürbar gestiegene Mietpreisniveau beobachten wir darüber hinaus, dass Nutzer verstärkt Optionen ziehen und auslaufende Mietverträge möglichst verlängern, wodurch weniger Bewegung im Markt ist. Parallel spielt die angespannte Situation auf der Angebotsseite eine größere Rolle denn je. In den großen Agglomerationen, aber auch zunehmend in peripheren Lagen, stehen immer weniger adäquate Flächen zur Verfügung, wozu nicht zuletzt die hohen Flächenumsätze in den vergangenen Jahren wesentlich beigetragen haben.

Weniger Großabschlüsse in den bedeutenden Logistikmärkten

Auch die großen Logistikregionen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig und München sind überwiegend moderat in das Jahr gestartet. Mit einem Flächenumsatz von zusammen 398.000 m² bleiben sie 30 % unter dem zehnjährigen Durchschnitt. Vor allem das Ausbleiben von Großabschlüssen wirkt sich sehr stark auf die Bilanz der ersten drei Monate aus. Das Gros des Flächenumsatzes wurde mit Abschlüssen bis 12.000 m² generiert. Während Hamburg mit 88.000 m² den höchsten Flächenumsatz unter den großen Logistik-Hubs vorzuweisen hat (-30 %), bleiben Berlin (55.000 m², -89 %), Frankfurt (44.000 m², -6 %), Leipzig (44.000 m², -51 %), und Köln (30.000 m², -70 %) unter ihren Vorjahres- und auch Durchschnittswerten. Lediglich in München konnte mit Siemens Mobility ein Mietvertrag jenseits der 20.000 m²-Marke registriert werden. Dieser hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass die bayerische Landeshauptstadt mit 70.000 m² ein Rekordergebnis erzielt, das 37 % über dem Vorjahresresultat liegt. Auch Düsseldorf erreicht durch größere Abschlüsse das beste Ergebnis der letzten zehn Jahre (67.000 m², +24 %).

Steigende Marktdynamik im weiteren Jahresverlauf

Mit dem Beginn des Frühjahrs hellen sich auch die Aussichten für die deutsche Wirtschaft auf, und die führenden Institute gehen mittlerweile alle von einem, wenn auch moderaten, so doch positiven BIP-Wachstum für das Gesamtjahr aus. Die Gefahr einer Rezession scheint gebannt, die Lieferketten funktionieren spürbar besser als im vergangenen Jahr, und die chinesischen Märkte sind wieder geöffnet. Im Windschatten einer wieder Fahrt aufnehmenden deutschen Wirtschaft dürfte auch die Marktdynamik auf den Logistikmärkten steigen. In welchem Umfang ein Anstieg der Flächennachfrage dann auch zu höheren Flächenumsätzen führt, ist vorerst nicht final zu beantworten, da Vertragsverlängerungen weiterhin eine attraktive Option für viele Mieter bleiben dürften. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit werden wir aber insbesondere in der zweiten Jahreshälfte wieder ein Anziehen der Umsätze registrieren, sodass der Druck auf die Mietniveaus auch vor dem Hintergrund weiterhin hoher Baukosten bestehen bleiben dürfte.

Der Autor
Christopher Raabe
Geschäftsführer und Head of Logistics & Industrial
BNP Paribas Real Estate GmbH