Heuer Dialog: Fakt ist: Wir alle müssen aktiv werden. Was bedeutet Ihnen Nachhaltigkeitpersönlich?
Schuster: Sie haben Recht. Wir haben auf der Erde in sehr vielen Bereichen endliche Ressourcen und müssen damit bedacht und sparsam umgehen. Für mich ist Nachhaltigkeit ein Gleichklang aus ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten. Wir Menschen und auch wir als Unternehmen sollten die Rohstoffe ressourcenschonend einsetzten. Wir haben nur eine Erde.
HD : Welche Konzepte hat FIEGE (Real Estate)?
Schuster: Unser Familienunternehmen setzt auf eine grüne Zukunft – auch im Baugewerbe. Wir beziehen in unserer Nachhaltigkeitsstrategie die 3 P ́s – People, Planet, Partners – ein. Für die Entwicklung zukunftsfähiger Immobilien denken wir nachhaltig und legen viel Wert auf Qualitätsstandards wie DGNB, LEED, und WELL Building. Ein Beispiel dafür ist unsere vor kurzem fertiggestellte Logistikimmobilie in Barleben. Dort haben wir unter anderem mit Fassadenbegrünung, eine Holzfassade und PV-Anlagen für den Eigenbedarf sowie der Einspeisung ins öffentliche Stromnetz gearbeitet. Zudem ist das Gebäude Well-being-zertifiziert.
HD : Können Sie noch konkretere Maßnahmen nennen, mit denen Sie Ihre Erfolge erzielen?
Schuster: Ein wichtiger Punkt ist, dass wir als FIEGE Gruppe nicht nur neue Logistikzentren errichten, sondern auch einen Fokus auf die Modernisierung unserer Bestandsgebäude legen, um diese auf den neusten Stand der Technik zu bringen. Wir haben eine hohe Transparenz durch detailliertes Monitoring und minimieren so den Strom- und Gasverbrauch in unseren Immobilien. Durch eine kontinuierliche Verbesserung reduzieren wir unseren Energieverbrauch bis 2026 um 20 Prozent. Wir achten auf eine hocheffiziente Beleuchtung mit einer intelligenten Steuerung. In diesem Bereich haben wir bereits 1,4 Millionen Quadratmeter Logistikfläche auf LED umgerüstet. Unseren Strom beziehen wir aus erneuerbaren Energieanlagen in Europa, wodurch wir unsere CO2-Emissionen bereits um 12.000 Tonnen CO2e jährlich reduziert haben. Zudem haben wir schon über 100 PKW-Ladepunkte installiert und beginnen aktuell mit dem Aufbau einer E-LKW-Flotte inklusive entsprechender Ladestationen.
HD : Auf welche erneuerbaren Energien setzen Sie denn den größten Fokus?
Schuster: Unser größter Fokus liegt aktuell auf der Installation von Photovoltaik auf den Dächern unserer Logistikimmobilien. Wo, wenn nicht im Logistikbereich, hat man so viel Fläche, die man mit Hilfe von Photovoltaik optimal und effizient nutzen sollte. Wir haben bereits über 350.000 Quadratmeter Photovoltaikfläche auf unseren FIEGE Dächern installiert. Das entspricht einer Stromproduktion für rund 10.000 Haushalte. Ein anderes Beispiel ist, dass wir in Barleben hocheffiziente Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen einsetzen. Sie werden mit selbst erzeugtem Solar-
HD : Nachhaltigkeit ist für Unternehmen auch mit Kosten verbunden. Warum haben Sie den auf den ersten Blick hohen Aufwand trotzdem auf sich genommen?
Schuster: Wir sind der Meinung, dass wir als Unternehmen viel Verantwortung für unsere Umwelt und die Gesellschaft tragen. Unser langfristiges Ziel ist es, unser Familienunternehmen gesund und klimaneutral an die nächste Generation zu übergeben. Somit ist das Thema Nachhaltigkeit fest in unserer Unternehmensstrategie verankert. Auf der anderen Seite hat Nachhaltigkeit nicht nur etwas mit Kosten zu tun, sondern auch mit Erträgen. Der erste Aspekt ist, dass wir durch die Optimierungen die Verbräuche der Standorte reduzieren, womit nicht nur Kosten, sondern auch Emissionen und Ressourcen gespart werden. Nachhaltigkeit ist in diesem Fall auch wirtschaftlich. Der andere Aspekt ist der, dass Immobilien, die mit einem sehr hohen Standard gebaut werden, auch langfristig gesehen einen hohen Wert haben und auf dem Immobilienmarkt attraktiver sind, gerade auch im Hinblick auf Mieter und Nutzer. Dies führt zu einer Steigerung von Kapitalwert und Miete.
HD : Wo sehen Sie die größten Risiken für Unternehmen, die das Thema Nachhaltigkeit bisher noch nicht auf der Agenda haben?
Schuster: Der Bedarf nach echter Nachhaltigkeit ist akuter denn je. Ich bin mir sicher, dass es in Zukunft mehr Regularien geben wird, nach denen Unternehmen ihre Aktivitäten in ökologischer und sozialer Hinsicht offenlegen müssen. Zukünftig wird der Zugang zum Kapitalmarkt für Unternehmen immer stärker von ihrer ESG-Performance abhängen. Ein weiterer Grund ist, dass sich immer mehr Kunden klare Klimaziele setzen– auch wegen des Pariser Klimaabkommens. Um Klimaziele zu erreichen, müssen die Unternehmen Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette übernehmen. Dementsprechend werden Unternehmen, die nicht nachhaltig handeln, perspektivisch an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Und darüber hinaus verhilft eine grüne Unternehmensphilosophie nebenbei auch zu einer besseren Mitarbeiterbindung.
HD : Was glauben Sie: Wie wird sich das Thema Nachhaltigkeit in der Zukunftentwickeln?
Schuster: Das Thema Nachhaltigkeit wird immer mehr an Bedeutung gewinnen. Unternehmen stehen in der Pflicht, Verantwortung zu übernehmen – und das finde ich auch richtig so. Gesetzliche Regelungen werden verstärkt auf Nachhaltigkeit Bezug nehmen. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz mit besonderem Bezug auf Menschenrechte deckt zum Beispiel insbesondere den sozialen Aspekt entlang der gesamten Lieferkette ab. Und durch die Berichtspflicht steigt die Transparenz der Unternehmensaktivitäten. Viele Nachhaltigkeitsthemen werden immer lukrativer und einfacher umsetzbar. Außerdem wird es zukünftig schwieriger, sich am Markt durchzusetzen, ohne das Thema Nachhaltigkeit entsprechend mitzudenken und zu berücksichtigen. Die Effizienz nimmt stetig zu, beispielsweise ist heutzutage Photovoltaik deutlich produktiver als noch vor fünf oder zehn Jahren – und auch der Return on Investment verkürzt sich.
HD : Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr Schuster.
Das Interview führte Jana Mielke.