Der Autor
Torsten SiebenGeschäftsstellenleiter Duisburg, GOLDBECK West GmbH
Heuer Dialog: Was versteht man genau unter einem Flow Warehouse?
Torsten Sieben: Bei einem Flow Warehouse handelt es sich um ein Logistikzentrum mit optimiertem Warenfluss, bei dem die Ware „im Flow“ direkt zum Endkunden gelangen soll. Das Flow Warehouse, das GOLDBECK als Generalunternehmen für Maersk in Duisburg-Walsum realisiert, teilt sich in vier Units ein: drei Lagerbereiche, sogenannte „Warehouses“ mit je 10.000 Quadratmetern Fläche, sowie einen Crossdock-Bereich, in dem die Ware direkt umgeschlagen und verpackt wird. Anschließend geht sie an den Kunden.
HD: Wie vereinbaren Sie Klimaschutz und Biodiversität mit dem neuen Logistikzentrum?
Sieben: Wir realisieren das Projekt in elementierter Bauweise: Wesentliche Elemente werden industriell vorgefertigt, zur Baustelle geliefert und anschließend innerhalb kürzester Zeit vor Ort montiert. Diese Bauweise schont Ressourcen und vermeidet einen erheblichen Teil der üblicherweise anfallenden CO2-Emissionen. Darüber hinaus streben wir mit dem Gebäude eine BREEAM Excellent-Zertifizierung an. Die Zertifizierung wollen wir unter anderem durch eine besondere Gebäudedämmung, Wärmepumpen und eine Photovoltaikanlage von 1.700 kWp auf dem Dach erreichen. Zudem werden in Teilbereichen die Dächer, Fassaden und eine Schallschutzwand begrünt und Fledermaus- sowie Vogelbrutkästen an den Außenwänden angebracht.
HD: Welche Rolle spielt die Vorfertigung beim Bau? Hat sie auch Nachteile?
Sieben: Die industrielle Vorfertigung der Systembauteile reduziert gegenüber herkömmlichen Bauweisen den Ressourceneinsatz: Die Funktionalität bleibt gleich, doch die Materialersparnis ist signifikant. Je höher der Vorfertigungsgrad, desto höher außerdem Wirtschaftlichkeit und Geschwindigkeit des Projekts. Durch unsere Vorfertigung in eigenen Werken sind wir weitestgehend unabhängig von äußeren Einflüssen. Natürlich müssen bei dieser Bauweise einige Entscheidungen frühzeitiger getroffen werden als im konventionellen Bau. Mit einem breiten Portfolio an Visualisierungsmöglichkeiten vor Baubeginn begegnen wir diesem Umstand. Kunden können sich zum Beispiel bereits lange vor dem ersten Spatenstich per VR-Brille in einem digitalen Modell ihres neuen Gebäudes bewegen. Die frühzeitigen Entscheidungen sorgen dafür, dass Bauzeiten verkürzt werden – bei konstanter Qualität.
HD: Wird es in Zukunft mehr doppelstöckige Logistikhallen geben (Stichwort Flächenversiegelung)?
Sieben: Die Bundesregierung strebt bis zum Jahr 2050 den Übergang zur Flächenkreislaufwirtschaft, dem sogenannten Netto-Null-Ziel an. Das heißt: In Übereinstimmung mit dem Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa der Europäischen Kommission soll der Flächenverbrauch so weit reduziert werden, dass bis 2050 netto kein Land mehr verbraucht wird. Bauherren sind deswegen aufgefordert, Lösungen für erforderliche Neuerrichtungen und Erweiterungen ihrer gewerblichen Infrastruktur zu finden. Ein vielversprechender Ansatz, das Netto-Null-Ziel zu erreichen, sind mehrgeschossige Hallen.
Auf begrenzter Grundstücksgröße nutzen wir mit mehrgeschossigen Hallen Flächen maximal aus und sichern eine optimale Gebäudestruktur mit frei kombinierbaren Erschließungsmodulen: Je nach Lage, Bedarf und Nutzungszweck integrieren wir zum Beispiel Aufzüge, Hubtische, Krananlagen, Rampenlösungen oder Umfahrungen. So ermöglichen wir den Transport innerhalb der Halle oder die separate Erschließung von außen. Waren, Personen und Fahrzeuge gelangen dann bequem in die obere Ebene. Unsere Systemlösungen ermöglichen zudem eine Integration von Büroflächen und Sozialbereichen sowie eine Anpassung an die die Grundstücksverhältnisse und produktionsbedingte Gebäudegeometrie.
HD: Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr Sieben.
Das Interview führte Jana Mielke.