Der Autor
Steffen ErathHead of Innovation & Sustainability, Hansgrohe Group
Heuer Dialog: Warum genau sind die Innovationen in unseren Bädern, an denen Sie und Ihr Team tagtäglich arbeiten, so enorm wichtig für die Zukunft?
Steffen Erath: Weil wir eine Verantwortung tragen. 4,5% der bundesweiten CO2 Emissionen entstammen vom Badezimmer und bekanntlich ist das Badezimmer auch der größte Wasserverbraucher im Haushalt. Somit hat das Bad Einfluss auf die Wasser, Energie, Klima und Wohnbaukrise – 4 Krisen also die mit dem Bad zusammenhängen.
HD: Wie gravierend ist die Situation im Hinblick auf die Wasserversorgung in Deutschland und gibt es hierzu auch Studien aus Ihrem Unternehmen Hansgrohe?
SE: Jay Famiglietti hat kürzlich eine interessante Studie veröffentlich. Unter #UnserWasser steht die Dokumentation in der ARD Mediathek zur Verfügung. Seit dem Jahr 2000 hat Deutschland so viel Wasser verloren, wie der Bodensee umfasst. Wenn der Grundwasserspiegel sinkt, kann das ein Problem für unsere Trinkwasserversorgung werden. 70 Prozent des Wassers, das aus unseren Wasserhähnen fließt, kommt aus dem Grundwasser.
HD: Was genau bedeutet das im Detail für Städte und Gebäude und was kann jeder einzelne Mensch tun, um den eigenen Wasserverbrauch zu drosseln?
SE: Wir müssen zum einen unseren offensichtlichen Wasserverbrauch drosseln (Privater Konsum) von heute 123 l pro Person und Tag auf unter 100 l pro Person und Tag. Aber auch der virtuelle Wasserfußabdruck muss gesenkt werden. Der umfasst in Deutschland ca. 3.500 l Wasser pro Person und Tag. Das heißt das T-Shirt, welches wir tragen und die Nahrung, die wir zu uns nehmen, haben ebenfalls einen Wasserfußabdruck. Auch diesen gilt es zu senken.
HD: Sie arbeiten ja auch mit Hochdruck an Lösungen für Bäder, die den Wasserverbrauch reduzieren sollen. Welche Vorgehensweise nutzt Ihr Team, um hier bedeutende Fortschritte zu machen?
SE: Wir entwickeln zurzeit eine neue Innovationsmethodik, die den Planeten in das Zentrum des Geschehens rückt. Planet Centered Innovation bedeutet, dass man mit einer planetaren Challenge das Innovationsvorhaben startet. Im Anschluss sucht man nach Lösungen, die sowohl nutzerzentriert sind als sich auch wirtschaftlich rechnen. Diese Weiterentwicklung der Innovationsmethodik hat als Resultat, dass nahezu alle Innovationen, die es durch den Prozess schaffen, im Kern nachhaltig sind. Das heißt wir innovieren für mehr Nachhaltigkeit.
HD: Was wünschen Sie sich für die Zukunft von Akteuren aus Politik und Wirtschaft im Hinblick auf die Erhöhung der Aufmerksamkeit auf das Thema der Wasserversorgung als Menschenrecht, auch unter dem Stichwort der UN Wasserkonferenz, an welcher Sie im März teilgenommen haben?
SE: Der erste Schritt zur Besserung ist die Selbsterkenntnis. Wir müssen das Thema Wasser, sowohl für den globalen Norden als auch für den globalen Süden, zum Prio-Thema machen. Der Wasserkreislauf ist für unseren Planeten wie der Blutkreislauf für uns Menschen. Gerät dieser Kreislauf außer Takt funktioniert vieles auf diesem Planeten nicht mehr. Auch für die wirtschaftliche Entwicklung ist Wasser elementar. Die Wertschätzung von Trinkwasser muss in der Wahrnehmung wieder deutlich steigen. Dazu braucht es ein Zusammenspiel von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
Heuer Dialog: Herr Erath, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Das Interview führte Alicia Racky.