Digitalisierung bringt Wirtschaft auf Nachhaltigkeitskurs

Smarter Weg zum Rohstofflager Immobilie

Digitale Technologie hilft der Bau- und Immobilienbranche dabei, Gebäude kreislauffähig und CO2-neutral zu planen und zu errichten. Insbesondere im Zusammenspiel mit BIM entfalten entsprechende Tools ihre Stärken – beim Neubau wie im Bestand.

Marcel Özer 14. April 2023

Im Kampf gegen den Klimawandel nimmt die Bau- und Immobilienwirtschaft eine Schlüsselrolle ein. Allein 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen entstehen dort und über ein Drittel davon emittiert die Baustoffindustrie bei der Herstellung ihrer Produkte. Noch gravierender sieht es bei elementaren Ressourcen wie Wasser oder Sand aus. Über die Hälfte des globalen Verbrauchs entfallen hier auf die Branche.

Angesichts dessen ist ein umfassender Lösungsansatz nötig: einerseits brauchen wir schnell eine grundlegende Dekarbonisierung sämtlicher Prozesse in unserer Branche. Gleichzeitig müssen wir eine echte Kreislaufwirtschaft aufbauen, beispielsweise im Sinne des Cradle to Cradle®-Gedankens (C2C).

Die gute Nachricht: Eine Skalierung dafür notwendiger Vorgänge ist bereits im Gange. Dieses Hochfahren lässt sich indes nur über die Digitalisierung meistern – da sich nur so die notwendigen Datenmengen gewinnen, sinnvoll verknüpfen und zu nutzbaren Informationen weiterverarbeiten lassen.

Auch tut sich auf diesem Feld bereits sehr viel, weil beide Ansätze (Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft) schon heute sämtliche Projekte und Akteure betreffen. Der Ansatz: Bauprojekte dürfen heute deutlich weniger CO2-Emissionen über den Lebenszyklus emittieren als früher. Zudem müssen sie von Beginn an als Rohstoffdepots innerhalb geschlossener Stoffkreisläufe geplant werden. Das aber heißt, dass die Architektur vom Start weg deren künftigen Umbau berücksichtigen muss.

Mit BIM&More-PlugIn Neubau und Bestand im Fokus

Dabei geht es stets um die Branche als Ganzes, also um Sanierungen und Modernisierungen des Bestands sowie um Neubauprojekte. Die beiden Unternehmen EPEA – Part of Drees & Sommer und Die Werkbank bieten in Kollaboration mit dem BIM&More-PlugIn für beide Segmente eine Lösung an. Mit dem Tool können Eigentümer und Architekten in einem ersten Schritt kritische Wissenslücken schließen. Denn heute weiß kaum jemand, wie hoch der CO2-Fussabdruck eines Gebäudes ist oder wie es um dessen Kreislauffähigkeit steht.

Das BIM&More-PlugIn bietet Planenden die Möglichkeit, Gebäudeentwürfe bis zur Fertigstellung durchgängig nach dem C2C-Prinzip zu bewerten und zu optimieren. Auch die Bauprodukte der Hersteller finden dabei Eingang, wodurch das Innovationspotenzial der Bauindustrie mit integriert wird. Es zeigt sich, dass digitale Technologie Innovationen auf anderen Wirtschaftsfeldern – wie hier bei den Baustoffen – beschleunigt und ihnen hilft, im Markt Fuß zu fassen.

Ökobilanzen und Infos zur Kreislauffähigkeit auf Knopfdruck

Die digitale Lösung unterstützt gezielt den Workflow von Architekten und Planern – etwa indem es erstmals auf Knopfdruck Ökobilanzen und die Kreislauffähigkeit der Entwürfe quantifiziert. Damit erhalten Architekten von Anfang an bis zur Fertigstellung die relevanten ökologischen Informationen.

Mit Architekten und Fachplanern ist das gesamte Planungsteam in den Planungsprozess involviert. Gleiches gilt für Bauherren, die entsprechende ESG-Ziele verfassen und diese über ein Dashboard live verfolgen können.

Ansatz des Digital Twin sichert Informationen

Der Vorteil des Tools gegenüber anderen Lösungen liegt im Digital-Twin-Ansatz: Alle Arbeiten in und mit dem Tool finden parallel in der nativen BIM-Umgebung sowie direkt im CAD-System des Architekten statt. Dadurch gehen keine Informationen verloren – ein Problem, das zum Beispiel aus IFC-Austauschprozessen leidlich bekannt ist. Im Kern geht es darum, die ökologische Qualität der Planung auf ein neues Level zu heben. Denn: Dekarbonisierte und kreislauffähige Gebäude konzipiert man dort – und nicht in der Ausschreibung.

Für das BIM&More-PlugIn liefert EPEA den aufbereiteten Umweltdatensatz sowie einen umfangreichen Bauteilkatalog. Damit kann jeder Planer und jede Planerin ohne Vorkenntnisse die ökologische Qualität ermitteln. Sollten neue Materialien und Konstruktionen zum Einsatz kommen, gibt es sowohl Unterstützung für die Software wie auch bei inhaltlichen Fragen.

Eine weitere Stärke des Ansatzes ergibt sich aus der Zusammenarbeit mit Madaster. Als Online-Material-Kataster stellt Madaster nicht nur Informationen über die Herkunft und Qualität von Bauprodukten zur Verfügung, sondern bietet auch eine digitale Grundlage für die Ermittlung von material- und gebäudespezifischen Kennzahlen. Rohstoffwerte werden dadurch transparent und die Immobilien zu Rohstoffdepots.

Das BIM&More-PlugIn ist seit Ende April 2023 in der Version 1.0 verfügbar. Neue Nutzer:innen starten zunächst mit einer zweimonatigen Testphase. Feedback arbeitet EPEA kontinuierlich in das Tool ein – und wird voraussichtlich gegen Ende des zweiten Quartals 2023 bereits die nächste Version starten.

Weitere Informationen zum BIM&More-PlugIn von EPEA erhalten Sie hier.

Der Autor
Marcel Özer
Head of EPEA Real Estate, Part of Drees & Sommer

Das Event zum Thema

Montag, 22. Mai - Dienstag, 23. Mai 2023
Jahreskongress Cradle to Cradle
Düsseldorf