Der Autor
Florian HenleGeschäftsführer, Polarstern GmbH
Die Integration erneuerbarer Energien in die Energieversorgung von Gebäuden und für die Menschen vor Ort ist damit ganz klar der Weg in die energie- und klimabewusste Zukunft.
Zwischen Wunsch, Ziel und Wirklichkeit liegt jedoch noch ein weiter Weg. Die PV-Installationszahlen der Bundesnetzagentur zeigen, dass 2022 vor allem Anlagen bis 30 kWp sowie über 750 kWp zugebaut wurden. Gerade PV-Anlagen zwischen 30 und 750 kWp, die typischerweise auf großen Gebäuden installiert werden, fehlen. Im Vorjahresvergleich wurde in diesem Bereich sogar weniger zugebaut.
Um dieses Mieterstrom-Potenzial zu entfalten, müssen im Wohnungsbau, genauso wie in der dezentralen Energieversorgung Bau- und Genehmigungsvorschriften erleichtert werden. Bundesbauministerin Klara Geywitz erklärte: „Klimagerechtes Bauen ist heute keine Kann-Entscheidung mehr, sondern ein Muss. Wer heute baut wie früher, um Geld zu sparen, schadet dem Klima und seinem Geldbeutel durch horrende Nebenkosten.“ Und so steigen die Förderkriterien: Der Neubau muss dem Effizienzhausstandard 40 genügen. Fossile Heizsysteme wie Öl-, Gas- oder auch Pelletheizungen sind ausgeschlossen und wenn man das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude erfüllt, bekommt man einen höheren Kreditbetrag. Das Ziel ist groß und wichtig, ob jedoch die Mittel zur Förderung entsprechender Neubauten reichen, stellt die Immobilienwirtschaft infrage.
Die Energiepreiskrise befeuert das Interesse an der lokalen Solarstromversorgung.
Mieterstrom ist ein starkes Mittel für mehr bezahlbaren Wohnraum und mehr Klimaschutz von dem die Bewohner:innen direkt profitieren. Der Wunsch und das Ziel, mehr Mieterstrom umzusetzen sind stärker denn je, aber der Weg ist steinig. Es bremsen weniger die Gebäude selbst, vielmehr sind es die Gesetze, Regelungen, komplexen Prozesse sowie die Baukosten, welche durch strenge Vorschriften noch verschärft werden. Eine starke Förderung wäre die benötigte Stütze, um Klimaschutz und Wohnraumbedarf unter einen Hut zu bringen.
Eine faire Energiewende macht die auf dem Dach erzeugte Energie direkt für die Bewohner:innen nutzbar.
Wie umfassend die Chancen von Mieterstrom sind, zeigen Praxisbeispiele. Dabei gilt: Je integrierter Mieterstrom umgesetzt wird, umso größer sind die Vorteile für alle – für die Bewohner*innen, die Energiewende und das Klima. Durch die sektorübergreifende Wirkung sinken nicht nur die Strom-, sondern auch die Heiz- und Ladekosten und die Treibhausgasemissionen in den verschiedenen Bereichen gleich dazu.
In einem Mehrfamilienhaus in Berlin-Adlershof werden die Bewohner:innen schon heute mit der Energie aus einer Photovoltaikanlage auf dem Dach und von Wärmepumpen im Keller versorgt – und auch die E-Ladestationen auf dem Parkplatz erhalten die lokal erzeugte Solarenergie. Rund 184.000 kWh Solarstrom erzeugen die PV-Module im Jahr. Der Direktverbrauch der erzeugten Energie liegt bei etwa 80 Prozent. Insgesamt sinken durch Mieterstrom die CO2-Emissionen um jährlich 77 Tonnen.
In der Immobilienwirtschaft sind schnelle und preiswerte Lösungen gefragt, den Wohnbedarf zu decken. Auch hier zeigt sich, dass Modulbau und Mieterstrom Hand in Hand gehen, um die beiden drängenden Herausforderungen zu Wohnraumbedarf und Klimaschutz zu lösen. Die kurze Bauzeit im Modulbau und eine standardisierte, serielle Produktion der Bauelemente senken die Baukosten. Ergänzt mit Mieterstrom sinken auch die Stromkosten – und bei sektorenübergreifender Nutzung der Solarenergie immer öfter auch die Wärmekosten. Auf den Flachdächern von drei Punkthäusern sowie einem langgestreckten Riegelbau in Leipzig beispielsweise wurden insgesamt 96 Mietwohnungen errichtet, davon 50 sozial geförderte Wohnungen. Versorgt werden die Bewohner:innen mit Mieterstrom von Polarstern aus einer 85,09 kWp Photovoltaikanlage. Dank der Flachdachbauweise des Modulbaus ergibt sich vergleichsweise viel Platz für die Photovoltaikmodule. Nach aktuellen Prognosen deckt die PV-Anlage rund 29 Prozent des Strombedarfs der Haushalte.
Großes und steigendes Klimaschutz-Potenzial.
In der Mieterstrom-Planung gewinnen außerdem PV-Gründächer an Bedeutung. Sie steigern die Ausgangsleistung einer Photovoltaikanlage laut Studien um über acht Prozent. Positiv wirken hierbei der kühlende Effekt durch Transpiration und Verdunstung über die Pflanzen, ihre Fähigkeit zur Staubabsorption und die diffuse Reflexion des Sonnenlichts durch das Blattwerk.
Die Umsetzung der dezentralen Energieerzeugung hat wie die Beispiele und Entwicklungen zeigen, insgesamt einen großen Effekt auf Klima- und Ressourcenschutz. Neben der Energieeffizienz geht es um die Art und Weise der Energiegewinnung und -versorgung, sprich um Technologien und ihre sektorenübergreifende Vernetzung sowie um die verwendeten Materialien.