Der Autor
Gerald KlinckCEO, Cureus GmbH
Das Jahr 2022 hat die Situation für Entwickler, Betreiber und Bewohner von Pflegeheimen weiter verschärft: Gestiegene Kapitalkosten und hohe Preise für Energie und Baumaterialien sowie eine Knappheit beim Personal stellen die Branche vor Herausforderungen. In solchen Zeiten stellt sich die Frage, wie sich Pflegeimmobilien noch nachhaltig und wirtschaftlich entwickeln lassen und wie auf diese Weise dringend benötigte Pflegeplätze geschaffen werden können, die sich der durchschnittliche Bürger auch noch leisten kann.
Hinzu kommt der Umstand, dass in Deutschland zu wenig gebaut wird. Das zeigt eine bulwiengesa-Studie im Auftrag von Cureus aus dem Jahr 2021 deutlich: Sie kommt zu dem Schluss, dass bis 2040 bis zu 612.000 neue Pflegeplätze realisiert werden müssen. Diese Zahl berücksichtigt bereits, dass viele bestehende Pflegeplätze aufgrund überalterter Immobilien ersetzt werden müssen. Nur sanieren ist keine Option: 29 Prozent der Bestandsimmobilien sind mindestens 40 Jahre alt und entsprechen oftmals nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen.
Größtes Potenzial: stationäre Pflege
Um diesen enormen Bedarf zu decken, braucht es Unterstützung vonseiten der Politik. So müssen die Investitionskostensätze an die Realität angepasst werden, die Neubauförderung ist an sinnvolle ökologische Vorgaben zu knüpfen und der Regulierungsdschungel muss gelichtet werden. Nur dann wird die Privatwirtschaft einspringen und die Pflegelücke reduzieren, gegen die die öffentliche Hand kaum etwas unternimmt. Angesichts des demografischen Wandels führt kein Weg an stationärer Pflege vorbei. Die ambulante Pflege ist für schwer Pflegebedürftige keine optimale Lösung.
Systemansatz hilft der Branche aus dem Dilemma
Eine Lösungsidee für die Engpässe bei Pflegeplätzen und Personal liegt in einem Systemansatz. Dabei werden Pflegeimmobilien mithilfe konstant bleibender Partner, standardisierter Prozesse und einheitlicher Baustandards besonders effizient geplant und errichtet. Ein Neubau läuft dann trotz standortindividuellem architektonischem Auftritt identisch ab: egal ob Grundstückskauf, Baurechtschaffung, Bauabwicklung oder Übergabe. Vor allem Skaleneffekte ermöglichen eine Kostenersparnis, denn Materialien können für mehrere Projekte auf einmal eingekauft und für den Betrieb Wartungsverträge über mehrere Gebäude günstig geschlossen werden. Dank dieser Größenvorteile und mithilfe interner Baukompetenz lassen sich Preisvorteile für Entwickler und Betreiber erzielen und das Bauen auch unter den aktuellen Umständen absichern.
Die Standardisierung ermöglicht aber auch eine Zeitersparnis in der Planungs- und Bauphase. Projekte können mitunter sechs bis zwölf Monate schneller als üblich abgeschlossen werden. Von den Ersparnissen hinsichtlich Zeit und Geld profitieren auch Betreiber und Bewohner: Geringere Kosten für den Neubau bedeuten bei der Pflegefinanzierung in Deutschland auch geringere Kosten für Betreiber, wodurch ebenfalls Pflegeplätze für Bewohner günstiger werden. Das Personal hat zusätzlich etwas von dem Ansatz: Die in solch einer Immobilie angestellten Mitarbeiter profitieren von guten Arbeitsbedingungen, da es der konzeptionelle Teil des Systemansatzes ermöglicht, Pflegekräfte flächenoptimal einzusetzen und bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Auch bieten optimierte Grundrisse schnellere Wege und Personalschlüssel-konforme Raumbelegungen.
Standardisierung stützt auch Nachhaltigkeit
Der Systemansatz bringt auch in Sachen Nachhaltigkeit Vorteile. Ein wirtschaftlich effizienter Neubau sollte auch emissionseffizient sein und kann mit einem ausreichenden energetischen Standard nicht nur umwelt-, sondern auch kostenschonend betrieben werden. Was der Pflegesektor in sozialer Hinsicht leistet, liegt auf der Hand: Pflegeeinrichtungen sind wichtig für die soziale Infrastruktur Deutschlands. Dazu müssen sie möglichst gut angebunden und nicht zu weit von zentralen Lagen entfernt gelegen sein. Wenn dann das Restaurant und Veranstaltungen in der Einrichtung noch für die Öffentlichkeit zugänglich sind, können die Senioren sogar trotz stationärer Pflege noch am öffentlichen Leben teilhaben.