25.11.2022
Sebastian Schnejdar

Deutscher Immobilien-Investmentmarkt im Blickpunkt

Werden deutsche Immobilien zum Ladenhüter?

Die aus dem Ruder gelaufene Inflation und der globale Zinsanstieg belasten die Weltwirtschaft schwer. Dabei zeigt sich die deutsche Wirtschaft von dem rasanten Anstieg der Energiekosten besonders betroffen.

Dementsprechend wird laut BayernLB Research für 2022 nur noch ein Wirtschaftswachstum in Deutschland von 1,5% erwartet. Im Jahr 2023 rutscht die Wirtschaft dann endgültig in die Rezession mit einem – im europäischen Vergleich überdurchschnittlichen – Rückgang der Wirtschaftsleistung von -1,9%.

Nachdem sich über den Sommer die Erkenntnis am Markt durchgesetzt hat, dass die hohen Inflationsraten kein temporäres Phänomen darstellen und ein entschiedenes Vorgehen der Notenbanken von Nöten ist, stiegen die globalen Zinssätze in der Folge deutlich an. So notieren die sehr volatilen zehnjährigen deutschen Staatsanleihen – welche als Alternativanlage für Core-Büroimmobilien in den deutschen Metropolen gelten – Mitte November bei rund 2%. Diese Entwicklung, gepaart mit ebenfalls deutlich gestiegenen Kosten in der Refinanzierung und der eingetrübten Wirtschaftslage, belasten den Immobilienmarkt nachhaltig und lassen die Investorennachfrage gerade nach deutschen Immobilien derzeit deutlich zurückgehen.

So lag das Transaktionsvolumen in deutsche Gewerbeimmobilien laut RCA von Januar bis September 2022 mit rund 40,2 Milliarden Euro bereits um 24% unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Gerade die derzeit hohe Unsicherheit über die künftige Marktentwicklung wird auch im vierten Quartal zu einem weiteren Rückgang des Transaktionsvolumens am deutschen Immobilien-Investmentmarkt führen.

Fundamental zeigt sich allerdings besonders der deutsche Büroimmobilienmarkt mit steigenden Mieten und geringen Leerständen weiterhin solide aufgestellt. So zeigt sich laut vdp im dritten Quartal sogar ein deutlicher Anstieg der landesweiten Büromieten um 4,9% im Vergleich zum Vorjahresquartal, während die Büropreise im selben Zeitraum nur noch um 1,4% zulegen konnten und sich damit der seit Jahresanfang beobachtbare Trend hin zu sinkenden Preisen weiter fortsetzt.

(Siehe Abbildung oben, Büroimmobilien: Schere zwischen Preis- und Mietentwicklung beginnt sich zu schließen.)

Da – trotz allgemeiner Kaufzurückhaltung – die Nachfrage der Investoren nach modernen Core-Objekten in den Top-7-Städten weiterhin hoch ist, fiel der zinsbedingte Anstieg der Spitzenrenditen bis zur Jahresmitte 2022 nur moderat aus. Dennoch bleibt die Stimmung im Bürosegment laut Umfragen der Deutschen Hypo auch im November weiter deutlich eingetrübt.

Auch in der Hauptstadt Berlin zeigt sich dasselbe Bild. Während die Spitzenrenditen für Core-Büroimmobilien zur Jahresmitte 2022 laut PMA nur leicht auf 2,65% angestiegen sind, lagen die Spitzenmieten sogar leicht erhöht bei 40 Euro pro Quadratmeter und Monat. Auch der Büroleerstand ist in Berlin mit gerade einmal 4,1% im europäischen Vergleich äußerst niedrig.

Gerade das sehr knappe Angebot an Büroflächen in den deutschen Metropolen wirkt auf den Mietmarkt und damit auch auf die Preisentwicklung besonders für moderne Büroflächen mit Zertifizierung stabilisierend.

So betrug das Transaktionsvolumen mit Green Buildings 2021 laut BNP Paribas bereits 12,4 Milliarden. Euro, was einem Anteil von rund 26% am gesamten gewerblichen Transaktionsvolumen entsprach. Für grüne Büroimmobilien wurden damit bereits 38% des gesamten in deutsche Büros investierten Kapitals verwendet.

Auch im Jahr 2022 setzt sich der Trend weiter fort. Neben dem Interesse der Investoren, legen auch die Mieter selbst zunehmend hohe Ansprüche an die Energiebilanz ihrer Mietflächen an, um die selbst gesteckten Nachhaltigkeitsziele ihrer Unternehmung erreichen zu können. Gerade durch die derzeitige Energiekrise und dem damit verbundenen starken Anstieg der Heiz- und Bewirtschaftungskosten kommt diesen modernen Bürogebäuden eine besondere Bedeutung zu.

Unter dem Strich wird aufgrund der eingetrübten wirtschaftlichen Lage und des höheren Zinsniveaus in der Refinanzierung bereits im Jahr 2022 mit leicht sinkenden landesweiten Büropreisen gerechnet, welche im Jahr 2023 deutlicher in Moll gestimmt sein werden. Ein flächendeckender Einbruch der Gewerbe- und im Besonderen der Büroimmobilienpreise in Deutschland ist dagegen weiterhin nicht zu erwarten. Dementsprechend bleiben deutsche Gewerbeimmobilien aufgrund des knappen Angebots an modernen Büroflächen auch weiterhin im Fokus internationaler Investoren, auch wenn die Rekordergebnisse der vergangenen Jahre am Investmentmarkt nicht mehr erzielt werden dürften.

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Der Autor
Dr. Sebastian Schnejdar
Immobilienökonom
Bayerische Landesbank (BayernLB)