Der Autor
Bernhard SchmidtTeamverantwortlicher für Marktplanung und Gestaltung, Alnatura Produktions- und Handels GmbH
Heuer Dialog: Herr Schmidt, welche Besonderheiten bietet die neue Arbeitswelt von Alnatura in Darmstadt für seine Mitarbeiter?
Bernhard Schmidt: Schon in der Planungsphase waren wir bestrebt unseren neuen Arbeitsort von innen heraus zu entwickeln. Die verschiedenen Aufgabengebiete, die unterschiedlichen Arbeitsthemen und -weisen und nicht zuletzt die Bedürfnisse der Mitarbeitenden wurden analysiert und berücksichtigt. Die Architektur musste alle gestellten Erfordernisse erfüllen und so in ihrer Form der Funktionalität folgen. Die offene Struktur über alle drei Etagen unterstützt die interdisziplinäre Zusammenarbeit maximal. Neben den reinen Arbeitsplätzen laden Alkoven in unterschiedlichen Größen, die Teeküchenbereiche auf den Büroflächen sowie die vielen Sofa- und Loungesituationen zur Kommunikation ein. Gerne wird die Möglichkeit angenommen, bei passendem Wetter auch draußen auf der Terrasse zu arbeiten oder Besprechungen abzuhalten. Der schön angelegte Außenbereich lädt auch dazu ein eine Runde zu drehen und bei frischer Luft Themen zu bewegen. Auch freuen wir uns jeden Tag über die Möglichkeit im Restaurant tibits im Erdgeschoss unsere Mittagspause verbringen zu können. Ein leckeres vegetarisches Bio-Büffet lässt dabei keine Wünsche offen.
HD: Wieso haben Sie sich für eine Außenfassade mit Lehm entschieden und welche Vorteile ziehen Sie daraus?
Schmidt: Wir haben das Haus unter nachhaltigen Aspekten errichtet und betreiben es auch entsprechend, dafür haben wir die DGNB-Zertifizierung in Platin erhalten und den Nachhaltigkeitspreis Architektur 2020 gewonnen. Neben der Nachhaltigkeit in der Bauausführung ist der Umgang mit Energieressourcen ein wesentlicher Bestand eines nachhaltigen Betriebs. Die Lehmwand spielt dabei eine wichtige Rolle im Energiekonzept. Sie verhilft uns dazu, dass wir im Sommer ohne konventionelle Klimaanlage auskommen, denn tagsüber nutzen wir die „gespeicherte“ Kühle der Lehmwand, indem nachts die Wärmeenergie über die 19 Geothermie-Bohrungen ins Erdreich abgeführt wird und so die Lehmwand abkühlt. Im Winter nutzen wir die Geothermie, um die Lehmwand mittels Wärmepumpen thermisch zu aktivieren und das Gebäude damit zu heizen. Auch für Raumklima und Akustik stellt die Lehmwand das optimale Baumaterial für unsere Arbeitswelt dar.
HD: Welche Maßnahmen haben Sie getroffen, um ein klimaneutrales Gebäude zu erhalten?
Schmidt: Über die DGNB Zertifizierung wurde die ökologische Qualität des Hauses mit 111,7 von 120 möglichen Punkten bewertet. Dabei werden fünf Kriterien zur Berechnung herangezogen: Treibhauspotential (GWP), Ozonschichtabbaupotential (ODP), Ozonbildungspotential (POCP), Versauerungspotential (AP) und Überdüngungspotential (EP). Rund die Hälfte der 5,5 Hektar großen Campus-Freifläche fanden wir versiegelt vor mit einer ca. 30 cm dicken Betonschicht. Bis auf notwendige Parkplatzflächen (ca. 4000 m²) wurden die Flächen entsiegelt und renaturiert, teilweise wird nun sogar Öko-Landbau betrieben.
HD: Wenn Sie jetzt mit dem Bau Ihres Bürogebäudes beginnen würden, würden Sie etwas verändern?
Schmidt: Die Alnatura Arbeitswelt ist in jeglicher Hinsicht sehr gut gelungen: gutes Raumgefühl, funktionierende Haustechnik, perfekte Akustik, hohe Akzeptanz in der Arbeitsgemeinschaft, wirtschaftlich sparsam und sehr nachhaltig für die Erde. Es gibt tatsächlich nur wenige Themen die Optimierungspotential haben. Wir haben Besprechungsecken auf den Etagen die akustisch nicht genügend von den Büroflächen getrennt sind, das würden wir heute bestimmt besser lösen. Vielleicht würden wir auch in mehr Sensorik- und Regelungstechnik investieren – das Gebäude ist nämlich sehr komplex in der Steuerung, da hilft natürlich ein Mehr an digitaler Intelligenz.
HD: Herr Schmidt, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Das Interview führte Sarah Hille.