Der Autor
Dave GebauerRegionalleiter Region Nord-Ost, ENGIE Deutschland GmbH
Die asiatische Riesenhornisse und damit die größte Hornisse der Welt hat es nach Deutschland geschafft. Das hat mir kürzlich ein befreundeter Biologe erzählt. Keine Sorge, dies wird kein Artikel über Biodiversität. Aber dieser Fakt ist durchaus erwähnenswert, meine ich. Er mag zunächst nach einer Kleinigkeit klingen – und doch zeigt er deutlich, dass sich die Natur im Ungleichgewicht befindet. Der Klimawandel begünstigt solche Entwicklungen. Doch wir nehmen dies viel zu wenig zur Kenntnis, wir ergreifen nicht die notwendigen Gegenmaßnahmen. Wir wiegen uns in Sicherheit. Wir führen ein komfortables Leben, hier in Deutschland. Im Vergleich zu anderen Regionen der Erde geht es uns gut. Nun, aber wie lange wird dies noch der Fall sein? There is no planet B.
Endlich die Flughöhe wechseln
Seit der EXPO REAL vor wenigen Tagen beschäftigt mich dieses Thema besonders intensiv. Zweifelsohne waren es inspirierende Messetage mit erfolgreichen Gesprächen und interessanten Impulsen. Auch waren die Themen Klimaneutralität und ESG (Environmental Social Governance) in aller Munde und bildeten die Schwerpunkte in vielen Panels. Jedoch immer auf großer Flughöhe – viel Strategie und Konzeption, aber wenig bis überhaupt keine konkreten Umsetzungsbeispiele. Mein Eindruck war, dass die Branche hier im vergangenen Jahr keinen Schritt vorangekommen ist. Die Unternehmen stochern weiterhin im Nebel. Und das beunruhigt mich. Denn die Zeit drängt extrem. Die Klimauhr nähert sich Mitternacht. Aber das entsprechende Bewusstsein in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik fehlt nach wie vor. Und das ist ein enormes Problem.
Eine Frage der Kapazität
Natürlich, wir haben die Klimaschutzziele und das breite Commitment, das Minderungsziel beim CO2-Ausstoß bis 2030 erreichen zu wollen. Um das aber deutlich zu sagen: 2030, das ist eine enge Kiste. Insbesondere sehe ich eine riesige Herausforderung darin, dass die notwendigen Kapazitäten am Markt nicht ausreichen werden – sowohl bei der Manpower als auch bei den entsprechenden Materialien und Anlagen. Gleichzeitig wird der politische Druck auf die Immobilienwirtschaft deutlich steigen. Entsprechende Entwicklungen sehen wir schon heute in europäischen Nachbarländern. Großbritannien und die Niederlanden gelten als Vorreiter; dort sehen sich Immobilienbesitzer:innen Vermietungs- und Nutzungsverboten gegenüber, wenn ihre Gebäude nicht die geltenden Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Entsprechende Verschärfungen der Gesetze sind auch in Deutschland zu erwarten. Sie sind lediglich eine Frage der Zeit. So soll beispielsweise die sogenannte Bestandstransformation als Teil des klimapolitischen Großprojektes „Fit for 55“ der Europäischen Union kommen. Investor:innen werden dann gefordert sein, die Nachhaltigkeit ihrer Bestandsimmobilien im Detail nachzuweisen. Das dürfte eine Herausforderung werden, denn solche Informationen rücken damit zum ersten Mal überhaupt in den Fokus. Der Großteil der Immobilienwirtschaft steht wohl blank da, wenn es um Bestandstechnik, Materialien, Energie und Co. geht. Diese Daten werden viel zu wenig erfasst, obwohl sie die Basis für die nachhaltige Ausrichtung eines Gebäudes darstellen. Wer die Datenlage nicht kennt, steuert auf ein Problem zu.
Jeder Schritt zählt
Die gute Nachricht lautet: Es gibt Abhilfe. Schon heute existieren viele sinnvolle Ansätze und geeignete Technologien, die es nur zu nutzen gilt. Auf dieser Basis beraten und begleiten spezialisierte Dienstleister wie ENGIE Deutschland Unternehmen in ganz Deutschland bei entsprechenden Projekten. Eigens dafür hat das ENGIE-Team das Konzept „Fit for ESG“ entwickelt, bei dem wir Kund:innen zielgerichtet auf dem Weg in die Klimaneutralität unterstützen. Grundsätzlich bieten wir dafür vier Module an: Das erste Modul „Grundlagenermittlung“ richtet sich an alle, bei denen das Thema ESG noch in den Kinderschuhen steckt, und beinhaltet die Entwicklung einer individuellen Nachhaltigkeitsstrategie. Im zweiten Modul „Analyse und Planung“ erfolgt die Feinplanung mit einer Nachhaltigkeits-Roadmap, bevor sich im dritten Modul „Umsetzung“ die Einführung konkreter Maßnahmen anschließt. Das vierte Modul „Erfolg managen“ schließlich stellt den kontinuierlich effizienten Gebäudebetrieb in den Fokus. Letztgenanntes wird meiner Meinung nach in Zukunft der Kern für die erfolgreiche Dekarbonisierung einer Immobilie werden. Davon sind wir allerdings noch meilenweit entfernt. Die Mehrheit der Unternehmen befindet sich derzeit in der zweiten Phase „Analyse und Planung“. Jetzt sind alle Kräfte gefragt, um schnellstmöglich die nächsten Schritte anzupacken. Denn nun kommt es auf das Tempo an. Selbstverständlich kenne ich die Gegenargumente – die Regierung handelt selbst nicht konsequent, die Regulatorik ist undurchsichtig. Das mag auch alles stimmen. Doch die Marktwirtschaft funktioniert immer nach dem gleichen Schema „Angebot“ und „Nachfrage“. Derzeit passt dieses zwar noch. Doch wenn alle Unternehmen ihre Immobilien ab 2025 ESG-ready aufstellen wollen, dann wird es spätestens zu diesem Zeitpunkt teuer. Denn diese erhöhte Nachfrage wird dann nicht mehr vom Markt gedeckt werden können, da es weder die „Köpfe“ noch das Material dazu gibt. Umso mehr bin ich der Meinung, dass wir heute anfangen können. Selbst wenn wir mit Kleinigkeiten starten, zählt jeder Schritt und bringt uns voran. Die Umwelt wird es uns danken. Und der Minutenzeiger auf der Klimauhr hoffentlich wieder ein Stückchen zurück rücken.