Büros und Wohnungen gefragt, Handel unter Druck

Licht und Schatten am Immobilienstandort Dresden

Dresden hat sich zu einem gefragten Hochtechnologiestandort entwickelt. Davon profitiert auch der Immobilienmarkt, insbesondere in den Segmenten Wohnen und Büro. Das Marktumfeld mit Energiekrise und Inflation trübt nun die Aussichten ein.

Detlef Jäger 19. Oktober 2022

Dresden ist mit fast 560.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt in Ostdeutschland. Dank der hohen Lebensqualität und der Attraktivität als Wirtschaftsstandort konnte die sächsische Elbmetropole zuletzt ein kräftiges Bevölkerungswachstum mit einem Zehnjahresplus von 7 Prozent verzeichnen. Von herausragender Bedeutung sind dabei die Bereiche Bildung und Forschung. Die Hochschulen mit insgesamt fast 40.000 Studierenden und zahlreichen Forschungsinstituten schaffen nicht nur viele Arbeitsplätze, sie bilden zugleich das Fundament von Dresden als Hochtechnologiestandort. Im Mikroelektronik-Cluster sind rund 50.000 Menschen beschäftigt. Ein Drittel der in der EU hergestellten Mikrochips stammt aus der sächsischen Stadt.

Daneben tragen Automobilbau, Luftfahrt, Life Sciences, Nanotechnologie/Neue Werkstoffe sowie Maschinen- und Anlagenbau zur dynamischen Wirtschaftsentwicklung bei. Auch der öffentliche Dienst ist ein wichtiger Arbeitgeber in der Landeshauptstadt. Zudem hat sie sich mit ihren Kunstschätzen zum „Hotspot“ des Städtetourismus mit – vor der Pandemie – fast 5 Millionen Übernachtungen im Jahr entwickelt.

Die vormals hohe Arbeitslosigkeit gehört damit ebenso der Vergangenheit an, wie die aufgrund niedriger Wohnungsmieten günstigen Lebenshaltungskosten. Entsprechend hat sich auch der lokale Immobilienmarkt insbesondere in den Sektoren Büro und Wohnen positiv entwickelt. So erreichte der Büromarkt 2021 gar erstmals einen sechsstelligen Flächenumsatz. Hingegen setzte dem Einzelhandel zuletzt insbesondere die Corona-Pandemie zu.

 

Handel: Die ausbleibenden Touristen setzen dem Innenstadthandel zu

Hier bildet Dresden mit Berlin und Leipzig das Trio der führenden ostdeutschen Shopping-Standorte. Begünstigend ist das 1,3 Millionen Menschen umfassende Einzugsgebiet, wenngleich die Zentralitätskennziffer mit 112 Punkten nur moderat ausfällt. Konkurrenz besteht vor allem in Form peripherer Shopping-Standorte. Insgesamt ist die Barockstadt aber ein attraktiver Einzelhandelsstandort mit hoher Aufenthaltsqualität und einem breiten Retail- sowie Gastronomieangebot. Neben den drei 1A-Lagen – Prager Straße, Seestraße/Altmarkt und Neumarkt – sind zwei große Shopping-Center mit zusammen 100.000 Quadratmetern Verkaufsfläche vorhanden.

Durch die hohe Bedeutung des Tourismus litt der Innenstadthandel vergleichsweise stark unter den coronabedingt ausgebliebenen Gästen. Dennoch hielt sich der Rückgang der Spitzenmiete 2021 gegenüber dem Maximum mit 14 Prozent auf 95 Euro je Quadratmeter noch im Rahmen. Angesichts vieler leerstehender Geschäfte sind die Spuren der Herausforderungen im Einzelhandel in der City aber gut sichtbar. Die Ursachen gehen über E-Commerce und Pandemie hinaus. Ein nicht mehr zeitgemäßes Einzelhandelskonzept und die schwierige Parksituation stehen dem Innenstadthandel im Weg. Insofern verschwinden die Sorgen wohl auch dann nicht, wenn der Tourismus in alter Stärke zurückkehrt. Das ist in diesem Jahr noch nicht ganz der Fall: Im Mai und Juni erreichten die Übernachtungszahlen rund 85 Prozent des Niveaus von 2019. Trotz der sich abzeichnenden Erholung beim Tourismusgeschäft ist ein weiterer Mietrückgang wahrscheinlich.

 

Büro: Ausgeprägte Nachfrage verknappt das Flächenangebot

Ein anderes Bild zeichnet der Büromarkt: Dresden zählt mit zu den begehrtesten Bürostandorten Ostdeutschlands. Ein Großteil der Flächen wurde in den 1990er Jahren gebaut und der Bestand blieb in den vergangenen 20 Jahren weitgehend konstant.

Im Zuge der anhaltenden Nachfrage durch den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt bauten sich frühere Leerstände kontinuierlich auf eine Leerstandsquote von nur noch 3 Prozent ab. Obwohl die Bautätigkeit wieder anzog und der Flächenneuzugang im laufenden Jahr überdurchschnittlich hoch war, dürfte sich die Bedarfslücke nicht schließen. Denn die jüngsten weltwirtschaftlichen Entwicklungen sorgen auch in Dresden für eine Baukrise und somit werden moderne Büroflächen auf absehbare Zeit knapp bleiben.

Als Folge des ausgedünnten Flächenangebots zog die Spitzenmiete auch während der Pandemie weiter an. 2021 wurden 16,20 Euro je Quadratmeter erreicht. Das zehnjährige Mietplus fiel mit fast 50 Prozent überdurchschnittlich aus. Der Büroflächenumsatz lag durchgängig seit 2009 im Bereich von etwa 80.000 bis 95.000 Quadratmetern jährlich. 2021 konnte mit 110.000 Quadratmetern gar ein neuer Rekord erzielt werden und Dresden erreichte erstmals einen sechsstelligen Büroflächenumsatz. In der ersten Jahreshälfte 2022 setzte sich die lebhafte Büronachfrage fort. Mit Blick auf die wirtschaftliche Unsicherheit durch Energiekrise und Inflation dürften die unternehmensseitige Aktivität am Büromarkt aber zum Jahresende hin und auch im kommenden Jahr eher schwächer ausfallen.

 

Wohnen: Hoher Bedarf, aber auch kräftiger Neubau

Ähnliche Aussichten gelten für den Wohnungsmarkt, auf dem der Bedarf unverändert hoch ist. Denn Dresden ist seit 2011 kräftig gewachsen und hat seine Einwohnerzahl um fast 40.000 Menschen erhöht. Erfreulich ist, dass seit 2016 relativ hohe Fertigstellungszahlen im Wohnungsbau realisiert werden konnten, um der Nachfrage zu begegnen. Dazu trug auch die 2017 gegründete kommunale Wohnungsgesellschaft „Wohnen in Dresden“ bei. Mit den rund 22.000 Wohnungen, die binnen zehn Jahren entstanden, konnte der Wohnungsbedarf zumindest zu einem erheblichen Teil gedeckt werden. Der Erfolg spiegelt sich in der Mietentwicklung wider. Von 2016 bis 2021 legte die durchschnittliche Erstbezugsmiete um weniger als 20 Prozent zu. Allerdings hat die durchschnittliche Erstbezugsmiete mit 11,50 Euro je Quadratmeter (2021) bereits ein recht hohes Niveau erreicht.

Zwar sind weitere Neubauprojekte in Planung, so etwa das große private Bauprojekt „Stadtquartier am Blüherpark“ mit geplant 1.000 Wohnungen. Und auf Konversionsflächen im Dresdner Norden sollen im Stadtquartier Jägerstraße und im Wohnquartier Mariengärten sogar mehr als 1.000 Wohnungen entstehen. Mit Blick auf die aktuelle Baukrise dürften die Fertigstellungszahlen aber dennoch nachgeben, sodass bei unverändert hohem Zuzug die Anspannung am Dresdner Wohnungsmarkt zunehmen könnte. Der Spielraum für Mieterhöhungen dürfte von der bestehenden Diskrepanz aus Miethöhe und Einkommensniveau limitiert werden.

 

Robuste Entwicklung erwartet

Angesichts steigender Zinsen, zunehmender Inflation, hoher Energiepreise und weiterer Einflussfaktoren wie dem unverändert anhaltenden E-Commerce muss sich auch der Dresdener Immobilienmarkt auf herausforderndere Zeiten einstellen. Dank der guten Entwicklung der vergangenen Jahre und einem gesunden Verhältnis aus Einkommen, Wirtschaftskraft und Immobilienpreisen dürfte sich die Entwicklung in der Elbmetropole robuster zeigen als andere Standorte in Ostdeutschland.

Der Autor
Detlef Jäger
Regionaldirektor im DZ HYP Immobilienzentrum Berlin,

Das Event zum Thema

Donnerstag, 1.Dezember.2022
Immobilien-Dialog Dresden
Dresden