Der Autor
Dave GebauerRegionalleiter Region Nord-Ost, ENGIE Deutschland GmbH
Wir erleben es jeden Tag hautnah: Unser Arbeitsleben befindet sich im Wandel. Was in den vergangenen Jahrzehnten üblich war, verabschiedet sich in der Bürowelt von morgen. „New Work“ gehört zu den Megatrends unserer Zeit – und für Unternehmen ist es unumgänglich, sich damit zu beschäftigen, wie der Arbeitsplatz der Zukunft aussehen wird. Die Coronapandemie hat diesen Veränderungsprozess stark beschleunigt. Was zuvor unverstellbar war, ist heute unsere Realität. Wir haben gelernt, dass Homeoffice sehr wohl funktioniert und nicht die komplette Wirtschaft einbrechen lässt. Dass sich dieser Trend weiter verstärken wird, ist sicher. Denn spätestens mit der Generation Z drängen Arbeitskräfte auf den Markt, für die Flexibilität eine enorme Rolle spielt. Doch was bedeutet das konkret für Projektentwickler:innen und Betreiber:innen von Büroimmobilien?
Nur Daten kennen die Wahrheit
In erster Linie heißt das: „Kenne Dein Gebäude. Und kenne das Verhalten Deiner Nutzer:innen.“ Nun werden Sie mir vielleicht entgegnen: „Weiß ich alles. Wir haben das typische DiMiDo-Problem.“ Das glaube ich Ihnen. Denn aus vielen Kundengesprächen wissen mein Team und ich, dass Arbeit:nehmerinnen über alle Unternehmensgrößen und Wirtschaftsbranchen hinweg derzeit gerne dienstags, mittwochs und donnerstags ins Büro kommen – aber Montag und Freitag Homeoffice bevorzugen. Das ist natürlich eine große Herausforderung, die sich unmittelbar auf den Betrieb einer Büroimmobilie auswirkt. Deshalb möchte ich Ihnen gerne als Rückfrage stellen: „Wie gut kennen Sie Ihr Gebäude wirklich? Wie detailliert sind Ihre Kenntnisse zum Nutzerverhalten tatsächlich?“ Wenn es um das Abmieten oder das Reduzieren von Büroflächen geht, sind das weitreichende Entscheidungen. Meine Erfahrung zeigt jedoch, dass die wenigsten Unternehmen entsprechende Daten vollumfänglich erheben und analysieren; sie handeln oftmals nach Gefühl, nicht auf Basis von Fakten. Deshalb rate ich dringlich allen Eigentümer:innen und Immobilienbetreiber:innen, zunächst den Status quo realistisch zu erfassen – und Gebäudedaten idealerweise „live“ zu sammeln, zu strukturieren und aktuell zu halten, wo immer es geht.
Mehr Nachhaltigkeit in Büros erreichen
Diese Daten wiederum bilden eine verlässliche Entscheidungsgrundlage und helfen, sinnvoll zu planen. Beispielsweise im Hinblick auf das Facility Management und das Energiemanagement im Bürogebäude: Liegen die tatsächlichen Nutzungsdaten vor, können die Reinigungsprozesse und Sicherheitsvorkehrungen demzufolge angepasst werden – das spart Zeit und Geld. Gleiches gilt für die Optimierung von Energie und Strom. Dabei lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Denn die meisten Unternehmen sind zwar über ihre Verbräuche informiert, haben aber keine detaillierte Kenntnis über die entsprechenden Erzeuger. Auch das Thema Müll steckt noch in den Kinderschuhen. Stichwort Leichtverpackungen: Denkbar sind Kooperationen von Unternehmen mit lokalen Supermärkten, um Verpackungsmüll zu vermeiden und gleichzeitig ein leckeres, gesundes Mittagessen zu bieten, etwa durch Mehrwegboxen. Ähnliches gilt für den Wasserverbrauch. Bislang machte sich kaum ein Unternehmen dazu Gedanken. Allerdings wird es zunehmend wichtig, ein Bewusstsein für diese wertvolle Ressource zu schaffen und Wasser zu sparen – hier werden Unternehmen mit ihren Büroimmobilien gefordert sein. Zum einen schlicht deshalb, weil die Mitarbeiter:innen der Zukunft erwarten, dass Arbeitgeber:innen Verantwortung übernehmen und ihre Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren. Zum anderen aber auch, da der politische Druck steigt. Allen voran aufgrund der Environmental Social Governance (ESG)-Kriterien aus der EU-Taxonomie-Verordnung, infolge derer Nachhaltigkeitsberichterstattung zur Pflicht und zum verpflichtenden Bestandteil von Lageberichten und Reportings wird. Heißt für Unternehmen: Ihre Performance in puncto Umwelt (Environmental) wird künftig ebenso bewertet wie hinsichtlich Sozialem (Social) und Unternehmensführung (Governance). Erfüllen sie die Vorgaben nicht, kann das Geschäftsmodell in Gefahr sein. Da wir bei der Umsetzung dementsprechender Maßnahmen über lange Zeithorizonte sprechen, ist die Zeit zu handeln jetzt. Environmental, Social und Governance lassen sich nicht von heute auf morgen realisieren.
Die Zukunft ist flexibel
Diese Entwicklung haben wir bei ENGIE Deutschland erkannt – und setzen an unserem eigenen Standort in Berlin ein Konzept um, das diese vollumfänglich abbildet. Unseren Mitarbeiter:innen bietet die Immobilie eine sichere, komfortable und gesunde Arbeitsumgebung, gleichzeitig zeichnet sie sich durch geringen Energieverbrauch, hohe Effizienz und Emissionsarmut aus. So arbeiten seit 2020 erstmals rund 400 Kolleg:innen aus vormals diversen Berliner ENGIE-Standorten an einem einzigen Standort auf knapp 6.000 Quadratmetern. Dieser erstreckt sich über vier Etagen und ist hochmodern ausgestattet. Feste Arbeitsplätze gibt es nicht mehr, dafür ein innovatives Home-Base-Konzept. Zusätzlich stehen Rückzugsorte in Form von speziellen Boxen zur Verfügung. Das Herzstück ist die riesige Küche auf jeder Etage, die als Ort der Zusammenkunft fungiert. In den vergangenen Monaten haben dort viele spannende Begegnungen stattgefunden, die es andernfalls nie gegeben hätte. Insgesamt hat sich die Kommunikation dank der offenen Bürofläche stark intensiviert – sowohl innerhalb der Teams als auch bereichsübergreifend. Denn hier fühlen die Menschen sich wohl, sie stehen mit ihren Wünschen und Bedürfnissen im Fokus – und das spüren sie. Beispielsweise steht ein „Kinderzimmer“ zur Verfügung, das neben einem Schreibtisch mit verschiedenen Spielsachen aufwartet – ideal, sollte die Kita einmal kurzfristig geschlossen sein. In Planung ist derzeit der erste Gesundheitstag, der Impulse und Hilfestellungen rund um das Thema „Gesunder Geist – gesunder Körper“ beinhalten wird. Diese Aspekte zeigen: Bei „New Work“ geht es um weit mehr als die Flächengröße der Immobilie und flexible Bürokonzepte. Damit geht ein kultureller Wandel einher, der unaufhaltsam ist, aber einen Prozess darstellt, bei dem viele Unternehmen noch am Anfang stehen. Es gilt: Die Unternehmenskultur und die Bürofläche müssen zwingend harmonieren. Zentral ist dabei Nachhaltigkeit. Unternehmen, die heute beginnen, ihre Gebäudedaten zu sammeln und ihre Immobilie auf dieser Basis gezielt auszurichten, werden die attraktiven Arbeitgeber von morgen sein und letztendlich ihren Geschäftserfolg sichern. So helfen die richtigen Daten dabei, Unternehmen sicher für morgen aufzustellen.