Heuer Dialog: Sie lassen vermeintlich alte Bestandsimmobilien in neuem Glanz erstrahlen – woher kommt Ihre Leidenschaft dafür?
Dr. Philipp Feldmann: Jede Immobilie hat eine Seele. Sie wurde gebaut, um einen Nutzen zu stiften, und prägt ihre Umwelt. Es mag pathetisch klingen, aber ich finde es wichtig, sich mit ihrer Geschichte auseinandersetzen und die Immobilie einem neuen Zweck zuzuführen – natürlich auch, weil sie abzureißen profan und unökologisch ist. Hinzu kommt wohl, dass ich aus einem ‚Baumeisterhaushalt‘ mit einigen Architekten komme.
HD: Kunden wissen oft nicht, welche Flächen sie künftig brauchen. Wie holen Sie Ihre Kunden ab, um zukunftsgerichtete Büros mit langer Nutzung zu schaffen?
Herr Dr. Feldmann: Die Formulierung der eigenen Bedürfnisse ist sehr vielseitig. Den meisten Kunden fällt es schwer, alle Parameter auf den Punkt zu bringen. Ein Gespräch fängt zumeist damit an, dass wir Kunden erzählen lassen, was sie tun, was ihre Herausforderungen sind und wie sie auf die Zukunft schauen. Erst wenn wir das verstanden haben, gehen wir in einen Diskurs, in den wir unsere Expertise einbringen können, zusammen mit dem Kunden das Bild schärfen und darauf aufbauend Vorschläge erarbeiten. Die große Herausforderung ist nach unserer Erfahrung, das Eis zu brechen.
HD: Zurück zu den Gebäuden. Zuletzt sind Ansätze wie Urban Mining oder Kreislaufwirtschaft verstärkt in den Fokus gerückt. Welche Rolle spielt das bei Ihren Projekten?
Herr Dr. Feldmann: Ich wundere mich darüber ein bisschen, denn das ist ja nicht neu und funktioniert durch hippe Begriffe auch nicht besser. Ob wir es Kreislaufwirtschaft, Rückbau oder Recycling nennen – oberste Priorität sollte meiner Meinung nach der intelligente Umgang mit dem Bestand haben, wirtschaftlich und ökologisch. Daraus ergibt sich vieles zwangsläufig.
HD: Oft stehen Neubau und Bestand im Wettbewerb. Wie kann hier eine Symbiose entstehen?
Herr Dr. Feldmann: Wir brauchen Anreize, den Bestand wirklich anzupacken. Derzeit führen wir eine uralte Diskussion fort, ob denn nun Abriss und Neubau besser ist als die Bestandsentwicklung. Die Vorzüge von letzterem liegen für mich auf der Hand, aber es braucht eine Stellungnahme, vielleicht auch regulatorisch, die eine Grenze zieht, wann Abriss das Mittel der Wahl ist. Gleichzeitig müssen für die Bestandserhaltung Korridore geöffnet werden, etwa bei Themen wie Brandschutz oder ESG-Auflagen.
HD: Im Kinderfilm „Dumbo“ flüstert die kleine Maus Timothy dem Zirkusdirektor eine Idee ins Ohr, wie er den kleinen Elefanten mit den großen Ohren zum Star in der Manege machen kann. Welche Idee würden Sie gerne einmal mit einem langen Sprachrohr nach Berlin senden, um die Revitalisierung von Bestandsimmobilien mehr in den Fokus zu rücken?
Herr Dr. Feldmann: Mein Wunsch sind Anreize dafür, sich intelligent mit dem Bestand auseinanderzusetzen. Beispiel ESG: Bestandsimmobilien lassen sich häufig nicht so dämmen wie Neubau. Durch den Erhalt der Bausubstanz kann die Energiebilanz über die Lebenszeit hinweg betrachtet aber vergleichbar sein. Das gilt es zu würdigen und zu Ende zu denken. Ich würde das nicht nur an Berlin adressieren. Auch aus der kommunalen Bauleitplanung heraus sollte ein intelligenter Umgang mit dem Bestand unterstützt werden.