Der Autor
Dr. Tilo NemuthGeschäftsführer, Julius Berger International
1. Fundort: Bestand
Bestandsobjekte zu sanieren ist der naheliegendste Weg, um attraktive und energieeffiziente Immobilien zu schaffen. Ein Vorteil ist, dass Bauen im Bestand mit dem richtigen Know-how effizienter und kostengünstiger ist.
Darüber hinaus ist die Bestandssanierung die einzige Alternative zum Neubau, um die Ziele des Bundesklimaschutzgesetzes zu erreichen. Bestehende Bausubstanz zu nutzen, hat eine bessere Umweltbilanz als Abriss und Neubau. Denn in der bereits verbauten „grauen Energie“ aus Rohstoffgewinnung, Baustoffherstellung, Transport, Wartung und anderen Quellen, liegt ein enormes Einsparpotenzial an Treibhausgasen.
Es lohnt sich, den Markt intensiv zu analysieren, um potenzielle Objekte zu identifizieren. Mit der Fähigkeit, passenden Konzepte zu entwickeln und zu realisieren, bieten sich attraktive Chancen.
2. Fundort: Industriebrachen
Strukturwandel und wirtschaftliche Stagnation führen in vielen Regionen dazu, dass Industriebetriebe schließen. Zurück bleiben ungenutzte Flächen und Räume mit bereits erschlossener Infrastruktur in der Nähe von Ballungszentren. Das heißt: Beste Voraussetzungen für eine Nachnutzung durch andere Unternehmen.
Neben Herausforderungen wie Flächenaufbereitung, Sanierung und Verwaltungsprozesse, überwiegen die Vorteile deutlich: Die Revitalisierung ermöglicht wirtschaftlich erfolgreiche sowie ökologisch und sozial nachhaltige Projekte. Die unterschiedlichen Bedingungen jeder Industriebrache erfordern individuelle Konzepte, für die es die passenden technischen und planerischen Lösungen zu entwickeln gilt.
3. Fundort: Büroimmobilien
Das Büro lebt weiter. Trotz Pandemie und etabliertem Home-Office sowie Remote Working, blieb der große Leerstand von Büroflächen aus. Stattdessen entstehen neue Bürokonzepte, die gemeinschaftliches Arbeiten und sozialen Austausch in den Mittelpunkt stellen.
Dennoch birgt das Umwandeln von Büroimmobilien in Wohnraum großes Potenzial. Der Aufwand und die Kosten für den Umbau sind durch die baulichen Gegebenheiten zumeist geringer als ein Neubau. Hinzu kommt, dass die Lage in Ballungszentren mit knappem Wohnraum diese Projekte für Politik, Investor:innen und Mieter:innen attraktiv macht. Lösungen für bestehende Herausforderungen, wie bauliche Vorgaben oder Barrierefreiheit, gibt es bereits.
4. Fundort: Kreislaufwirtschaft
Vom genannten Bauen im Bestand über Recycling und Wiederverwendung von Baumaterialien bis hin zur Minimierung des ökologischen Fußabdrucks von Baufahrzeugen und Abfällen: Die Kreislaufwirtschaft ist für die Baubranche nicht nur ein Thema ökologischer Anforderungen – sie wird zum Wettbewerbsvorteil.
Wer jetzt in der Planung die gesamten Bauprozesse unter nachhaltigen Aspekten betrachtet, kann Kund:innen neue Lösungen und Dienstleistungen anbieten. Der Bedarf ist da und auch die Angst vor „Stranded Assets“. Denn Immobilien mit schlechter Energiebilanz laufen Gefahr, unverkäuflich zu werden oder zukünftig, wie bereits erste Vorschläge in den Niederlanden zeigten, ein Betriebsverbot zu erhalten.
Fazit: Goldnugget schürfen erfordert Innovationskraft.
Die hier vorgestellten Impulse zeigen, dass die Branche vor einem Wandel steht – und sich diesem stellen muss. Bauflächenmangel trifft auf ökologische Anforderungen und erzeugt einen Innovationsdruck, der neue Ansätze, Lösungen und Dienstleistungen erfordert. Dafür braucht es Know-how gepaart mit der Fähigkeit, sich flexibel und schnell anzupassen. Eine besondere Rolle können hierbei Kooperationen mit Start-ups aus dem Immobilien- und Bauwirtschaftsumfeld spielen, die als Innovationsturbo etablierte Unternehmen voranbringen können.