Die Autorin
Anett GregoriusGründerin und Inhaberin, Apartmentservice
Für das Serviced-Apartment-Segment bedeutet dies, in absehbarer Zeit in Richtung Vor-Pandemie-Niveau zu blicken und den Drive des moderneren und effizienteren Hospitality-Konzepts als Krisenantwort zu nutzen. Denn so historisch hoch die Verluste im Segment nach rund 20 Jahren Shooting-Star-Status in Deutschland waren, so vergleichsweise gering waren sie in Relation zu klassischen Hotelbetrieben.
Unsere im April veröffentlichten, primären Marktreport-Zahlen und Analysen für 2021 haben dahinter noch einmal ein deutliches Ausrufezeichen gesetzt. Die durchschnittliche Auslastung ist von 54 % im Corona-Ausbruchsjahr im letzten Jahr nun wieder auf 61 % angestiegen – während es in der klassischen Hotellerie 2021 nur 31 % blieben (MKG Hospitality/IHA). Erneut rangierte die Belegung der Serviced-Apartment-Betreiber konstant mindestens 20 Prozentpunkte über der der Hotels. Auch die durchschnittliche Tagesrate (ADR) konnte, laut unserem 11. Marktreport Serviced Apartments 2022, infolge wieder anwachsen. Und das ursprüngliche Verhältnis von Longstay zu Shortstay hat sich mittlerweile einigermaßen eingependelt – dies mehr bei den service-schlankeren Serviced Apartmenthäusern als beim Betriebstyp der Aparthotels. Letztere benötigen konzeptbedingt eine höhere Zahl an Kurzzeitaufenthalten, um lukrativ zu agieren.
Erneute Do-it-Stimmung im Markt
Die Krisenresistenz hat sich also mehr als gefestigt, und das gern genutzte Bild vom "Phönix aus der Asche" passt eigentlich schon länger nicht mehr. Denn der Sektor flog immer weiter, und seit letztem Jahr sogar wieder höher als nach der schnellen Erholung 2020. Auch das Transaktionsvolumen ist im Segment in Deutschland leicht überproportional zum gesamten Hotelmarkt angestiegen. Die Betreiberstimmung hat sich entsprechend wieder verbessert, sodass sogar in den Omikron-Monaten Januar und Februar 2022 mehr als 40 % der Teilnehmer unserer Betreiberumfrage eine positive oder sehr positive Marktentwicklung in Deutschland sahen. Die Zahl der negativen und sehr negativen Einschätzungen hat sich innerhalb der letzten zwölf Monate halbiert.
Für die nächsten Wochen und Monate blickt die Betreiber-Mehrzahl auf einen hohen Anfrage- und Vorausbuchungsstand mit vor-corona-üblichen Auslastungen von über 90 % bei Serviced-Apartmenthäusern. Zugleich wächst das Segmentangebot in Deutschland nach unseren Erhebungen mit 37 % in der Pipeline bis Ende 2024 auf über 50.000 Serviced-Apartment-Einheiten immer noch stark. Die Treiber werden immer vielfältiger: Neue Investoren, Entwickler und Betreiber, vor allem aus der extrem gebeutelten Hotellerie, wollen die Vorteile des gefragteren Wohnkonzepts, schlankeren Betriebskonzepts mitsamt umfassender Digitalisierungsangebote und hoher Exitfähigkeit nutzen. Serviced-Apartment-Akteure wiederum, von denen seit langem viele aus anderen Branchen in das Segment kommen, haben in den letzten Monaten auch Übernahmen und Konversionen von Hotelgebäuden zu einer festen Wachstumssäule entwickelt.
Die Welten mischen sich noch mehr, indem neuere, vor allem hochdigitalisierte Apartmentkonzepte, mit Longstay-Ausstattung erfolgreich auch im hochpreisigen Hotel-Shortstay fischen. Spannend! Andere hebeln derzeit das klassische Serviced-Apartment-Konzept mit inkludierter Küche aus und glauben u.a. an Gemeinschaftsküchen in den Etagen. Schwierig, weil sich avisierte Kostensenkungen hier noch rechnen müssen.
Aber wie gesagt: Das Apartment-Konzept hat sich fest etabliert und bleibt mit hoher Dynamik. Temporäre Wohnkonzepte sind für die Städte von morgen relevanter denn je geworden und bergen hohe Chancen für angemessene Antworten auf die Wohn- und Arbeitsbedürfnisse von morgen. Dafür müssen wir als Akteure allerdings mit einer noch höheren Transparenz in den Austausch mit Kommunen treten und gemeinsam Begrifflichkeiten, feste Definitionen und Rahmenbedingungen festschreiben - idealerweise, indem der Begriff „Serviced Apartments“ im Bauplanungsrecht verankert wird. Serviced Apartments sind gewerbliche Angebote als Teil des Beherbergungssegments mit bis zu sechs Monaten Aufenthaltsdauer und müssen zugleich modernen Wohnen-auf-Zeit-Anforderungen genügen. Dies braucht eine klare baurechtliche Einordnung. Nur so können wir uns noch klarer von Mietwucherer- und Wohnraumverdrängungs-Themen distanzieren.
Beim 5. Jahreskongress des Temporären Wohnens wird es für einen Austausch zahlreiche Möglichkeiten geben. Darauf freue ich mich sehr und lade zugleich auch zur Serviced-Apartment-Fachtagung SO!APART am 16. und 17. November in Leipzig ein