Im Interesse des Klimaschutzes setzen viele Unternehmen inzwischen auf Verpackungen aus recyceltem Kunststoff, steigen von Plastik auf Papier um und selbst die große Textilketten werben mit Kleidung aus wiederverwendeten Fasern. Das Bewusstsein für Recycling wächst. Was bei Endverbrauchern und vielen Unternehmen bereits normal ist, ist allerdings in der Immobilienbranche noch immer nicht in der breiten Masse angekommen. Allein die Baubranche ist hierzulande für 55 Prozent des jährlichen Abfallaufkommens verantwortlich. Das ist nicht nur jede Menge Abfall, sondern vor allem Unmengen an Material, das angesichts der steigenden Ressourcenknappheit besser verwendet werden kann.
Wie das aussehen kann, zeigt Madaster. Im Jahr 2017 in den Niederlanden gegründet, verfolgt Madaster die Vision einer Welt ohne Abfall. Jedes Bauteil und Produkt soll Gebäuden entnommen und an anderer Stelle wiederverwendet werden können. Um dieses Ziel zu erreichen, hat Madaster bereits während der Entwicklungsphase des Katasters Unternehmen und Akteure aus allen relevanten Bereichen der Bau- und Immobilienwirtschaft einbezogen. Neben einem hochfunktionalen Materialkataster ist so ein Ökosystem entstanden, das Produkte, Architekten, Projektentwickler, Banken, Asset Manager, die öffentliche Hand und Marktplätze zusammenbringt.
Planer, Bauherren oder Eigentümer können alle gebäude- und materialspezifischen Daten auf die Plattform hochladen, wo sie daraufhin mit detaillierten Herstellerinformationen ergänzt werden. Der Abgleich und die damit verbundene Spezifizierung der verbauten Materialien ermöglichen es den Nutzern genaue Angaben zur Recyclingfähigkeit, dem CO2-Fußabdruck, der Toxizität und dem tagesaktuellen Materialwert ihrer Immobilie einzusehen.
Allein in den Niederlanden sind bis heute über 4.000 Gebäude auf Madaster registriert. Das entspricht einer Gesamtfläche von rund 12 Millionen Quadratmetern. Nach dem Deutschlandstart von Madaster im Jahr 2020 steigt auch hierzulande die Zahl der erfassten Gebäude. Eines dieser Objekte ist das zentrale Kreisarchiv am Ransberg in Viersen.
Dabei sticht der Neubau, der noch in diesem Jahr eröffnet werden soll, vor allem durch seine architektonische Besonderheit hervor. Der Kreis Viersen hat es sich zum Ziel gesetzt, den Neubau des Kreisarchivs nach den Kriterien der „Zirkulären Wertschöpfung“ zu errichten und damit den modernsten Standards des nachhaltigen Bauens zu entsprechen. Das Leuchtturm-Projekt soll dazu beitragen, dass die Gedanken und Prinzipien der Zirkulären Wertschöpfung weiter in der Region verankert werden und als Impuls für Gesellschaft, Wirtschaft und Natur dienen.
Auch wenn die Funktionalität uneingeschränkt gewährleistet sein muss, gehen die Wünsche des Kreises Viersen an die Qualität des Gebäudes über die reinen Archivfunktionen hinaus – schließlich handelt es sich bei dem Kreisarchiv um den Ort, an dem die Geschichte des Kreises Viersen verwahrt wird. Genau wie ein Archivar, der exakt nachhält, welche Archivalien wo verwahrt werden, sollen im Kreisarchiv auch die Baustoffe verwaltet werden. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, hat der Kreis Viersen „Building Information Modeling“ eingeführt und startet nun auch eine Inventur seiner verbauten Materialien in Bestandsgebäuden. Madaster soll diese Information für den Kreis Viersen digital zugänglich machen und nutzbar halten. Damit hilft die Plattform dabei, den Wert verbauter Materialien zu erhalten.