Die hessische Landeshauptstadt bietet als gefragtes Oberzentrum hohe Lebensqualität, gute Anbindungen und begehrten Wohnraum

Wiesbaden – mehr als eine altehrwürdige Kur- und Beamtenstadt

Der Wiesbadener Immobilienmarkt folgt den bundesweiten Trends und wird entsprechend von den Auswirkungen der Corona-Pandemie beeinflusst. So zogen beispielsweise die Kaufpreise für Wohnimmobilien spürbar an, wohingegen die Bürospitzenmieten stabil blieben

Ralf Streckfuss 19. November 2021
Spielcasino am Kurhausplatz in Wiesbaden
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Das Rhein-Main-Gebiet zählt zu den bedeutenden Metropolregionen Deutschlands. Verkehrsgeografisch gesehen, liegt es strategisch günstig in der Mitte Europas. Entsprechend sind die wirtschaftsstarken Ballungsräume rund um Frankfurt, Darmstadt, Mainz und Wiesbaden vorteilhaft angebunden. Die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden ist mit fast 280.000 Einwohnern nach Frankfurt die zweitgrößte Stadt des Bundeslandes. Im Unterschied zu den anderen Großstädten im Rhein-Main-Gebiet wächst ihre Bevölkerung eher langsam mit einem Zehnjahresplus unter vier Prozent. Dennoch ist die Kurstadt mit ihrem malerischen Stadtbild und einer Vielzahl historischer Gebäude, die oft noch aus der Kaiserzeit stammen, ein gefragter und auch teurer Wohnort. Viele Berufstätige pendeln täglich in Richtung Frankfurt. Die gute Verkehrsanbindung an das überregionale Straßennetz verläuft über die Autobahnen A3 und A66. Auch der Frankfurter Flughafen ist schnell erreichbar.

Neubauaktivitäten decken noch nicht den Bedarf an modernen Wohnraum

Der hohe Freizeitwert durch Rhein, Rheingau und Taunus sowie die gute Anbindung in Richtung Frankfurt machen Wiesbaden zu einem begehrten Wohnort. Die hessische Landeshauptstadt am Zusammenfluss der beiden großen Flüsse Rhein und Main gilt mit seinen 15 Thermal- und Mineralquellen als eine der ältesten Kurbäder Europas. Gleichzeitig zählt sie zu den schönsten Städten Deutschlands. Die durchschnittliche Erstbezugsmiete von 13,20 Euro je Quadratmeter Mieten ist entsprechend hoch, aber immer noch niedriger als in Frankfurt, Darmstadt und Mainz. Der Mietanstieg dürfte sich mit etwa 2 Prozent jährlich fortsetzen. Auch Eigenheime haben ihren Preis. Auf Zehnjahressicht verdoppelten sich in Wiesbaden die Kaufpreise etwa für Reihenhäuser. Das Angebot an modernen Wohnungen und Häusern ist begrenzt. Obwohl die Neubauaktivitäten im vergangenen Jahrzehnt wieder intensiviert wurden, können sie den Bedarf nach modernem Wohnraum bei weitem nicht decken.

Schwung für den Wohnungsmarkt könnte vom neuen, erst in diesem Jahr genehmigten Stadtteil Ostfeld ausgehen. In dem urbanen Quartier sollen von 2026 an Wohnungen für 12.000 Menschen und ein großer Standort des BKA entstehen. Aktuell wird zudem am südöstlichen Cityrand an der Frankfurter Straße ein neues Wohnviertel errichtet. Das Ursprungsgrundstück war früher mit einem Hotel der US-Streitkräfte bebaut. In dem gehobenen Umfeld des neuen Viktoria-Viertels, in der Augustastraße, finanziert die DZ HYP den Neubau von drei Mehrfamilienhäusern, die im KfW 55-Standard erstellt werden. Dadurch entstehen 31 hochwertige Wohnungen sowie eine Tiefgarage mit 40 Stellplätzen. Darüber hinaus wird unter anderem auch im Stadtteil Nordenstadt ein neues Wohngebiet erschlossen. Dort werden am Hainweg derzeit 650 Wohneinheiten gebaut.

Die öffentliche Verwaltung spielt eine bedeutende Rolle für den Immobilienstandort

Mit knapp 2,3 Millionen Quadratmetern Fläche ist Wiesbaden nach Frankfurt der zweitgrößte Büromarkt im Rhein-Main-Gebiet. Der hohe Bürobestand ist auf den Bedarf der Landesregierung und Bundesbehörden zurückzuführen, wie das Statische Bundesamt und das Bundeskriminalamt (BKA). Zudem sind viele Dienstleistungsunternehmen, Banken, Versicherungen und Beratungsgesellschaften angesiedelt. Hinzu kommt das Europa-Hauptquartier der US-Streitkräfte. Obwohl die kreisfreie Stadt nicht über eine so große Universität verfügt wie das benachbarte Mainz, gewinnt auch das Hochschulwesen mit inzwischen rund 14.000 Studierenden an Bedeutung. Das verarbeitende Gewerbe mit Unternehmen wie Dyckerhoff Zement oder der Sektkellerei Henkell ist ebenfalls gut vertreten. Weiterhin spielt das Gesundheitswesen eine wichtige Rolle in der Stadt.

Das Flächenwachstum fiel von 2010 bis 2020 mit 4 Prozent moderat aus, entsprach aber weitgehend dem Anstieg der Bürobeschäftigung. Ein Überangebot besteht auf dem Büromarkt angesichts einer niedrigen Leerstandsquote von 3 Prozent nicht. Der Flächenumsatz weist durch einzelne Großabschlüsse eine hohe Bandbreite zwischen 40.000 und 90.000 Quadratmetern auf. Im vergangenen Jahr wurde mit 59.000 Quadratmetern ein gutes Ergebnis erzielt, zumal es ohne große Abschlüsse erreicht wurde. Im laufenden Jahr dürfte das Ergebnis deutlich höher ausfallen: Die öffentliche Verwaltung hat allein mit drei großen Mietverträgen 37.000 Quadratmeter übernommen. Die Bürospitzenmiete in Wiesbaden legte in den zurückliegenden Jahren auf 15,50 Euro je Quadratmeter zu. Der zehnjährige Zuwachs fällt mit einem Plus von 17 Prozent aber nur moderat aus. Es ist davon auszugehen, dass die Spitzenmiete vorerst stabil bleibt. Allerdings könnte die Leerstandsquote im kommenden Jahr auf knapp 4 Prozent steigen, weil der Anteil neu gebauter Büros 2022 voraussichtlich etwas höher wird.

Einzelhandel profitiert von reicher und sehenswerter Landeshauptstadt

Wiesbaden ist zudem ein beliebter Einkaufsstandort mit einem rund 700.000 Einwohnern umfassenden Einzugsgebiet. Die Innenstadt trägt mit ihrer charakteristischen Altstadt und von Jugendstil und Gründerzeit geprägten Stadtvierteln zum besonderen Flair bei. Allerdings ist der ansässige Einzelhandel durch Mainz und Frankfurt starker Konkurrenz ausgesetzt. Trotz guter Einkaufsmöglichkeiten und vitaler Innenstadt ist die Zentralitätskennziffer mit 111 Punkten eher niedrig. Dafür weist die Kaufkraft mit einer Kennziffer von ebenfalls 111 Punkten ein hohes Niveau auf. Unterstützt wird die Einzelhandelsnachfrage von Touristen, Kurgästen und Kongressteilnehmern sowie Besuchern überregional bedeutender kultureller Veranstaltung wie zum Beispiel dem Rheingau Musik Festival und der Internationalen Maifestspiele. Dass in Wiesbaden gleich nach Frankfurt die meisten Einkommensmillionäre wohnen, übt ebenfalls einen positiven Einfluss aus. Zudem verdienen in Hessen Akademiker im bundesweiten Vergleich durchschnittlich am meisten.

Zu den 1A-Lagen zählen der hochwertige Prachtboulevard „die Rue“ Wilhelmsstraße sowie die beiden Fußgängerzonen Kirchgasse und Langgasse. Des Weiteren gibt es in der Stadt die Einkaufszentren Luisenforum und das auf Nahversorgung ausgerichtete „Lili“ – ehemals „Lilien-Carré“ – in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs. Die hingegen seit längerer Zeit leer stehende Citypassage sollte zuletzt als Quartier „Fünfgassen“ umgebaut werden. Doch die Corona-Pandemie stoppte die Pläne; ein neues Konzept gibt es bislang nicht. Die damit angestrebte Belebung der Innenstadt muss somit noch warten. Insgesamt ist das Interesse des Handels an der Wiesbadener City aber gut ausgeprägt. Das dokumentiert die bis 2015 auf 135 Euro je Quadratmeter gestiegene Spitzenmiete für Verkaufsflächen in der Innenstadt. Bis 2018 blieb die Miete stabil, seitdem sank sie bis 2020 auf 125 Euro je Quadratmeter. Dieses Niveau dürfte zwar noch etwas nachgeben, doch die langfristige Perspektive ist durchaus positiv. Schließlich kann der Wiesbadener Einzelhandel auf dem soliden Fundament einer wohlhabenden und attraktiven Stadt aufbauen. Im Frühjahr hat der Magistrat zudem die Maßnahmenpakete „Restart City“ und „Masterplan Innenstadt“ beschlossen. Darüber hinaus ist es wahrscheinlich, dass durch die bereits wieder sichtbar gestiegenen Passantenzahlen in der zweiten Jahreshälfte 2021 höhere Umsätze und ein erfreulicheres Weihnachtsgeschäft erzielt werden.

Perspektivisch wird Wiesbaden dank der hohen Lebensqualität, der vielfältigen Angebote und der guten Erreichbarkeit weiterhin zum wirtschaftsstarken Motor des Rhein-Main-Gebiets zählen.

Der Autor
Ralf Streckfuss
DZ Hyp

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