Yvonne Traxel: Wie können die Umweltambitionen des Marktes für grüne Anleihen durch den EU GBS gesteigert werden?
Clara Solzbacher: Der Vorschlag der Kommission für einen EU GBS sieht es vor, einen freiwilligen „Goldstandard“ für grüne Anleihen zu schaffen. Die Anwendung dieses Standards soll es Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen ermöglichen, leichter umfangreiche Finanzierungen für klima- und umweltfreundliche Investitionen zu beschaffen. Trotz des in letzter Zeit stetigen Wachstums des Marktes für grüne Anleihen gibt es immer noch einen Mangel an klaren Definitionen von grünen Projekten, was Unsicherheit und zusätzliche Kosten für Emittenten und Investoren bedeuten kann. Der neue europäische Standard für Grüne Anleihen soll dies beheben, indem er eine vollständige Verwendung der Erlöse für die Finanzierung von Projekten und Aktivitäten vorsieht, die mit den Kriterien der EU Taxonomie übereinstimmen. Dies bedeutet eine engere Angleichung an das Pariser Abkommen von 2015 und die sektorale Kriterien der EU-Taxonomie. Gemeinsam mit einem Regime für die Registrierung und Überwachung externer Gutachter schafft der künftige Standard so hochwertige grüne Anleihen und eine zuverlässige und vertrauenswürdige Möglichkeit für Emittenten, hohes Umweltengagement zu demonstrieren.
Yvonne Traxel: Wie kann garantiert werden, dass strenge Nachhaltigkeitsanforderungen wirklich eingehalten werden und wie kann Greenwashing verhindert werden?
Clara Solzbacher: In der vorgeschlagenen Verordnung werden Anforderungen an Unternehmen festgelegt, die als externe Prüfer für grüne Anleihen nach dem neuen Standard fungieren. Externe Gutachter spielen eine entscheidende Rolle bei der Wahrung der Integrität des Marktes für grüne Anleihen, indem sie die Ökologie jeder Anleihe und der von ihr finanzierten Aktivitäten bewerten. Damit Anleger sich auf externe Gutachter verlassen können, gibt es Anforderungen an Transparenz, fachliche Qualifikation und Vermeidung von Interessenkonflikten für die externen Gutachter. Die Aufgabe, die Einhaltung dieser Anforderungen zu überwachen, würde der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) übertragen werden.
Die EU Taxonomie hat den Anspruch, Grünfärberei zu verhindern, indem einheitliche und wissenschaftsbasierte, sektorale Kriterien und Definitionen für grüne Aktivitäten geschaffen werden und Transparenzanforderungen an die Finanzmärkte in Bezug auf diese Kriterien gestellt werden. Indem sich der EU GBS auf die Taxonomie bezieht, sollen Anreize für den Markt für grüne Anleihen geschaffen werden, diese Kriterien ebenfalls zu übernehmen und damit das Risiko für Greenwashing weiter zu reduzieren.
Yvonne Traxel: Was muss der das „European Green Bond Factsheet“ zur Emmission enthalten?
Clara Solzbacher: Das Factsheet zu Europäischen Grünen Anleihen, das vor der Ausgabe einer europäischen grünen Anleihe vom Emittenten auszufüllen ist, ist in Anhang I der vorgeschlagenen Verordnung zu finden. Neben einigen allgemeinen Angaben und Erklärungen geht es dort vor allem um die Darstellung der Umweltstrategie des Emittenten und wie sich die Anleihe in diese einfügt, beziehungsweise welches/welche Umweltziele der Emittent mit der Anleihe verfolgt. Besonders wichtig ist die Darstellung der Erlösverwendung, das heißt Angaben zum Zeitraum in dem die Erlösverwendung erfolgt und möglichst detaillierte Angaben zum Auswahlverfahren für grüne Projekte, die konform mit der EU Taxonomie sind. Auch Angaben über geschätzte Umweltauswirkungen sowie über die konkreten ausgewählten Projekte sind zu machen. Schließlich geht es noch um allgemeine Angaben zur Berichterstattung sowie die Möglichkeit für sonstige einschlägige Angaben.