Das Ruhrgebiet hat jedoch seine klaren Besonderheiten!

Wohnen als Standortfaktor im Ruhrgebiet

Dank einer detaillierten Studie der 3 Städte Essen, Bochum und Dortmund, als zentrale Entwicklungsachse des Ruhrgebiets, kann die Frage "Welche Chancen, Potenziale, Leitbilder und Wohnwünsche zeichnen den Wohnungsmarkt im Revier aus?" beantwortet werden.

Christian von Malottki 22. Juli 2021
Die BPD-RuhrStädteStudie untersucht mit einem bunten Mix an Methoden die Anforderungen an das Wohnen im Ruhrgebiet
Quelle: BPD Immobilienentwicklung

Das Ruhrgebiet war in den letzten Jahren von der Karte der deutschen Wohnungsbau-Projektentwickler fast verschwunden. Einwohnerrückgänge infolge des Strukturwandels führten dazu, dass Wohnungsbau eher nur im Bestand gedacht wurde. Die stärkere Konzentration der Bevölkerungsentwicklung auf die Kernstädte und die wieder steigenden Haushaltszahlen führen nun dazu, dass in substanziellem Maße Wohnungsneubau nötig ist. Dies stellt eine Chance dar, die Städte baulich weiterzuentwickeln. Das Ruhrgebiet hat jedoch seine klaren Besonderheiten.

Metropole ohne Metropolenbewohner

Insbesondere hat das Ruhrgebiet eine andere Entstehungsgeschichte als andere große Metropolen. Hier zogen die Menschen vorwiegend wegen der Arbeit her und nicht wegen der Anziehungskraft der Großstadt. Die großartigen Zechensiedlungen zeigen, dass es weniger darum ging, Großstadt zu bauen, sondern darum, unter schwierigen Rahmenbedingungen gesunde und grüne Lebensverhältnisse zu befördern. Baustrukturell ist das Ruhrgebiet deshalb weniger großstädtisch als andere Stadtregionen und sowohl die Befragten in der deutschlandweiten BPD-Wohnwunschbefragung als auch in unserer empirischen Sozialforschung "auf der Straße" legen mehr Wert auf geringe Dichte und Grün als in anderen großen Städten. Gleichzeitig wird viel gependelt und wenig zwischen den Städten umgezogen, so dass die Sozialstrukturen relativ wenig volatil sind.

Wohnen ist ein Standortfaktor

Arbeit war der Entstehungsgrund des Ruhrgebiets als großer Ballungsraum. Und auch in unseren Expertengesprächen hörten wir oft die Argumentationslinie, dass der Strukturwandel im Ruhrgebiet v.a. bedeute, neue Arbeit zu schaffen. Wegen der Arbeit kämen die Menschen und die Zukunft. Wohnen sei in den RuhrStädten ja ohnehin kein Problem, weil so schön billig im Vergleich zu anderswo. Wir sagen dazu: Nur kein Problem zu sein, reicht nicht. Durch Demographie und Homeoffice wird der Standortfaktor „Arbeit“ an Bedeutung verlieren. Auch Wohnen ist ein Standortfaktor und nicht nur ein Unterbringungsproblem. Und wenn wir wissen, dass die Menschen im Ruhrgebiet nur in relativ kleinen Teilen die hippen Innenstadtquartiere suchen, dann geht es darum, die Stadtlandschaft im Ruhrgebiet zu gestalten: Mit qualitätvollen Wohngebieten und Zugang zu Grün und Naherholung. Und mit Quartierszentren mit Identifikationspotenzial. Auch für Zuzieher aus dem Rest der Republik spielt es nicht nur eine Rolle, ob ein Job im Ruhrgebiet gut ist. Das Gesamtpaket muss stimmen - inklusive Wohnen. Ein substanzieller Anteil an Neubau ist deshalb nicht nur notwendig, um „Wohnungsbedarf zu decken“, sondern auch, um angesichts der Dominanz der Nachkriegsbaualter auf dem Wohnungsmarkt neue und moderne Produkte anbieten zu können.

Welche Standort- und Wohnungstypen hier das Portfolio der Projektentwicklung sinnvoll ergänzt, wollen wir im weiteren Verlauf unserer Studie genauer herausarbeiten und dann auf drei Stakeholderworkshops und einer Konferenz zum Thema Stadtentwicklung und Wohnen diskutieren.

Der Autor
Dr. Christian von Malottki
Senior Researcher, BPD Immobilienentwicklung

Das Event zum Thema

Donnerstag, 19.August.2021
Immobilien-Dialog Ruhrgebiet
Essen