Der Autor
Kevin BedarfStrategischer Projektentwickler, BBH Immobilien GmbH & Co. KG
Es gilt zu klären: Wer ist überhaupt das Quartier? Was macht ein Quartier aus und was macht es erfolgreich?
Die BBH Immobilien GmbH & Co. KG hat in 2020 eine bundesweite Studie durchgeführt, die der Frage nachgeht, inwieweit bereits erfolgreich Quartierkonzepte umgesetzt werden. Die Studie widmete sich auch der Frage, welche Charakteristika unsere Quartiere ausmachen und wodurch sie sich von dem sie umgebenden Raum abgrenzen. Auffällig dabei war, dass die Mehrheit der Befragten (aus den Bereichen Stadtwerke und öffentliche Verwaltung wie auch Ingenieurwesen, Architektur und Banken) das Räumliche und die gestalterische Attraktivität als primäre Merkmale zur Abgrenzung und für den Erfolg von Quartieren deklarierten. Klar wird dabei, dass allein die räumliche Eingrenzung anhand natürlicher oder städtebaulicher Erscheinungsmerkmale nicht genügt.
Zwar existiert bislang keine gesetzliche Definition des „Quartiers“, jedoch taucht der Begriff in der Gesetzesbegründung zum EEG auf:
„Quartier ist dabei ein zusammenhängender Gebäudekomplex, der den Eindruck eines einheitlichen Ensembles erweckt. Die Gebäude des Quartiers können auf unter-schiedlichen Grundstücken liegen oder durch Straßen getrennt sein, so lange der Eindruck des einheitlichen Ensembles gegeben ist.“ .
Räumliche Distanzen oder „störende Elemente“ (wie etwa öffentliche Straßen, Schienentrassen, Bauwerke, Grundstücke sowie andere bauliche oder natürliche Hindernisse wie etwa Flüsse oder Waldstücke) lassen die Einordnung als Quartier nicht zwingend entfallen, solange der Eindruck eines einheitlichen Ensembles bestehen bleibt. Damit erhält der Begriff Quartier Relevanz für den Mieterstromzuschlag und vereint in der Gesetzesbegründung das Räumliche mit dem Funktionalen zum Erreichen von ökonomischen und ökologischen Vorteilen.
Neben dem Räumlichen muss das Funktionale in den Vordergrund rücken, insbesondere mit dem Blick auf die klimapolitischen Ziele und die Ableitungen aus dem Vorhaben des „neuen europäischen Bauhaus“. Die funktionalen Eigenschaften von Quartieren liegen in der effizienten und zukunftsfähigen Ausgestaltung seiner Infrastruktur. Die energetische Versorgung, Lösungen zur individuellen Mobilität und zum ÖPNV, die Digitalisierung aber auch die Strukturierung der Quartiere sind ausschlaggebend für den zukünftigen sozialen, ökologischen sowie ökonomischen Erfolg.
Klar wird dabei, dass effiziente Lösungen nur im Verbund erreicht werden können. Der räumliche Zusammenhang von Gebäuden (das Räumliche) kann somit als erster Schritt zur definitorischen Begrenzung von Quartieren gesehen werden, erfordert aber zwingend Ober- und Untergrenzen, die durch die Anzahl an Konsumeinheiten (Letztverbrauchern) der Infrastrukturen bemessen werden kann. Das Mindestmaß, das ein Quartier als solches definiert, dürfte die Anzahl an Konsumeinheiten im räumlichen Zusammenhang darstellen, die eine ökonomisch und ökologisch effiziente Umsetzung der Infrastrukturlösungen ermöglicht. Wichtig ist dabei, dass durch den Verbund an Letztverbrauchern die effiziente Nutzung der Ressourcen im Quartier dauerhaft sichergestellt ist.
Das Quartier kann sich also als Verbund aus Eigentümern und Nutzern darstellen, die in einem räumlich sinnvollen Zusammenhang stehen und eine infrastrukturell effiziente Größe darstellen. Das Management der Umsetzung der funktionalen Themen im Quartier kann durch eine Quartiergesellschaft gewährleistet werden, die durch die Bündelung der Interessen Skaleneffekte generieren kann. Die dauerhafte Sicherung und Anpassung der funktionalen Qualitäten im Quartier unter nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Aspekten kann somit als Mehrwert für Investmententscheidungen in die junge Assetklasse gesehen werden.
Ihr Ansprechpartner beim Jahreskongress zu diesem Thema ist Herr Wolfram von Blumenthal. Seien Sie live mit dabei und hören Sie auch seinen Vortrag zum Thema "Strukturierung von Quartieren als Basis für eine resiliente Weiterentwicklung" am ersten Veranstaltungstag.