Der Markt verzeichnete in den vergangenen Jahren bereits eine starke Investorennachfrage und dementsprechend sinkende Anfangsrenditen. Was spricht aus Ihrer Sicht für weiteres Wachstum?
Gerald Klinck: Unsere Ziele beruhen auf dem Investitionsbedarf bei Pflegeimmobilien bis 2040. Dieser liegt bei bis zu 100 Mrd. Euro. Daraus ergibt sich ein Wachstumsmarkt, dessen Potenziale noch längst nicht ausgeschöpft sind. Grundlage dafür ist der demografische Wandel, der die Nachfrage nach Pflegeplätzen in den kommenden Jahrzehnten steigen lässt: Allein bis 2030 wird ein Anstieg der Menschen im Alter ab 65 Jahren von derzeit etwa 3,4 Mio. auf 4,4 Mio. erwartet. So geht es weiter bis ins Jahr 2060 – fast ein Drittel der Deutschen wird dann 65 Jahre oder älter sein.
Sie positionieren sich als erster Projektentwickler, der eine Systempflegeimmobilie entwickelt hat. Wie und mit welchem Ziel haben sie dieses System entwickelt?
Christian Möhrke: Unser Konzept basiert auf 15 Jahren Erfahrung in der Entwicklung und dem Bau von Pflegeimmobilien. Allein seit 2015 sind 38 Systempflegeimmobilien mit rund 3.300 Pflegeplätzen und einem Marktwert von etwa 500 Mio. Euro nach unserem Ansatz entstanden. Das Projektvolumen ist der erste wichtige Baustein unseres Konzepts: Wir wollten eine Lösung entwickeln, die eine Antwort auf den rasant steigenden Bedarf nach Pflegeimmobilien gibt. Dafür haben wir die Anforderungen der Praxis genauestens untersucht. Anfangs standen wir auch mal mit der Stoppuhr in den Gängen und haben Pflegekräfte auf Schritt und Tritt begleitet, und Optimierungspotenziale identifiziert.
Gab es dabei völlig neue Erkenntnisse und Aspekte für die Entwicklung von Pflegeimmobilien? Wie steigern Sie die Effizienz bei Planung und Herstellung?
Möhrke: Neu ist unser Prinzip einer ganzheitlichen Betrachtung der Immobilie, vor allem auch aus Betreibersicht. Wir haben alle Aspekte durchleuchtet und keinen Stein auf dem anderen gelassen. Zudem haben wir eine starke Baukompetenz im Unternehmen aufgebaut. Dadurch können wir konzeptionelle Neuerungen unmittelbar in der Praxis erproben und es gibt eine direkte Rückkopplung zwischen Produktentwicklung, kaufmännischem Bereich und dem Nutzer. In Verbindung mit standardisierten Prozessen vom Grundstückskauf bis zur Übergabe, einem zentralisierten Einkauf und einem starken Nachunternehmernetzwerk erzeugt die Systempflegeimmobilie starke Synergien.
„Systemimmobilie“ – das klingt auch ein wenig nach langweiligen, grauen Kästen. Wettbewerber realisieren Umnutzungsprojekte an historischen Orten oder bauen Stadtvillen im Premium-Segment. Liefern Sie ein Billigprodukt?
Möhrke: Im Gegenteil, die Systempflegeimmobilie sichert Effizienz und Qualität. Mit Standardisierung erreichen wir eine hervorragende Qualitätssicherung und einen überdurchschnittlichen Baustandard bei teils sogar unterdurchschnittlichen Kosten. Durchgängig bodentiefe Fenster in den Objekten, großzügige Außenanlagen und hohe Qualität bei den Sanitäreinrichtungen sind bei Cureus zum Beispiel selbstverständlich, ebenso der KfW-40-Standard. Übrigens ist die Außengestaltung unserer Projekte alles andere als langweilig, wir passen sie stets örtlichen Gegebenheiten an. Ein Angebot, das für Bewohner und Personal nicht zeitgemäß daherkommt, wäre auch nicht nachhaltig, trotz wirtschaftlicher Effizienz.
Klinck: Essenzielle Fragen wären auch: Was ist zeitgemäß? Wie wollen wir im Alter leben? Der demografische Wandel macht diese Themen zur Herausforderung für die ganze Gesellschaft. Klar ist, dass in fast allen Kommunen neue Pflegekapazitäten entstehen müssen. Doch gleichzeitig steigen Grundstücks- und Herstellungskosten, erleben wir komplexe Regulierungszusammenhänge, die Neubau ausbremsen. Zeitgemäß ist es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die Premium-Residenz im Baudenkmal ist da eher kein Angebot für die breite Bevölkerung.
Mitbewerber bemängeln unterschiedliche Regulierungen in den 16 Bundesländern. Wie gelingt Ihnen die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben?
Klinck: Genau genommen ist die Herausforderung noch größer, als die unterschiedlichen Regelungen der Bundesländer, denn die Anforderungen ändern sich regelmäßig in gesellschaftlicher und politischer Hinsicht. Das hat Auswirkungen auf die betriebswirtschaftliche Betrachtung. Jeder langfristige Ansatz muss daher lernen und sich neu anpassen können. Wir erreichen das durch die Verzahnung von Produkt- und Projektentwicklung. So wissen wir, worauf es am Markt wirklich ankommt und können unser Produkt gezielt an die Bedürfnisse der Nutzer anpassen.
Möhrke: Genau hier liegt der entscheidende Punkt: was benötigen Betreiber und Bewohner. Seit 15 Jahren stellen wir so innerhalb unseres Systems eine Flexibilität dar, mit der wir für jeden Standort die passende Lösung liefern. Andere Anbieter entwickeln für jeden Standort immer wieder neue Konzepte. Wir haben unser System schon und können es schnell skalieren und anpassen. Man muss die Pflegeimmobilie nicht ständig neu erfinden, wenn man sie einmal richtig verstanden hat.