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Einschätzungen eines First Movers zum Pflege- und Gesundheitsmarkt

Pflege- und Gesundheitsimmobilien sind als Assetklasse immer beliebter geworden. Lesen Sie in dem Interview mit Rolf Specht, wie sich der Markt verändert hat und warum es besonders auf die Betreibergesellschaft ankommt.

Rolf Specht 17. Februar 2021
Wohnen und Pflege im Alter
Quelle: Shutterstock

Herr Specht, vor etwa 32 Jahren haben Sie eines der ersten privaten Pflegeheime gebaut und nach WEG an Einzelinvestoren verkauft. Was hat sich seitdem verändert?

Sehr viel. Wir hatten damals ja keine Ahnung, dass sich daraus einmal eine eigene Assetklasse entwickeln wird. Aber unsere ersten Investorinnen und Investoren wurde für ihren Mut, bei uns in ein solch unbekanntes Anlageformat zu investieren, belohnt: Sie haben bis heute durchschnittliche Renditen in Höhe von 10,4 Prozent erwirtschaftet. Wir sind nach wie vor von diesem Investment überzeugt und bieten unsere Immobilien immer noch Einzelinvestoren an, zurzeit mit Renditen bis zu 4 Prozent. Auf der anderen Seite klopfen bei uns natürlich viele institutionelle Investoren an. Es ist kein Geheimnis, dass wir sehr eng mit Aedifica zusammen arbeiten, aber auch mit Corpus Sireo – schon jahrelang, übrigens.

Inwiefern haben sich die Voraussetzungen inzwischen verändert?

Aktuell ist es so, dass es immer schwieriger wird, geeignete Grundstücke zu finden. Als langjähriger Player im Pflege- und Gesundheitsmarkt gelingt es uns, durch hervorragende Kontakte und einen ausgezeichneten Ruf an gute Grundstücke zu kommen. Diversen Mitbewerbern gelingt es nicht mehr, passende Flächen zu finden, so dass oftmals Pflegeimmobilien auf Grundstücke bzw. in Gemeinden und Städten gebaut werden, wo oftmals gar kein Bedarf herrscht. Ich finde das sehr gefährlich - zum einen für Investoren, die anfangs nicht verstehen, dass sich dieses Modell nicht rechnen wird. Und zum anderen für die Branche, die durch die schwarzen Schafe einen Imageverlust erleiden wird.

Nach wie vor ist also der Betrieb das Wichtigste bei einer Pflegeimmobilie?

Mit am wichtigsten, das auf jeden Fall. Noch ist es so, dass eine Betreibergesellschaft in der Regel weniger verdient als der Eigentümer der Immobilie. Hier muss es eine Veränderung geben, um Stabilität langfristig zu sichern. Aus meiner Sicht kann der Staat froh darüber sein, dass es auch internationale und börsennotierte Betreibergesellschaften gibt, die sich dieser Herausforderung stellen – und die notwendige Wirtschaftlichkeit auch mit Aktien bzw. Kursentwicklungen verdienen, was gleichzeitig die Sicherung der Pflege bedeutet. Auf politischer Seite wird dies leider nicht so gesehen, offenbar ist „Konzernpflege“ nicht gewünscht. Es wäre wünschenswert, dass unsere Politikinnen und Politiker erkennen, wie wichtig das Engagement von privaten Unternehmen auf diesem Sektor ist und so den zwingend erforderlichen Bedarf an Pflegeplätzen mit abdecken. Ich mag mir nicht vorstellen, wie es aussehen würde, wenn es anders gekommen wäre.

Auch das Betreute Wohnen ist immer stärker gefragt.

Ja, auch hier waren wir sicherlich einer der ersten, die Senioren-Wohnen in dieser Form angeboten haben. Denn schon vor rund 30 Jahren haben wir eigentlich Senioren-Campusse erstellt, wie zum Beispiel in Weyhe und in Stuhr, beides in der Nähe von Bremen. Die stationäre Pflegeeinrichtung lag mit auf dem Grundstück bzw. in der direkten Nachbarschaft. Damals haben wir den Bewohner:innen noch eine Hausdame beiseite gestellt, die sich um die Freizeitaktivitäten wie Sport, Einkaufsfahrten oder auch mehrtägige Urlaubsreisen gekümmert hat. Heute ist das mehr oder weniger Aufgabe des ambulanten Pflegedienstes. Aber nicht nur das Betreute Wohnen ist stark gefragt, sondern auch die Quartiersentwicklung. Eine stationäre Pflegeeinrichtung als Quartiersmittelpunkt, flankiert von Betreutem Wohnen und/oder Tagespflege oder einer Kita, wenn es Sinn macht. Da haben wir derzeit zahlreiche Projekte in der Pipeline.

Kann man also sagen, dass das das Portfolio der Specht Gruppe in letzten 30 Jahren mitgewachsen ist?

Das kann man bestimmt sagen, wobei wir natürlich ohnehin schon immer sehr vielfältig aufgestellt waren, ohne es jedes Mal an die große Glocke zu hängen. Die ersten Campusse entstanden Anfang der 90er Jahre, wir haben vor mehr als 20 Jahren die erste Kita mit in einen Seniorencampus integriert und unsere Reha-Klinik am Sendesaal in Bremen, die in den ehemaligen Hörfunkstudios von Radio Bremen entstand, feiert in diesem Jahr zehnjähriges Bestehen. Wir haben bereits mehrere Ärztehäuser entwickelt und realisieren jetzt ein Hospiz in Holzbauweise in Bremerhaven. Ich glaube, wir sind ganz gut aufgestellt. 

 

Der Autor
Rolf Specht
Geschäftsführender Gesellschafter, Specht Gruppe

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