Der Autor
Ulf JacobshagenPartner, Becker Büttner Held (BBH)
Hanna Bosova: Die Fördermöglichkeiten im Gebäudesektor sind sehr komplex. Wird das so bleiben oder ist hier mit einer Vereinfachung zu rechnen?
Ulf Jacobshagen: Das Bundeswirtschaftsministerium plant tatsächlich eine umfassende Neugestaltung der Förderlandschaft. Die aktuell sehr vielschichtigen Förderprogramme sollen vereinfacht und in zwei wesentliche Programme zusammengefasst werden. Zum einen betrifft dies die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) und zum anderen die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG).
Beide Förderprogramme werden durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und die KfW-Bank abgewickelt. Mit dem BEG wird die Dekarbonisierung der Nah- und Fernwärmenetze einschließlich Erzeugungsanlagen mit der Zielstellung einer klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2050 gefördert. Hier werden erhebliche Fördermittel aus dem Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt. Durch dieses mit dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz im Zusammenhang stehende Förderprogramm werden sowohl Erzeugungsanlagen wie Großwärmepumpen, Solar- und Geothermieanlagen gefördert als auch der Aus- und Umbau von Wärmenetzen und Wärme-/Kälte-Speichern. Durch das Bundesprogramm für effiziente Gebäude wird das bestehende Marktanreizprogramm (Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt) weitergeführt und modifiziert. Auch in diesem Programm werden für Gebäudeeigentümer die Errichtung erneuerbarer Energieanlagen zur Wärmeversorgung und auch systemische Maßnahmen gefördert.
Hanna Bosova: Mit welchen Auswirkungen muss die Immobilienwirtschaft durch die Einführung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes rechnen?
Ulf Jacobshagen: Das BEHG wird spürbare Mehrbelastungen für die Verbrennung fossiler Brennstoffe im Gebäudebereich mit sich bringen. Sowohl die Gas- als auch die Ölbezugskosten werden sich im Laufe der nächsten Jahre bis 2025 kontinuierlich verteuern. Dies wird dazu führen, dass die Wärmeversorgung mit Erneuerbaren sukzessive wirtschaftlicher wird.
Durch die Flankierung der Erneuerbaren durch die angesprochenen Förderprogramme wird eine deutliche Verbesserung bei der Wirtschaftlichkeit erfolgen, die allein durch die Kostenbelastungen des BEHG nicht eintreten würde. Gebäudeeigentümer, die jetzt in die Modernisierung bzw. Neuerrichtung von Heizanlagen investieren, sollten sich deshalb mit der Frage auseinandersetzen, ob hier nicht auf neue Heizungstechnologien umgestellt werden sollte, da auch die Entwicklung der Brennstoffpreise ab 2026 mit einem nationalen Emissionshandel nicht abzusehen ist. Zwar sieht das Gesetz jetzt Höchstpreise vor, aber diese sind nicht in Stein gemeißelt. Zudem plant die Europäische Kommission die Einführung eines Emissionshandelssystems auch für den Gebäudebereich, sodass zur Erreichung der derzeit diskutierten ambitonierteren EU-Klimaschutzziele eine weitere Verteuerung fossiler Brennstoffe zu erwarten ist.
Hanna Bosova: Wird die in der EEG-Novelle angedachte Änderung der Regelungen zum Mieterstrom zu einer Verbesserung dieses Geschäftsmodells führen?
Ulf Jacobshagen: Bislang bestehen erhebliche Hemmnisse beim Ausbau einer Photovoltaikversorgung von Mietern eines Wohnhauses, da die im EEG angelegten Fördersätze für die Versorgung mit Mieterstrom deutlich zu gering ausgestaltet sind und zudem die Rahmenbedingungen zu eng gesetzt sind.
Stichworte sind hier der erforderliche unmittelbare räumliche Zusammenhang zwischen Erzeugungsanlage und Letztverbraucher, die geringe Anlagengröße von maximal 100 kWel und der begrenzte Anwendungsbereich lediglich für Wohngebäude.
Hier werden nun im aktuellen EEG-Referentenentwurf eine Erhöhung des Mieterstromzuschlags und eine Erhöhung der elektrischen Leistung der für die Mieterstromversorgung förderberechtigten PV-Anlagen vorgesehen. Dies allein wird sicher nicht genügen, die PV-Versorgung im urbanen Bereich zu stärken. Es ist dennoch ein Schritt in die richtige Richtung. Erforderlich wäre zudem eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auf Gebäude, die von Gewerbe, Handel und Dienstleistungen genutzt werden und eine Abschaffung der Begrenzung auf den unmittelbaren räumlichen Zusammenhang, um auch eine Quartiersversorgung zu ermöglichen.
Außerdem ist darüber nachzudenken, ob bei der Modernisierung und dem Neubau von Gebäuden nicht auch ordnungsrechtliche Vorgaben zum Einbau von PV-Anlagen angedacht werden sollten, wie z. B. in Baden-Württemberg eine PV-Pflicht beim Neubau von Nichtwohngebäuden und auf Parkplätzen mit mindestens 75 Stellplätzen geregelt werden soll.
Hanna Bosova: Ursula von der Leyen nimmt den Immobiliensektor in ihren Fokus. Zu welchen Maßnahmen kann die Europäische Kommission greifen, um die Verschärfung der Klimaziele umzusetzen?
Ulf Jacobshagen: Es wird gerade am „European Climate Law“ gearbeitet und darüber diskutiert, ob das 55 %-Ziel bis 2030 aufgenommen werden soll. Der Entwurf des „European Climate Law“ wird für Juni 2021 erwartet. Noch im Oktober 2020 plant die Kommission, einen Aktionsplan und eine strategische Kommunikation zu veröffentlichen, die sowohl rechtliche und finanzielle als auch nicht rechtliche, nicht finanzielle Maßnahmen und Werkzeuge enthalten sollen, um Renovierungen voranzutreiben und effektiver zu machen