Welches Potenzial bietet die Flughafenregion Berlin-Brandenburg?

Berliner Bürolagen im Wandel

Berlin schreibt seit Jahren eine Erfolgsgeschichte nach der anderen und hat sich unter anderem durch die dynamische Wirtschaftsentwicklung zu einer der angesagtesten europäischen Metropolen gemausert.

Ben Barthel 4. September 2020

So hat die Bevölkerung von 2013 bis 2019 um rund 270.000 auf 3,64 Mio. zugenommen. Die Bundeshauptstadt verzeichnete im ersten Halbjahr 2020 den höchsten bundesweiten Büroflächenumsatz und ist neben München Deutschlands teuerster Investmentstandort für Gewerbeimmobilien. Und der Büromarkt ist quasi leergefegt: Die Leerstandsrate war Ende Juni mit 1,9 % weiterhin die niedrigste bundesweit.

Für Ende Oktober ist die Eröffnung des neuen Flughafens Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (BER) im brandenburgischen Schönefeld avisiert. Es stellt sich die Frage, ob und wie sich der neue Flughafen künftig als Bürostandort entwickeln wird. Um dem nachzugehen, sollte man sich die enorme Entwicklung der Bürolagen in Berlin über die vergangenen fünf bis zehn Jahre ansehen und einen Blick darauf werfen, was sich hier verändert hat und warum. Traditionell größte Nachfragergruppen sind die öffentliche Verwaltung, Beratungsgesellschaften, Informations- und Telekommunikationsunternehmen sowie verschiedene Dienstleister. Die öffentliche Verwaltung hat ihren Sitz aufgrund der Regierungsnähe größtenteils in der City, und für sie gäbe es keinen erkennbaren Grund, an den Flughafen umzusiedeln. Die jungen Technologieunternehmen haben sich entlang der Mediaspree zwischen Kreuzberg und Friedrichshain angesiedelt, wo auch heute schon Mietpreise von 35 Euro pro Quadratmeter und mehr gezahlt werden. Noch vor wenigen Jahren lag die Miete dort nur bei 15 Euro. Dies lag vor allem an den Wohnlagen: Die jungen, internationalen Mitarbeiter von neuen, hippen und technologieaffinen Unternehmen wie etwa Delivery Hero oder der Direktbank N26 wohnen beispielsweise am Prenzlauer Berg, in Friedrichshain und in Kreuzberg und möchten nicht „auf der grünen Wiese“ arbeiten, da sie die Urbanität schätzen.

Eine Alternative für Nutzer, denen die zentrale Lage nicht ganz so wichtig ist und die etwas preissensibler sind, bieten Büroflächen in Ringbahnlage (entlang des Berliner S-Bahn-Rings). Diese liegen zwar nicht ganz so zentral, sind aber durch die gute Anbindung bequem und schnell erreichbar bei Quadratmeterpreisen von rund 25 bis 28 Euro.

Entlang der Entwicklungsachse in Richtung Flughafen BER hat sich Adlershof etabliert. Am Wissenschaftsstandort der ehemaligen DDR arbeiten aktuell rund 15.000 Menschen. Peu à peu entstanden hier seit den späten 90er-Jahren Ansiedlungen und eine Infrastruktur. Adlershof bietet beispielsweise für Krankenkassen oder Gebäudedienstleister mit rund 18 bis 20 Euro pro Quadratmeter eine preisgünstigere Lösung als die City und ist per S-Bahn gut angebunden. An diesem Standort sieht man die dynamische Entwicklung sehr deutlich: So lagen vor 5 Jahren die Mietpreise hier noch bei lediglich 12,50 Euro.

Wir sehen also, dass die Entwicklung bestimmter Bürostandorte (Cityrandlage oder Adlershof) eher preisgetrieben war und gehen davon aus, dass dies beim Flughafen mittel- bis längerfristig nicht anders sein wird. Es könnten strategisch getriebene Anmietungen stattfinden, da die Mietpreise hier noch niedriger liegen als in Adlershof. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob diese Kostenvorteile langfristig eventuelle Mitarbeiterverluste aufgrund der Lageentscheidung der Unternehmen aufwiegen können. Denn für die Büros zählt Zentralität, da es die Unternehmen aufgrund der Größe der Stadt ihren Mitarbeitern nicht zumuten wollen, lange Wege zurückzulegen – im Kampf um die Mitarbeiter ein nicht zu unterschätzendes Thema.

Da der neue Flughafen nicht mehr innerhalb der Berliner Stadtgrenzen, sondern in Brandenburg liegt, gilt dort zwar der deutlich günstigere Gewerbesteuerhebesatz; der Mietpreis-Spread ist allerdings aktuell nicht groß genug, um einen starken Anreiz für Büroansiedlungen zu bieten. Eine gut ausgebaute Infrastruktur ist ein zentraler Faktor, den dieser Standort im Gegensatz zum nahe gelegenen Adlershof (noch) nicht liefern kann. Dazu kommt, dass eine gute ÖPNV-Anbindung in Berlin eine Grundvoraussetzung für Büro-Ansiedlungen ist. Die aktuell ausgewiesenen Büro-Entwicklungsgebiete am Flughafen sind jedoch nur per Bus an die S-Bahnlinie zum Flughafen angebunden.

Kurz- und mittelfristig wären eher Logistik oder Wohnen am Flughafen denkbar und in einem nächsten Schritt erst mögliche Büroansiedlungen. Flughafenaffine Unternehmen werden sich natürlich an diesem neuen Standort ansiedeln sowie Firmen, von denen mindestens ein Drittel der Belegschaft regelmäßig fliegt.

 

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Der Autor
Ben Barthel
Director National Office Advisory, BNP Paribas Real Estate Deutschland

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Mittwoch, 23.September.2020
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