Der Autor
Tobias DeckerChief Product Officer, BuildingMinds BuildingMinds GmbH
Die vergangenen Monate waren ein Beschleuniger für verschiedenste Entwicklungen in der Immobilienbranche, insbesondere der Digitalisierung gab die Krise Auftrieb. Vieles war plötzlich möglich und wird den Weg in die Zeit nach der Krise finden. Dazu gehört unter anderem die Erkenntnis, dass Informationen in Form von Daten essenziell sind, um Gebäude bis auf Portfolioebene und besonders Immobilienrisiken effizient und nachhaltig zu managen. Die Umsetzung im Sinne der Erhebung und des Umgangs mit den Daten bergen jedoch weiterhin Herausforderungen.
Zwar wurden zuletzt zahlreiche Modelle und Standards ins Leben gerufen, um der wachsenden Datenflut Herr zu werden. Letztlich führen sich Standards jedoch selbst ad absurdum, wenn jedes Unternehmen über einen eigenen Standard verfügt – zumal sie sich in ihren Details ohnehin kaum unterscheiden und viele Unternehmen je nach Adressat Reportings nach verschiedenen Standards erstellen. Eine Konsolidierung scheint nicht nur erstrebenswert, sondern auch unausweichlich. Das wird aber nicht genügen, um innerhalb der Branche weitreichende Transparenz und Vergleichbarkeit herzustellen – und das ist das Ziel. Intransparente Immobilien(bestände) werden in nur wenigen Jahren spürbar weniger Nachfrage erfahren und folglich allein aufgrund mangelnder Transparenz an Wert verlieren.
Impulse für Wandel aus verschiedenen Richtungen
Wie also Transparenz herstellen? Der Königsweg führt aus unserer Sicht über Datenstandardisierung in Form eines Common Data Models. Also doch wieder ein Standards? Ja, mit Betonung auf ein zugrundeliegendes Modell beziehungsweise eine Plattform, die Daten harmonisiert und demokratisiert. Industrien wie die Automobilbranche oder der Gesundheitssektor zeigen, dass auf diese Weise bestehende Geschäftsmodelle optimiert und neue entwickelt werden können. Wohl deutlich greifbarere und unmittelbarere Vorteile sind effizientere Prozesse und die Sicherstellung von Compliance. Vor allem aber wird durch eine gemeinsame Datenplattform eine vorher nicht dagewesene Datenqualität und damit auch die optimale Basis bereitet, um Künstliche Intelligenz und Machine Learning einzusetzen, die wiederum völlig neue Dimensionen für intelligente Analysen eröffnen und damit den wohl größten Mehrwert für datengetriebenes Immobilien- und Portfoliomanagement als Ganzes stiften.
Neben der intrinsischen Motivation, die vor allem von den Verwendungsmöglichkeiten standardisierter Daten befeuert wird, zwingen externe Treiber die Branche zum Handeln. Da sind zum einen die Nutzer, die heute viel mehr von Immobilien erwarten, Stichworte sind etwa „Wellbeing“ und Services über die klassische Flächennutzung hinaus. Ein weiterer entscheidender Themenkomplex ist Nachhaltigkeit. In einigen Jahren werden Gebäude, die nicht mindestens CO2-neutral sind, für Investoren (und Nutzer) deutlich an Attraktivität verloren haben. Die Tatsache, dass mindestens 80 Prozent des Gebäudebestands im Jahr 2050 bereits heute existieren, führt den akuten und enormen Handlungsbedarf vor Augen.
Digitaler Gebäudezwilling schafft Entscheidungsgrundlage
Daran knüpft sich unmittelbar die Frage, wie die Daten auf die Plattform gelangen. Die Antwort liefert der digitale Gebäudezwilling. Er ist mehr als ein Spiegelbild physischer Assets. Enormes Potenzial besteht allein in der Verbindung verschiedenster Gebäudedaten, etwa von Flächeninformationen über Dokumente und Ausstattung bis hin zu Sensoren. Ihre volle Wirkung entfalten digitale Zwillinge mit der Betrachtung über einzelne Objekte hinaus. Das gilt auch für Nachhaltigkeitsaspekte, um darauf zurückzukommen: Indem Objektdaten eines Portfolios innerhalb einer einzigen Plattform verknüpft, auswert- und justierbar werden, eröffnet der digitale Gebäudezwilling vollkommen neue Analysemöglichkeiten für die Entwicklung und Umsetzung von Dekarbonisierungsstrategien. Gleiches gilt für zahlreiche andere Anwendungsfälle, die sich durch die Zusammenführung von Datenströmen und Data-driven Analytics intelligent analysieren und zukunftsgewandt managen lassen.