Symposium Finanzierung

Corona und der Immobilienmarkt – was kommt auf uns zu?

Aktuell kann noch niemand mit Gewissheit sagen, wie stark die Auswirkungen von Corona mittelfristig auf die Branche sein werden.

Kurt Neuwirth 8. Mai 2020

Covid-19 wird auch die Immobilienwirtschaft treffen, allerdings – und das ist bereits absehbar – werden die einzelnen Assetklassen unterschiedlich stark betroffen sein. Ein kurzfristiger Gewinner ist z.B. die Logistikbranche, die in besonderem Maße von
Corona – und einem damit verbundenen Umdenken sowohl in Lagerhaltung als auch Lieferketten – betroffen ist. Wohnen, Pflegeimmobilien und MVZs erweisen sich einmal mehr als relativ krisensicher während Hotel- und Büroimmobilien deutlich unter Corona leiden. Ungeachtet der jeweiligen Assetklassen hat die Branche mit handfesten Problemen zu kämpfen:

So stehen Bauträger und Projektentwickler seit Wochen vor der Herausforderung, ihre Projekte weiterhin unter den erschwerten Bedingungen finanziert zu bekommen.
Unverschuldet hat sich ihre Situation – im Vergleich zu Vor-Corona – drastisch verändert:

  • Bauvorhaben kommen ins Stocken, da es an Arbeitern fehlt
  • eine reibungslose Materialbeschaffung ist oft nicht mehr gewährleistet
  • Genehmigungen bleiben aus, da Behörden noch nicht ausreichend besetzt sind
  • Verzögerungen und Absagen bei Kapitalgebern oder
  • dringende Notartermine werden verschoben

Ein weiteres Problem vieler Bauträger: durch Covid-19 und die damit verbundene Verunsicherung haben sich Finanzierungsanforderungen vieler Kapitalgeber verändert und sogar deutlich verschärft:

  • Geldgeber ziehen sich zum Teil gänzlich aus Projekten zurück, was dazu führt, das bereits geplante und solide finanzierte Bauvorhaben unvermittelt vor dem Aus stehen.
  • In der Folge müssen Kapitalgeber ersetzt und Finanzierungen komplett neu strukturiert werden
  • Risikobewertungen werden neu durchgeführt
  • der Eigenkapitalanteil wird zum Teil deutlich nach oben gesetzt.

Als Finanzierungsvermittler für gewerbliche Immobilien sehen wir aber gleichzeitig, dass Kapitalgeber – insbesondere Institutionelle Investoren – nach wie vor Geld anlegen wollen (und teilweise auch müssen). Für Projekte, die durch Corona vor ungeplanten finanziellen Herausforderungen stehen, haben wir bislang immer passende Geldgeber gefunden und Finanzierungen neu strukturieren können. In dieser speziellen Situation sind kreative und schnelle Lösungen für die Kapitalbedürfnisse von Bauträgern und Projektentwicklern gefragt, die es ermöglichen, laufende oder geplante Projekte weiter zu entwickeln oder fertig zu stellen. Dabei nutzen wir gerade in der Krise unsere – über viele Jahre aufgebauten – guten Kontakte zu Kapitalgebern und können in der Regel schnelle und einfache Finanzierungslösungen bieten. Sowohl als Bridge-, Senior- oder Junior-Loan.

Dass es zu einem langanhaltenden, generellen Preisrutsch kommen wird, hält Kurt Neuwirth zum aktuellen Zeitpunkt für wahrscheinlich. Allerdings trifft es nicht jede Assetklasse gleich. „Aktuell haben wir eine starke Nachfrage im Segment Healthcare; Wohnen ist leicht schwächer während Hotel- und Officelösungen deutlich nachgeben. Der kurzfristige Gewinner ist Logistik, der allerdings – sollte es durch Corona zu einer längeren Rezessionsphase kommen – ebenfalls mit zurückgehenden Preisen kämpfen wird. „Wie es letztendlich kommen wird, hat auch viel mit der allgemeinen Einschätzung und der Marktpsychologie zu tun: wenn die Menschen glauben, dass es wieder bergauf geht und die wirtschaftliche Situation sich schnell bessert, wird der Immobilienmarkt stabil durch die Krise kommen. Für Investoren kann Corona nicht zuletzt auch Vorteile bieten: zum Beispiel lassen sich höhere Renditen durch günstigere Kaufpreise erzielen“.

Wie wird es weiter gehen nach Corona?

Das hängt von der Frage ab: wie lange noch? Wenn die Krise nach 2 Monaten überwunden ist, werden wir mit einem blauen Auge davonkommen. Bei 3 Monaten Krise – und länger – sind die Auswirkungen aus unserer Sicht deutlich im gesamten Immobilienmarkt spürbar. Zwei Tendenzen am Beispiel der Assetklassen Wohnen und Gewerbe:

2 Monate Corona-Krise:

Die Assetklasse Wohnen leicht schwächer, nicht zuletzt durch einen nach wie vor hohen Kapitalzufluss aus dem Ausland (Geld sucht halbwegs sichere Häfen). Allerdings kommt es zu sinkenden Renditen durch gestiegene Finanzierungsanforderungen.

Bei Gewerbeimmobilien sinkt die Nachfrage und es kommt vermehrt zu Leerständen. Vermieter müssen sich auf Nachverhandlungen der „überlebenden“ Mieter im Nachgang der Krise einstellen. Die EK-Anforderungen für Finanzierungen werden nach oben gehen und für Nach-Finanzierungen werden die Auflagen härter.

3 Monate (und länger) Corona-Krise:

Nach 3 Monaten werden auch bei Wohnimmobilien die Preise fallen und es drohen Insolvenzen bei Anlegern/Investoren. Laufende Projekte können evtl. nicht mehr fertiggestellt werden. Kapitalgeber verlangen sehr hohe Finanzierungs-Auflagen und es kommt zu einer stark zurückgehenden Bautätigkeit. Im weiteren Verlauf kann es vermehrt zu Insolvenzen von Bauträgern kommen.

Die Assetklasse Gewerbeimmobilie (Ausnahme: Logistik) hat mit drastischeren Auswirkungen zu kämpfen. Hier wird die beginnende Wirtschaftsrezession voll zu Buche schlagen und Finanzierungen nur mit sehr hoher Kapitalausstattung möglich sein.  Es kommt zu hohen Leerständen und hohen „Finanzierungsklemmen“.

Einfluss haben natürlich die staatlichen Hilfsmaßnahmen bzw. der Umstand, wie schnell und umfänglich die Gelder bei den notleidenden Unternehmen bis dahin angekommen sind. Vermutlich wird es ohne weitere Konjunkturprogramme nicht möglich sein, nach einer mehrmonatigen Krise die Wirtschaft in Gang zu halten und damit die Menschen in Lohn und Brot.

Der Autor
Kurt Neuwirth
Geschäftsführer, Neuwirth Finance GmbH

Das Event zum Thema

Dienstag, 1.Dezember.2020
Symposium Finanzierung
Frankfurt am Main