Beitrag zu einer flächeneffizienten Logistik für innerstädtische Quartiere

Mikrodepots

Die innerstädtische Logistik steht zunehmend im öffentlichen Fokus. Eine Zunahme der Sendungsmengen und steigende Anforderungen verlangen nach neuen Lösungen für die innerstädtische Logistik. Am konkreten Beispiel wird ein Lösungsweg dargestellt.

Michael Kuchenbecker 4. März 2020

Die innerstädtische Logistik steht zunehmend im Fokus des öffentlichen Interesses, der Politik und der medialen Berichterstattung. Ruhender Verkehr, Einkaufsverkehr, Belieferung und Entsorgung verursachen vielfältige Nutzungskonflikte. Volle Straßen, Halten in zweiter Reihe oder lange Zustellwege sind exemplarisch die Folge.

Zudem sind steigende Sendungsmengen vor allem auf die Zunahme des E-Commerce zurückzuführen. Seit 2009 ist der Umsatz im Online-Handel um mehr als das Vierfache angestiegen. Diese Mengenentwicklungen bedingen z. T. Überschreitungen von Luftschadstoffobergrenzen. Die Konsequenzen sind Zufahrtsbeschränkungen, die Einrichtung von Lieferzonen und die Erprobung neuer Konzepte auf der letzten Meile.

Ziel ist es, innovative Lösungen für die urbane Logistik von heute und von morgen zu finden. Damit soll die Verkehrsbelastung reduziert und die Umwelt entlastet werden. Als ein Beitrag wird das Konzept der Mikro-Depots am Beispiel des Projekts KoMoDo im Folgenden ausführlicher beschrieben. Durch eine zweistufige urbane Güterverteilung wird eine effiziente und zugleich ökologische Zustellung ermöglicht. Die Gestaltung und die Dimensionierung der für solche Konzepte benötigten Mikro-Depots kann grundsätzlich variieren. Bei KoMoDo wurden 20-Fuß-Seecontainer genutzt.

Die Grundidee ist, Lastenräder auf der letzten Meile einzusetzen. Dies führt zu einer Reduzierung von Luftschadstoffemissionen durch die Substitution konventionelle Fahrzeuge sowie zu positiven externen Effekten, da bspw. durch reduziertes Parken in zweiter Reihe der Verkehrsfluss verbessert werden kann. Der Fokus bei KoMoDo liegt auf einer kooperativen und anbieteroffenen Flächennutzung.

Erstmals arbeiten die fünf größten KEP-Dienstleister, DHL, DPD, GLS, Hermes und UPS als operative Partner zusammen auf einer Fläche. Diese wird von der Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH (BEHALA) als Betreiber zur Verfügung gestellt. Kommunaler Partner ist die SenUVK. Die LNC GmbH koordinierte das Gesamtprojekt und organisierte die Förderung durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative.

Voraussetzung sind u. a. ein hohes Sendungsaufkommen im Zustellgebiet, eine hohe Stoppdichte, geeignete Sendungsstrukturen sowie die direkte Anbindung des Standorts über die Straße. Ferner müssen die lfd. Kosten für die Fläche besonders aus Unternehmenssicht wirtschaftlich abbildbar sein.

Beim Betrieb sind diverse Rechtsbereiche zu beachten. Dies sind z. B. die Arbeits- und Betriebsstättenverordnung, Brandschutz sowie weitere Sicherheitsstandards. Der Standort muss über einen Stromanschluss verfügen. Darüber hinaus sollte die Fläche den Unternehmen für zwei bis fünf Jahren bereitgestellt werden.

Als Standort in Berlin wurde eine Tram-Wendeschleife im Prenzlauer Berg ausgewählt. Innerhalb eines Radius von fünf Kilometer leben rund 800.000 Menschen. Die BEHALA gewährleistete den neutralen und diskriminierungsfreien Betrieb, so dass die Fläche kooperativ von verschiedenen Dienstleistern genutzt werden konnte.

Durchschnittlich waren an fünf Werktagen pro Woche elf Lastenräder im kontinuierlichen Einsatz. Während der operativen Testphase wurden rund 160.000 Sendungen am Standort umgeschlagen. Je Dienstleister konnten durch den Einsatz der Lastenräder rund 466 Fahrzeugkilometer monatlich substituiert werden. Dies entspricht einer Ersparnis von rund 28.000 Fahrzeugkilometern pro Jahr. Das entspricht einem vermeidbaren CO2-Ausstoß von circa 11 t CO2. Aus der Substitution konventioneller Fahrzeuge resultiert eine Einsparung von 150 kg NOX und rund 0,83 kg PM10.

Die Förderung des Projekts endete im Juni 2019. Seitdem wird der Betrieb am Standort von den Dienstleistern ohne Förderung fortgeführt. Parallel werden weitere Flächen im Berliner Stadtgebiet gesucht, auf denen sich Mikro-Depots ansiedeln lassen, um diese Lösung in die breite Anwendung zu bringen und konzeptionell weiter zu entwickeln.

Der Autor
Michael Kuchenbecker
Senior Consultant und Prokurist, LNC LogisticNetwork Consultants GmbH