Der Autor
Jörn BurghardtHahn Gruppe
Im Rahmen der Erstellung des neuen HAHN Retail Real Estate Reports 2019/2020 hat die Hahn Gruppe eine Expertenbefragung bei Expansionsbeauftragten der führenden deutschen Einzelhandelskonzerne und deutschen Immobilien-Investoren sowie Kreditbanken durchgeführt. Ziel war es, die Sichtweise der Marktakteure auf die zukünftige Handelsimmobiliennachfrage und aktuelle Trends näher zu beleuchten.
Das Ergebnis der diesjährigen Befragung, die in Kooperation mit dem EHI Retail Institute durchgeführt wurde, bestätigt die positive Sonderstellung des Objekttyps Fachmarktzentrum. So wurden die Expansionsbeauftragten der Handelsunternehmen, die insgesamt mehr als 25.000 Filialen in Deutschland repräsentieren, um die Bewertung unterschiedlicher Objekttypen gebeten. 50 Prozent der Einzelhändler geben für Fachmarktzentren an, dass sie das Preis-/Leistungs-Verhältnis in Bezug auf die Anmietung als attraktiv einstufen. Hingegen bewerten nur rund 15 Prozent der Händler das Shopping-Center in dieser Hinsicht als attraktiv. Solitärstandorte in Nahversorgungslagen (35 Prozent) und innerstädtische 1a-Lagen (31 Prozent) rangieren ebenfalls hinter den Fachmarktzentren. Diese Präferenzen sind nachvollziehbar. Das gute Abschneiden der Fachmarktzentren begründet sich im vergleichsweise günstigen Miet- und Nebenkostenniveau. Zudem verfügen Fachmarktzentren durch die starke Konzentration nahversorgungorientierter Mieter in der Regel über gute Besucherfrequenzen.
Die positive Einschätzung des Fachmarktzentrums durch den Handel ist zugleich ein wichtiges Kaufargument für Investoren. Trotz überproportional gestiegener Kaufpreise sehen die befragten Vertreter der Immobilieninvestoren/Kreditbanken bei Fachmarktzentren bzw. Fachmarktagglomerationen unverändert Aufwertungspotenzial. Die Immobilieninvestoren/Banken rechnen zu 41 Prozent mit weiter sinkenden Renditen, nur 11 Prozent erwarten steigende Renditen (Abbildung 1). Diese positive Erwartung übertrifft die durchschnittliche Einschätzung für das Marktsegment der Handelsimmobilien. Hier gehen die Banken/Investoren nur zu 18 Prozent von sinkenden und zu 13 Prozent von steigenden Renditen aus. Kritisch sehen die Akteure das Segment der Shopping-Center: 52 Prozent der Befragten erwarten für dieses Segment in den nächsten 12 Monaten eine Fortsetzung des Trends steigender Renditen. Nur 29 Prozent rechnen mit wieder fallenden Renditen.
Im Rahmen der Händlerbefragung wollten wir auch Tendenzen für die zukünftige Mieternachfrage nach Standorten ermitteln. Das Ergebnis: Der stationäre Einzelhandel expandiert auch in 2019, allerdings hat sich gegenüber dem Vorjahr das Expansionstempo verlangsamt: Nur noch 56 Prozent der befragten Einzelhändler wollen die Anzahl der Standorte im Jahresverlauf ausbauen (Vorjahr: 64 Prozent). Immerhin 24 Prozent beabsichtigen, die Anzahl der Standorte zu reduzieren (Vorjahr: 16 Prozent). 20 Prozent erwarten keine Veränderung (Vorjahr: 20 Prozent). Wachstumslokomotive bleiben Lebensmittel- und Drogeriemärkte sowie die Branchen Gesundheit/Beauty, Hobby/Freizeit und Gastronomie (siehe Abbildung 2). Auf Konsolidierungskurs sind hingegen die Anbieter von Unterhaltungselektronik und Schuhen/Accessoires. Hier besteht die Absicht, im Jahresverlauf die Anzahl der Filialen zu reduzieren. Die starke Expansionsneigung der Lebensmittel- und Drogeriemärkte spricht erneut für den Objekttyp Fachmarktzentrum, der diese Branchen zu seinen Ankermietern zählt.
Fachmarktzentren werden aktuell von Mietern und Investoren gegenüber Shopping-Centern und innerstädtischen Geschäftshäusern bevorzugt. Die hohe Expansionsneigung der klassischen Ankermieter von Fachmarktzentren spricht dafür, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Doch die Betreiber und Asset Manager sollten sich nicht allein darauf ausruhen. Die klassischen Erfolgsfaktoren, z.B. ein marktdominanter Standort und ein aktives und innovationsorientiertes Management, bleiben selbstverständlich von größter Bedeutung für den Erfolg einer Handelsimmobilie.