Der Autor
Dr. Thomas GohrkeRechtsanwalt, Partner, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
So oder so ähnlich sehen die Bedingungen aus, wenn ein Immobilienmarkt von den Verkäufern dominiert wird. Neben den hohen Preisen und preistreibenden Bieterwettbewerben sind es auch Vertragsmodelle, die einen unausgewogenen Markt ablesbar machen. Verkäufer nehmen sich dann alle - in normalen Zeiten undenkbare - Freiheiten. In der Due Diligence stellen sie unvollständige Unterlagen bereit, geben aber auch nicht die Möglichkeit z.B. bei Ämtern Einsichten zu nehmen. Sie verkürzen DD-Zeiträume derart, dass eine angemessene Prüfung schwerlich erfolgen kann. Sensible Unterlagen fallen „auf der letzten Meile“ vom Himmel. Im Kaufvertrag steht dann nur noch, dass der Käufer alles prüfen konnte und alle seine Fragen umfassend beantwortet wurden. Verkauft wird auch bei Neubauten ohne eigene Mängelhaftung und mit Caps auf die ohnehin schmale Haftungsregelung im einstelligen Prozentbereich des Kaufpreises und damit auf einen verschmerzbaren Teil der Marge des Verkäufers. Käufer, die diesen Angang kennen, gehen teilweise selbst soweit, dass sie „Nichthaftungsvereinbarungen“ den Verkäufern selbst anbieten, wenn dafür ein abgestimmtes Paket an W&I-Versicherungen abgeschlossen wird, die den Käufer zumindest zum Teil (aber z.B. nicht in Steuerfragen) absichern.
Kann man machen, muss man aber nicht. Für die „alten Haudegen“ ist es ein offenes Geheimnis – Fairness und langfristige Verlässlichkeit sind entscheidende Faktoren für dauerhaften Erfolg im Immobilienmarkt.
Allen Verkäufern, die nicht aus dem Markt ausscheiden wollen, ist daher anzuraten, den Fall des veränderten Marktes schon heute mitzudenken. Die heute „entrechteten“ Käufer speichern sehr genau, wer heute wie agiert. Es kommt die Zeit, in denen die Karten neu gemischt werden und die guten und fairen Käufer gesucht sind. Der gesuchte Verkäufer von heute ist der Suchende von morgen.
Käufern sollten ihre roten Linien nicht übertreten, mag das Objekt noch so attraktiv wirken. Die Hoffnung, dass ein Verkäufer nach dem signing anders agieren wird, als davor, ist zumeist unbegründet. Bieterwettbewerbe dürfen daher nicht zu Unterbietungswettbewerben gemacht werden.
Daneben darf nicht verkannt werden, dass jeder noch so einseitige Vertrag aus der Folterkammer mancher Verkäufer nicht risikolos ist. Neben den hinlänglich bekannten Problemen mit unangemessenen Vertragsklauseln sind auch Kenntniserklärungen und der Vorwurf arglisten Verschweigens zunehmend Gegenstand von Auseinandersetzungen. Es gibt heute nicht mehr Arglist als früher, aber mangels normaler DD-Prozesse und einer fair austarierten vertraglichen Gewährleistungsregelung werden diese Ersatzwerkzeuge genutzt. Diese haben höhere Erfolgsquoten als der eine oder andere Verhandler glaubt. Wird ein solcher Fall festgestellt, drehen sich die Geschütze zudem rasch auf die verantwortlich Handelnden des Verkäufers und nicht jeder hat eine diesen Fall abdeckende D&O Versicherung.
Es geht auch im aktuellen Markt anders. Die Erfahrung zeigt, dass der faire Umgang der Parteien nicht zu Lasten der Verkaufserfolge geht. Mit welchen Modellen versucht wird, sich hier frühzeitig einen verlässlichen vertraglichen Rahmen zu geben, behandeln wir am 06. November in Leipzig.
Wenn Sie uns vorher Ihre Erfahrungen zum „Verhandeln“ im aktuellen Markt mitteilen wollen, wir warten gespannt unter: thomas.gohrke@luther-lawfirm.com